Die Stimmen der Bäuerinnen und Bauern
11.09.2025 Kultur, Landwirtschaft, ZeglingenErstes «AgriCulture-Literaturfestival» auf dem Mapprach
Unter der Schirmherrschaft von Maya Graf wurden in Zeglingen die Themen «Literatur» und «Landwirtschaft» zusammengebracht. Rund 40 Interessierte lauschten den Texten verschiedener Autorinnen und ...
Erstes «AgriCulture-Literaturfestival» auf dem Mapprach
Unter der Schirmherrschaft von Maya Graf wurden in Zeglingen die Themen «Literatur» und «Landwirtschaft» zusammengebracht. Rund 40 Interessierte lauschten den Texten verschiedener Autorinnen und Autoren.
Elisabeth Böhm
«Wer gross denkt, schafft Grosses.» Dieses Motto könnte man über das erste «AgriCulture-Literaturfestival» auf dem Hofgut Mapprach oberhalb des Dorfes Zeglingen stellen. Organisiert wurde das eintägige Festival am vergangenen Samstag von der Kunsthistorikerin Daniela Settelen-Trees, der Literaturwissenschaftlerin Barbara Piatti und Andreas Bäumler, Kulturwissenschaftler und Lehrer. Es stand unter der Schirmherrschaft der Sissacher Ständerätin Maya Graf.
Auf den ersten Blick mögen Landwirtschaft und Literatur widersprüchliche Themen sein. Doch bei genauerer Betrachtung lässt sich die landwirtschaftliche Kultur sehr gut durch Bücher, Texte und Co. vermitteln. Oder, um es mit den Worten der Moderatorin Rebekka Salm zu sagen: «Hier kommen zwei Kontinentalplatten zusammen.» Gleich drei Lesungen und zwei Konzerte wurden dem Publikum in der Scheune des über 300-jährigen Hofgutes präsentiert. Rund 40 Interessierte lauschten den Texten. Dabei ging es darum, den Bäuerinnen und Bauern eine Stimme zu verleihen. Den Anfang machte Mariann Bühler mit ihrem Debüt-Roman «Verschiebung im Gestein», der für den Schweizer Buchpreis 2024 nominiert wurde. Das Buch handelt von drei Figuren in einem nicht genannten Schweizer Dorf, die existenzielle Veränderungen durchleben.
Als zweiter Autor las Urs Mannhart aus seinem Essay-Roman «Lentille. Aus dem Leben einer Kuh». Ob er schreibender Bauer oder bauernder Schriftsteller sei, wollte Moderatorin Salm von ihm wissen. Eine Frage, die er sich noch nie gestellt habe. «Die Landwirtschaft ist Freiheit, aber oft auch Gefängnis. Dasselbe gilt auch für die Schriftstellerei», sagte er dazu. Und wenn man einen Text überarbeite, käme das ja auch einem Umpflügen gleich, ergänzte Salm scherzhaft. Sie weiss, wovon sie spricht. Ist sie doch selber Autorin und hat bereits zwei Romane veröffentlicht.
Als dritte Autorin trat nach der Pause Lorena Simmel mit ihrem Roman «Ferymont» auf. Die Geschichte spielt im fiktiven titelgebenden Dorf im Westschweizer Seeland. Da gibt es durchaus Parallelen zwischen der Autorin und der Protagonistin. Beide leben in Berlin und beide arbeiteten als Erntehelferin, um sich das Studium finanzieren zu können. Der Roman erzählt mit kritischem Blick von der strengen Arbeit und dem Druck, unter dem die Arbeiterinnen und Arbeiter stehen, aber auch von der Solidarität unter ihnen.
Gemeinsam haben alle drei Romane, dass sie die Landwirtschaft aus der Praxis beschreiben sowie den Alltag und die sich wiederholenden Arbeiten wie das Melken oder die Monotonie an der Spargel-Sortiermaschine in die Handlung integrieren. Die Landwirtschaft wird nicht romantisiert, sondern so beschreiben, wie sie ist – ganz im Sinne des Festivals, das sich von den eher kitschigen «Dorf- und Bauernromanen» distanzieren möchte, wie Mitorganisatorin Barbara Piatti zu Beginn erläuterte.
«Die Themen betreffen uns alle»
Kein Festival ohne Musik. In der Pause lud der Liestaler Feinkost-Singer-Songwriter, wie sich Flavian Graber selber nennt, zu einem musikalischen Spaziergang rund um den 1866 gebauten Weiher im englischen Landschaftsgarten ein. Zu Beginn bat er das Publikum, nicht zu sprechen, sondern nur zu hören, «entweder der Musik oder der Natur». Diesem Wunsch entsprach Graber gleich selbst mit dem Lied «Am Bach», das er ohne Worte «sang», und das Publikum so zum Lauschen des künstlich angelegten Baches zwang, der über Steinstufen und einen kleinen Wasserfall in den Weiher plätschert.
Das Festival ist als Pilotprojekt konzipiert, wird umfassend ausgewertet und soll im Rahmen eines Forschungsund Vermittlungsprojekts weitergeführt werden. Ziel war es, dass die ländliche und die städtische Bevölkerung miteinander ins Gespräch kommen und so einen Austausch auf Augenhöhe pflegen können.
Diese Erwartungen seien in den Scheunengesprächen nach einem einfachen Abendessen voll und ganz erfüllt worden, wie Daniela Settelen auf Anfrage sagte. Und weiter: «Wir hoffen, einen Beitrag geleistet zu haben, dass der Stadt-Land-Graben dank unserem Festival verkleinert wurde. Die brisanten Themen der Landwirtschaft betreffen uns alle.»