Ein Blick hinter die ESC-Kulissen
08.04.2025 GelterkindenBasler Regierungspräsident Conradin Cramer im Marabu zu Gast
Im «Volksstimme»-Nachtcafé sprach der basel-städtische Regierungspräsident Conradin Cramer über die Bedeutung des Eurovision Song Contest 2025 für seine Stadt, die politischen und ...
Basler Regierungspräsident Conradin Cramer im Marabu zu Gast
Im «Volksstimme»-Nachtcafé sprach der basel-städtische Regierungspräsident Conradin Cramer über die Bedeutung des Eurovision Song Contest 2025 für seine Stadt, die politischen und wirtschaftlichen Chancen des Mega-Events sowie die enge Zusammenarbeit in der Region.
Melanie Frei
Am vergangenen Donnerstagabend durfte der Basler Regierungspräsident Conradin Cramer zum «Volksstimme»-Nachtcafé im Gelterkinder Marabu begrüsst werden. Durch den Abend führte der ehemalige «Volksstimme»-Redaktor Severin Furter. Natürlich stand das Gespräch ganz im Zeichen des Eurovision Song Contest (ESC), der vom 13. bis am 17. Mai in Basel über die Bühne gehen wird. Ein internationales Spektakel, das nach dem Sieg von Nemo in Malmö 2024 in die Schweiz geholt wurde. Doch wie kam Basel als Austragungsort zum Handkuss?
Cramer erzählte, dass ihn sein Umfeld schon vor dem Sieg von Nemo auf den ESC angesprochen habe. Nach dem Sieg sei es dann schnell gegangen: «Ich habe meine Kolleginnen und Kollegen im Regierungsrat gefragt: Wenn wir gewinnen, sollen wir uns dann bewerben?» Und das taten sie. Die Basler Bewerbung wurde erfolgreich eingereicht – und konnte sich durchsetzen. Ob man also sagen könne, Cramer habe den ESC nach Basel geholt, fragte Furter. «Die Idee stammte nicht von mir, aber ich habe sie politisch durchgesetzt», antwortete Cramer.
In der Folge entstand ein Projekt mit grosser Tragweite. Nicht nur für Basel-Stadt, sondern auch für das Baselbiet – denn ein solcher Grossanlass wirkt über die Grenzen hinaus. «Alle Hotelbetten sind ausgebucht. Auch im Baselbiet ist der Andrang gross. Die Gastronomie profitiert. Die Region kann sich als weltoffene und kulturell reiche Destination präsentieren», so Cramer. Besonders hob er die Zusammenarbeit mit den Baselbieter Kolleginnen und Kollegen hervor, die sich «sehr offen und unterstützend» gezeigt hätten. Nicht zuletzt finde der ESC auf Baselbieter Boden statt.
«Wir sind mehr als eine Stadt»
Das Motto der Bewerbung «Crossing Borders» sei sinnbildlich für die Region. Die Nordwestschweiz im Dreiländereck sei prädestiniert für grenzüberschreitende Zusammenarbeit. «Wir leben in einer Region, die mehr ist als eine Stadt. Wenn die Leute die Bilder von Basel sehen, sollen sie sagen: Da will ich hin.» Der Eurovision Song Contest werde auch zu einem touristischen Aushängeschild.
Ein immer wiederkehrendes Thema war die politische Komponente und die Sicherheit. «Natürlich gibt es beim ESC auch politische Tendenzen. Die Teilnahme Israels hat im vergangenen Jahr für Spannungen gesorgt», erinnerte sich Cramer. «Dass die Schweiz und Österreich einander keine Punkte geben wollen, ist auch bekannt», scherzte er gleich darauf und schob nach: Man solle nicht alles zu ernst nehmen. Wichtig sei das Gemeinschaftsgefühl. Ernst aber nimmt Cramer die Sicherheit: sowohl die der Bewohnerinnen und Bewohner von Basel als auch die der Besuchenden. «Die Sicherheit steht an oberster Stelle und stellt den grössten Kostenblock dar.»
Natürlich wurde auch die Frage nach dem Aufwand gestellt. «Eine solche Veranstaltung hat eigentlich einen Planungsvorlauf von vier bis fünf Jahren. Wir haben neun Monate», sagte Cramer – und man spürte, dass da viel Leidenschaft, aber auch Druck mitschwingt. Rund 80 Personen gehören zum Projektteam, dazu kommen viele freiwillige Helfer und externe Dienstleister. «Insgesamt sprechen wir von einer vierstelligen Zahl an Beteiligten.» Wie viele Besucherinnen und Besucher Basel tatsächlich empfangen wird, darüber lässt sich Stand heute nur spekulieren.
Moderator Furter fragte, ob es auch Zweifel an der Durchführung des Mega-Events gegeben habe. Cramer antwortete offen: «Ich hatte grossen Respekt vor der Volksabstimmung, als die Kantonsgelder infrage gestellt wurden. Ich habe mich gefragt: Finden die älteren Leute den Anlass gut? Gibt es eine schweigende Mehrheit, die ihn für unnötig hält?» Eine deutliche Mehrheit der Stimmbevölkerung (66 Prozent) sprach sich für die Durchführung des ESC aus – «und damit auch zur ‹Öffnung› der Region für hoffentlich mehr Grossanlässe».
Das Grossereignis naht. «Das ESC-Tram ist schon unterwegs. Und schon bald wird man in der Innenstadt nicht mehr am ESC vorbeikommen», sagte Cramer. Zahlreiche Bühnen, Verpflegungsstände und Musikangebote würden auch Gästen ohne ESC-Ticket ein Erlebnis bieten. «Mir war es wichtig, dass die Veranstaltung nicht nur für Besucherinnen und Besucher mit einem Ticket etwas ist, sondern auch für Menschen ohne Ticket, welche die Stadt geniessen wollen.»
Basel wird auch nach dem ESC noch einiges bieten: Von der Europameisterschaft, die ebenfalls im Sommer in der Stadt stattfinden wird, erhofft man sich für den Frauenfussball neue Impulse. Das «Joggeli» soll sich laut Cramer als feste Adresse für Grossanlässe etablieren. «Früher hatten wir Tina Turner, die ‹Rolling Stones› – warum nicht wieder?» Man solle für Konzerte mit Weltstars nicht immer nach Zürich reisen müssen, so der Regierungspräsident.
Der Nachtcafé-Gast ging auch auf seine persönliche Rolle in dieser ereignisreichen Kulturwoche ein: Er werde fünf der neun ESC-Shows besuchen, internationale Gäste empfangen und kommunikativer Brückenbauer sein. «Ich freue mich auf die Stimmung – und fürchte, dass ich am Ende unter der Dusche bei jedem Lied mitsingen kann», scherzte er, was vom Publikum mit Gelächter quittiert wurde.