Werkstattbericht zur Bauforschung an der Papiermühle Lausen
In der Feierabendreihe «Museumsbar» im Museum.BL berichtete Bauforscher Lukas Richner von Archäologie Baselland über die bisherigen Untersuchungen an der Papiermühle Lausen, einem ...
Werkstattbericht zur Bauforschung an der Papiermühle Lausen
In der Feierabendreihe «Museumsbar» im Museum.BL berichtete Bauforscher Lukas Richner von Archäologie Baselland über die bisherigen Untersuchungen an der Papiermühle Lausen, einem Gebäudeensemble von nationaler Bedeutung.
Marianne Ingold
Unter dem Titel «Von Mauern und Maschinen» nahm Lukas Richner am Dienstagabend im Museum.BL über 100 Interessierte mit auf eine Zeitreise vom 15. ins 20. Jahrhundert. In seinem anschaulich bebilderten Vortrag zeigte er, wie sich die Papiermühle Lausen von ihrer Gründung bis zur Stilllegung entwickelt hatte und wie diese Entwicklung heute anhand von bauhistorischen Untersuchungen nachvollzogen werden kann.
«Papier hat die Welt revolutioniert», betonte Kantonsarchäologe Reto Marti in seiner kurzen Einführung. Zusammen mit dem Buchdruck führte es ab dem 15. Jahrhundert zu ähnlichen Umwälzungen wie in unserer Zeit das Internet. Nur dank des viel günstigeren und in weitaus grösseren Mengen als Pergament verfügbaren Papiers konnten sich die Reformation und neue politische Ideen so rasch und weit verbreiten.
Um das revolutionäre Trägermaterial herstellen zu können, wurden zunächst Mahlmühlen für Getreide zu Papiermühlen umgewandelt. In Basel gab es um 1500 bereits 12 Papiermühlen. Damit das Mehl nicht ausging, wurde sogar ein Verbot für weitere Umwandlungen erlassen. Deshalb suchte man ausserhalb der Stadt nach neuen Standorten und wurde in Lausen fündig: Dort war dank des grossen Einzugsgebiets der Ergolz ganzjährig genug Wasser vorhanden – das war für die Papierherstellung zentral. Das Grundmaterial Lumpen, also alte Textilien oder Textilreste, wurde zerkleinert, gewaschen und mithilfe von Wasserkraft zu Faserbrei gestampft, der mit Wasser verdünnt wurde. Daraus wurden die Papierbögen geschöpft, dann gepresst und zum Trocknen aufgehängt, danach mit Leim bestrichen, damit sie besser beschreibbar wurden, und anschliessend zum Glätten nochmals gepresst.
Rekonstruktion der Baugeschichte
Wie das erste Gebäude der Papiermühle aus den 1570er-Jahren aussah, ist nicht bekannt, da keine Überreste davon mehr existieren. Vermutlich wurde auch in Lausen eine bereits bestehende Mahlmühle zur Papiermühle umfunktioniert, denn weiter unten am Kanal, der das Wasser von der Ergolz her zuführte (dem sogenannten «Dyg»), entstand um diese Zeit ein Neubau zum Mahlen von Getreide.
Über das frühe Papiermühle-Areal gibt es nur wenige und unpräzise Informationen, zum Beispiel Karten. Genaue Datierungen sind erst für die Bauphasen ab dem frühen 18. Jahrhundert möglich. Bei der sogenannten Dendro-Datierung werden aus Balken Holzproben entnommen und mit einer Referenzchronologie verglichen, um ihr Schlagjahr zu bestimmen.
Zwischen 1713 und 1754 florierte die Papiermühle Lausen und wurde stark ausgebaut. Um mehr Trocknungsfläche für das Papier zu erhalten, brauchte es mehr Dachvolumen. Später kamen weitere Aus- und Neubauten dazu. Mit dem sogenannten «Holländer», einer Walze zum Zerkleinern der Fasern, die im 18. Jahrhundert eingeführt wurde, sowie mit neuen Maschinen und Prozessen im 19. Jahrhundert erweiterte sich das Areal noch mehr. Die Produktion wuchs, Turbinen ersetzten die Wasserräder, getrocknet wurde mit Dampf, später mit Öl – auch ein Turbinenhaus, ein Maschinenraum und Öltanks wurden benötigt.
1840 wurde in Lausen die erste Maschine zur Herstellung von Halbkartons installiert. Mit der Zeit stieg die Papiermühle ganz auf die Produktion von Karton um und war unter anderem bekannt für Matern (ein Karton zur Herstellung von Druckplatten). Auch Karton für die Schuhproduktion bei Bally wurde in Lausen produziert. Im Jahr 1983 wurde die Papiermühle stillgelegt, unter anderem wegen des hohen Wasserbedarfs und der Wasserverschmutzung durch die Produktionsprozesse. Eine Zuhörerin am Vortrag erinnert sich noch gut an das manchmal rote Wasser im «Dyg» auf ihrem Schulweg in den 1970er-Jahren.
Nach und nach untersucht das Bauforschungsteam der Kantonsarchäologie jedes Gebäude auf dem Areal der Lausner Papierfabrik. An einem solchen Forschungsprojekt seien sehr viele Stellen beteiligt, betonte Lukas Richner. Zu wichtigen Erkenntnissen und Thesen hätten auch die Gespräche mit dem Ehepaar Katja Schenkenberger-Christen und Erwin Christen von der Besitzerfamilie geführt.
Im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (Isos) wird das Ensemble um die ehemalige Papiermühle als «einer der seltenen Zeugen frühindustrieller Tätigkeit im Baselbiet» charakterisiert. Es stand sogar einmal als Standort für das Schweizerische Papiermuseum zur Diskussion. Die Papiermühle sei einmalig im Kanton Baselland, sagt Erwin Christen: «Denkmalmässig ist sie sogar höher eingestuft als das Rathaus in Liestal.»