Der Frauenverein lud zu einem interessanten Rundgang
Historiker Vincent Oberer nahm eine Gruppe von 25 Teilnehmerinnen mit auf eine spannende Reise in die Geschichte von Hölstein und seinen markanten Bauten.
Elmar Gächter
Dem Frauenverein ...
Der Frauenverein lud zu einem interessanten Rundgang
Historiker Vincent Oberer nahm eine Gruppe von 25 Teilnehmerinnen mit auf eine spannende Reise in die Geschichte von Hölstein und seinen markanten Bauten.
Elmar Gächter
Dem Frauenverein Hölstein ist Kultur wichtig. So gibt es seit 2008 innerhalb des Vereins einen «Kulturclub», der seinen Mitgliedern an jährlich zwei bis drei Anlässen ein möglichst breites kulturelles Angebot von Museumsbesuchen bis zu Theateraufführungen auch ausserhalb der Dorfgrenze bietet. Am vergangenen Freitagnachmittag stand das «Gwaagedorf» selber im Fokus. Historiker Vincent Oberer, aufgewachsen in Arboldswil und wohnhaft in Hölstein, führte eine Gruppe von 25 Mitgliedern des Frauenvereins zu historischen Bauten des Dorfes. Er umrahmte seine Ausführungen mit Blick auf die reichhaltige Geschichte von Hölstein, die von den Römern und Alemannen ebenso geprägt wurde wie im Mittelalter von den Herren von und zu Basel.
Durch Ausgrabungen wisse man, dass die ganze Gegend bereits von Urmenschen ziemlich dicht besiedelt war, so Oberer. Als bedeutendstes Zeugnis für die Anwesenheit der Römer erwiesen sich die im «Hinterbol» entdeckten Baureste der Villa Rustica mit Teilen eines Mosaikbodens, der in Augusta Raurica zu bewundern ist. Römische Artefakte fanden sich auch in der Ebene zwischen Hölstein und dem Gebiet «Winkel» in Bennwil. «Die Römer haben sich hier scheinbar wohlgefühlt», so der Historiker. Kern des ursprünglichen Dorfes bildete ein Hof an der Strasse, den ein burgundischer Edelmann mit Namen Lucelinus dem Kloster Payerne schenkte. Hof und Scheunen dienten den Cluniazenser Mönchen vor allem als Herbergen. Sie gaben Anfang des 13. Jahrhunderts den Hölsteiner Besitz den Grafen von Eptingen zu Lehen.
Im Gegensatz zum erwähnten Hof, dessen genauer Standort unbekannt ist, lassen sich im alten Dorfkern verschiedene markante Bauten aus dem 16. und 17. Jahrhundert finden. Oberer nahm seine Gäste mit auf eine Rundtour, die bei der Zehntenscheune startete, deren Scheunentor im Scheitel die Jahreszahl 1566 trägt und die vor ein paar Jahren zu einem Wohnhaus mit Café umgebaut wurde. Das Gebäude prägt den nördlichen Dorfeingang ebenso wie das zweigeschossige Barockhaus, das mit seiner grossen Laube und dem Rundbogentor mit alten Beschlägen quer zur Zehntenscheune steht. Spannende Diskussionen entwickelten sich um das Bottenhaus. Während gewisse Überlieferungen auf die ehemalige Touring-Garage als Standort hindeuten, wiesen verschiedene Teilnehmerinnen darauf hin, dass Botte-Karl, einer der Nachkommen des Bottengewerbes, ja auf der gegenüberliegenden Strassenseite gewohnt habe. Wie es sich tatsächlich verhält, muss in diesem Bericht offenbleiben.
Soldaten in der Waschküche
Auch für alteingesessene Einwohnerinnen eher unbekannt ist, dass es sich beim kleinen, unmittelbar an die Strassenlinie grenzenden Gebäude zwischen Volg und Abzweigung Oris laut dessen Besitzer Oskar Regenass um ein ehemaliges Zollhäuschen handelt, das eingemauert unter dem Kellerboden Teile eines Schlagbaums, also einer Zollschranke, verbirgt. Eines der ältesten Häuser des Dorfes liegt links der Frenke am Fels, dem «Gugen», angelegt. Zwei mächtige Strebepfeiler in der Mitte des Gebäudes und ein gotisches Fenster im dritten Stock stechen besonders hervor. Teilnehmerin Agnes Madörin erinnerte sich: «Ich bin hier aufgewachsen. In der Waschküche haben wir zeitweise Soldaten beherbergt. Dort befindet sich ein runder Bogen, von dem man sagt, dass es sich um eine römische Verena-Kapelle gehandelt haben könnte.»
Während die ehemalige Mahlmühle der Oris-Uhrenfabrik der Strassenverbreiterung weichen musste, steht das stattliche Wohnhaus des Müllers an der Bennwilerstrasse in alter Blüte da. Nächstes Jahr kann der dreigeschossige Bau, in dem unter anderem zeitweise das Standesamt untergebracht war, auf 400 Jahre des Bestehens zurückblicken. Gleich in der Nähe schweift der Blick auf das erste Schulhaus des Dorfs, auf dessen Rundbogentür die Jahrzahl 1689 zu erkennen ist. Das Haus wurde 1902 verkauft und die Schulglocke in den Dachreiter des damals neuen Schulhauses Holde eingebaut.
Zum Abschluss des historischen Rundgangs liess Vincent Oberer Reminiszenzen zum «Neuhaus», einem der wichtigsten spätgotischen Profanbauen des Kantons, aufleben und – fast selbstverständlich – solche zum Gasthaus zum Rössli und dessen Himmelsaal, einem der baulichen Highlights des Dorfes, in dem sich ab und zu immer noch das Tanzbein schwingen lässt.
Wegen dem reichen Fundus an interessanten Begebenheiten und dem spannenden Austausch von Erinnerungen der Teilnehmerinnen dauerte der Rundgang doch ein Stück länger als geplant. Dies brachte die Mitarbeitenden des Bangerter Cafés zwar ins Schwitzen, auf Kaffee und Kuchen brauchte die Gästeschar jedoch nicht zu verzichten, legten die Teilnehmerinnen doch gleich selber Hand an beim Servieren. Halt typisch Frauenverein, lässt sich da nur feststellen.