Diese Initiative tönt zunächst gut, aber …
13.11.2025 PolitikMatthias Liechti, Landrat SVP, Rümlingen
Am vergangenen Samstag wurde ich nach der Hauptübung der Feuerwehr aus der Dienstpflicht entlassen. Als Gemeinderat war ich davon noch befreit gewesen – nach meinem Rücktritt 2022 trat ich der Feuerwehr ...
Matthias Liechti, Landrat SVP, Rümlingen
Am vergangenen Samstag wurde ich nach der Hauptübung der Feuerwehr aus der Dienstpflicht entlassen. Als Gemeinderat war ich davon noch befreit gewesen – nach meinem Rücktritt 2022 trat ich der Feuerwehr Homburg bei.
In unserem Kanton müssen alle niedergelassenen Männer und Frauen Feuerwehrdienst leisten. Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, muss eine Ersatzabgabe bezahlen, was meist mit den Steuern kombiniert eingezogen wird. Finanziert werden die Feuerwehren durch Gemeinden, Kanton und Gebäudeversicherung. Die Feuerwehrleute erhalten für Übungen und Einsätze eine Entschädigung. Die Schweiz kennt damit neben der militärischen Dienstpflicht für Männer auch eine allgemeine Feuerwehrpflicht für beide Geschlechter, wobei es einzelne kantonale Ausnahmen gibt.
In gut zwei Wochen stimmen wir über eine Art Kombination dieser beiden Dienstpflichten ab. Die Service-citoyen-Initiative will, dass alle Schweizerinnen und Schweizer einen Bürgerdienst absolvieren oder entsprechende Ersatzabgaben leisten müs- sen. Das kann wie bisher im Militär, Zivilschutz oder Zivildienst erfolgen. Aber auch neue Formen sind möglich, solange sie für Sicherheit und Zusammenhalt relevant sind. Das tönt zunächst einmal gut. Jedoch erscheinen bei genauerem Hinschauen rasch diverse Stolpersteine.
Die Dauer der Dienstpflicht beträgt analog heute 300 Tage für Soldaten. Mit der Initiative sollen künftig Männer und Frauen während dieser Zeit im Dienst der Allgemeinheit stehen. Da das Anforderungsspektrum breiter wird als heute, ist auch von einer erhöhten Anzahl Männer auszugehen, die als diensttauglich eingestuft werden. Grundsätzlich werden die Erwerbsersatz- und Soldkosten deutlich zunehmen. Bezahlt werden diese aktuell und wohl auch künftig über die EO-Abzüge von Arbeitnehmern und -gebern. Im Jahr 2023 wurden dafür knapp 2 Milliarden Franken ausgegeben. Höhere Abzüge auf unserem Lohn sind programmiert. Neben den höheren Sozialversicherungskosten kommen für die Wirtschaft zusätzliche Abwesenheitstage hinzu. 2023 waren 46,7 Prozent aller Erwerbstätigen Frauen. Diese würden künftig ebenfalls wie ihre männlichen Kollegen während rund einem Arbeitsjahr im Betrieb fehlen.
Für Familien, welche die Kinderbetreuung selbst organisieren, bedeutet diese Initiative eine zusätzliche Belastung. Denn künftig müssten beide Elternteile regelmässige WKs leisten. Jene Person, die nicht im WK, aber eventuell auch arbeitstätig ist, muss Ferien nehmen, um die Kinder betreuen zu können. Und schlussendlich müssen wir uns die Frage stellen, ob wirklich jedes Engagement für die Allgemeinheit bezahlt und obligatorisch sein muss – oder ob das der Qualität nicht sogar schaden würde. Wo heute Männer und Frauen mit Herzblut im Gemeinderat, dem Besuchsdienst im Altersheim oder bei den Naturschutztagen mithelfen, weil sie dazu aus ihrer Überzeugung motiviert sind, wäre es künftig einfach ein Job.
Aus der Dienstpflicht entlassen wurde ich übrigens, weil ich zu alt bin. Das mit dem Besuchsdienst, das ist noch nicht jetzt, oder?
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.

