Ein herausforderndes, aber schönes Amt
09.10.2025 PolitikCaroline Zürcher, Gemeindepräsidentin Wittinsburg, SP
Mittlerweile bin ich seit 4848 Tagen im Gemeinderat, davon 2657 als Gemeindepräsidentin. In diesen vielen Jahren habe ich sehr viel erlebt: Gründung der Kreisschule Homburg, als ich noch ...
Caroline Zürcher, Gemeindepräsidentin Wittinsburg, SP
Mittlerweile bin ich seit 4848 Tagen im Gemeinderat, davon 2657 als Gemeindepräsidentin. In diesen vielen Jahren habe ich sehr viel erlebt: Gründung der Kreisschule Homburg, als ich noch für die Bildung verantwortlich war, Bau unseres Mehrgenerationenwohnhauses «Schangihuus», Beitritt zum Verein Region Oberbaselbiet, Beitritt zur Versorgungsregion Oberbaselbiet, Professionalisierung der Sozialhilfebehörde durch den Beizug einer Firma, Sanierung des Fahrendendurchgangsplatzes, Zusammenlegung der Gemeindeverwaltung mit Känerkinden oder Revision der Zonenvorschriften Landschaft nach einem Beschwerdeverfahren beim Kantonsgericht. Ich habe bereits mit sechs verschiedenen Gemeindeverwalterinnen und Gemeindeverwaltern zusammengearbeitet. Nebenbei war ich aktiv an vielen Gesetzesrevisionen beteiligt und habe in diversen Arbeitsgruppen mitgewirkt. Hierbei handelt es sich nur um ein paar Beispiele aus meiner Zeit im Gemeinderat.
Seitdem ich im Gemeinderat begonnen habe, hat sich vieles verändert: Während der Gemeinderat Wittinsburg die Akten bis zur Pandemie noch auf der Gemeindeverwaltung gelesen hatte, wurde in kürzester Zeit eine Cloud-Lösung eingeführt. Dieses Jahr haben wir vor den Sommerferien begonnen, mit «EGeKo» (elektronische Geschäftskontrolle) zu arbeiten. Die Herausforderungen an das Amt als Gemeinderätin oder Gemeinderat nehmen stetig zu. Es wird nicht nur politisches Interesse gefordert, sondern auch Fachwissen, technisches Verständnis sowie die Bereitschaft, immer auf dem neuesten Stand zu sein.
Die Erwartungshaltung an den Gemeinderat ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – nicht nur quantitativ (mehr Themen, Termine und Flexibilität), sondern auch qualitativ (höhere Ansprüche an Transparenz, Professionalität und Bürgernähe). Gleichzeitig hat auch die Kritik zugenommen. Es ist deutlich einfacher, an einer Gemeindeversammlung Kritik zu äussern, als selbst Verantwortung zu übernehmen oder sich aktiv einzubringen. Besonders herausfordernd gestalten sich Gemeindeversammlungen, wenn Teilnehmende primär eigene Interessen verfolgen und der Blick auf das Gemeinwohl verloren geht. Die Tendenz zur Kritik an staatlichen Institutionen sowie die Bereitschaft, Beschwerden einzureichen, haben zugenommen.
Dies sind alles Herausforderungen, denen wir uns neben Privatleben und Beruf stellen. Trotz der vielfältigen Anforderungen übe ich mein Amt als Gemeindepräsidentin weiterhin mit grosser Motivation aus. Die Arbeit ist abwechslungsreich, lehrreich und niemals eintönig. Die vergangenen Jahre waren geprägt von zahlreichen Höhen und Tiefen, die mich sowohl fachlich als auch persönlich geprägt haben. Als Gemeinderätin erlebt man oft Überraschungen – insbesondere, wenn man am Abend nach Hause kommt und die E-Mails liest. Oft scheint ein Problem im Gemeinderat zunächst unlösbar, doch überraschenderweise findet sich meist eine gute Lösung. Meinen Gemeinderatskollegen und der Gemeindeverwaltung danke ich herzlich für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.