Die Erneuerung wird vertagt
28.11.2024 SissachSissach steckt in den kommenden Jahren viele Millionen in eine neue Sporthalle und in die Primarschule. Um eine zu hohe Verschuldung zu vermeiden, schiebt der Gemeinderat Projekte auf, die er als nicht dringlich erachtet. Zum Beispiel die Gesamtsanierung der Begegnungszone.
...Sissach steckt in den kommenden Jahren viele Millionen in eine neue Sporthalle und in die Primarschule. Um eine zu hohe Verschuldung zu vermeiden, schiebt der Gemeinderat Projekte auf, die er als nicht dringlich erachtet. Zum Beispiel die Gesamtsanierung der Begegnungszone.
Christian Horisberger
Das Design, dem die Sissacher Begegnungszone den Namen «Strichcode» zu verdanken hat, ist zum Ärgernis geworden: Weil die Materialien unterschiedlich arbeiten, platzen seit Jahren immer wieder Natursteinplatten ab, aus denen die in den Strassenbelag gelegten Bänder bestehen, und im Asphalt entstehen tiefe Risse. Die Lücken und Risse werden jeweils behelfsmässig mit Asphalt aufgefüllt.
Schon vor sechs Jahren hat die Gemeinde für den einst vom Kanton bezahlten «Strichcode» Handlungsbedarf erkannt und für dessen Instandstellung 1 Million Franken in ihren Investitionsplan eingestellt. Fast ebenso lange steht die Forderung im Raum, bei dieser Gelegenheit nicht nur den Strassenbelag zu erneuern, sondern auch die Aufenthaltsqualität in der Begegnungszone zu verbessern.
Passiert ist bis heute weder das eine noch das andere. Wegen als dringlicher erachteter Projekte hat der Gemeinderat die umfassende Sanierung mehrfach hinausgeschoben. Und jetzt ist die Million sogar ganz aus dem Investitionsprogramm gekippt worden: In der kürzlich publizierten Mehrjahresinvestitionsplanung 2025 bis 2029 der Gemeinde sind stattdessen unter der Position «Begegnungszone Schadensbegrenzung» neu 200 000 Franken eingestellt. Der Betrag soll gemäss Finanzplan im kommenden Jahr als Sondervorlage vor die Gemeindeversammlung kommen.
Schadensbegrenzung
Da stellt sich die Frage, was aus der Gesamtsanierung geworden ist, in deren Planung bereits mehrere Zehntausend Franken gesteckt wurden. «Sie ist weiter hinausgeschoben worden und befindet sich nun ausserhalb des 5-Jahres-Planungshorizonts», sagt der für den Verkehr zuständige Gemeinderat Stephan Marti (Pro-Sissach) auf Anfrage. Mit den 200 000 Franken würden nun die dringendsten Schäden behoben und die Struktur geschützt. Mit der Struktur meint Marti die Entwässerung in der Strassenmitte, die grundsätzlich funktioniere und die man – auch aus Kostengründen – beibehalten wolle.
Darüber, wie der Strassenbelag in der Begegnungszone vorderhand wieder in Schuss gebracht werden soll, macht Marti keine Angaben: «Es gibt Vorschläge, die wir nun prüfen.» Dabei gelte es, Lösungen zu finden, die bei möglichst geringem Aufwand möglichst lange halten.
Oliver Biedert, der sich in der «Begegnungs AG» für eine höhere Aufenthaltsqualität in der Begegnungszone engagiert, hat gegen das Vorgehen des Gemeinderats aus finanzpolitischen Überlegungen grundsätzlich nichts einzuwenden. Jedoch hofft er, dass nicht ohne Plan mit «Pflästerli» geflickt wird, sondern die Reparaturen nach einem Konzept erfolgen, das auch langfristig überzeugt, wie er sagt. Ansonsten werde Geld doppelt ausgegeben. Verbesserungen, so Biedert, liessen sich kostengünstig erreichen, beispielsweise mit der Neuanordnung der Parkplätze im Einbahn-Bereich oder Massnahmen zur Beschattung.
Laut Stephan Marti ist derlei zunächst aber nicht vorgesehen: «Im Moment haben wir dafür die Mittel nicht und müssen deshalb Prioritäten setzen.» Doch schliesst er nicht aus, kostengünstige Möglichkeiten zu prüfen und umzusetzen, mit denen in Zukunft im Sommer die Temperaturen in der Begegnungszone gesenkt werden könnten. Die Diskussion dazu werde unter anderem in der Betriebskommission Begegnungszone bereits geführt.
Oliver Biedert erwartet die Vorlage für die Notsanierung mit Spannung und hofft, dass bereits bei deren Ausarbeitung Anliegen aus der Bevölkerung berücksichtigt werden. Falls nicht, dürfte es an der Gemeindeversammlung zu einer umso regeren Debatte kommen.
«Einbahnverkehr funktioniert»
Es ist fast genau ein Jahr her, seitdem der untere Bereich der Begegnungszone nur noch im Einbahnverkehr befahren werden darf. Verkehrs-Chef Marti zieht eine positive Bilanz: Das Einbahn-Regime funktioniere gut und es habe zur Verkehrsberuhigung beigetragen. «Das höre ich von Verkehrsteilnehmern, ob diese nun zu Fuss, auf zwei oder vier Rädern unterwegs sind», so Marti. Es gebe auch keine Probleme mehr bei Anlieferungen wie früher, als Lastwagen den Verkehr zeitweise in beide Richtungen blockierten. Eine zusätzliche verkehrsberuhigende Wirkung verspricht er sich vom Parkleitsystem, das er in Bälde dem Gemeinderat vorlegen werde.
Alles ist mit dem Einbahnregime nicht besser: Wie gelegentlich beobachtet werden kann, wird der gewonnene Raum von Autolenkerinnen und -lenkern zum Teil ausgenutzt, um mitten auf der Strasse zu fahren oder in zweiter Reihe zu parkieren. «Es ist sicher nicht alles perfekt», sagt Marti dazu. Bei Bedarf könne die Gemeinde die Parkkontrollen verstärken. Für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs sei eigens ein Mitarbeitender geschult worden.