Die eigene Hochzeit zum Abschied
16.08.2024 BennwilPfarrerin verlässt nach 17 Jahren die Kirchgemeinde
Am Sonntag findet der Abschiedsgottesdienst von Rosina Christ statt. Nach 17 Jahren in der Kirchgemeinde Bennwil-Hölstein-Lampenberg verlässt die Pfarrerin «ihre» Kirchgemeinde. Sie war vorwiegend für ...
Pfarrerin verlässt nach 17 Jahren die Kirchgemeinde
Am Sonntag findet der Abschiedsgottesdienst von Rosina Christ statt. Nach 17 Jahren in der Kirchgemeinde Bennwil-Hölstein-Lampenberg verlässt die Pfarrerin «ihre» Kirchgemeinde. Sie war vorwiegend für Bennwil zuständig.
André Frauchiger
Dass der Abschied von «ihrer» Kirchgemeinde Bennwil-Hölstein-Lampenberg für Pfarrerin Rosina Christ nicht ohne Emotionen über die Bühne gehen wird, liegt auf der Hand. Ist es doch ihre erste Pfarrstelle gleich nach Abschluss des Theologiestudiums in Princeton (USA). Und in Bennwil konnte sie in all den Jahren Wurzeln schlagen. Seit zwei Jahren wohnt die Pfarrerin in Sissach, nach 15 Jahren in Bennwil. Dies, da ihr Mann als Pfarrer im Bernbiet arbeitete und sie sich in Sissach schneller treffen konnten. Seit Juli dieses Jahres ist Rosina Christ nun verheiratet. Gewissermassen als «persönliche Krönung» ihrer Tätigkeit in der Kirchgemeinde Bennwil-Hölstein-Lampenberg wird sie Ende August in der Kirche Bennwil kirchlich heiraten, wie sie gleich zu Beginn des Gesprächs verrät. «Eigentlich heisse ich jetzt Vischer», sagt sie.
Die 48-jährige Pfarrerin ist in Basel aufgewachsen. Nach dem Gymnasium studierte sie Jura an der Universität Freiburg und in England. Aber: «Die Theologie hat mich schon immer interessiert.» Deshalb ging sie für ein Schnupperjahr ans Princeton Theological Seminary in den USA. Dabei nahm es ihr, wie sie sagt, «den Ärmel rein» fürs Theologiestudium. «Mit Leib und Seele» habe sie dann in den USA Theologie studiert und auch abgeschlossen. Zurück in der Region Basel, kam sie nach einem Praktikum in der Spitalseelsorge in ihr heutiges Pfarramt. Ihr Vikariat absolvierte sie an der Johanneskirche in Basel beim kürzlich verstorbenen Pfarrer Thomas Müry. Die Erfahrungen in der Spitalseelsorge waren auch für sie prägend und ein Grund, sich für das Pfarramt zu entscheiden.
Für Kinder engagiert
Mit Menschen im Gespräch zu sein, ihre Lebensgeschichten, ihre Freuden und Leiden zu hören, für sie Antworten in der Bibel zu suchen und zu finden, Gottesdienste zu gestalten und mit dem christlichen Glauben Trost und Hoffnung zu spenden – all das hat sie bewogen, Gemeindepfarrerin zu werden. «Das passt zu mir, das wollte und will ich machen.» In den vergangenen 17 Jahren hat Rosina Christ in ihrer jetzigen Pfarrstelle als Allrounderin alles gemacht – vom Religions- und Konfirmationsunterricht über ehrenamtliche Jugendarbeit, Sonntagsgottesdienste, Taufen, Trauungen, Abdankungen bis hin zu Gottesdiensten im Alters- und Pflegeheim Gritt.
Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit lag in der Kinder- und Jugendarbeit. Erst vergangene Woche leitete sie in Bennwil ein eindrückliches Lager mit fast 60 Kindern und rund 20 Leitenden. Der Umgang mit jungen Menschen macht ihr sichtlich Freude. Schon als Jugendliche war sie bei den Pfadfindern aktiv. Auch während ihres Studiums in den USA leitete sie Jugendlager.
Mit den Jugendlichen ihres Dorfs sei sie zum Teil zehn Jahre lang «unterwegs» gewesen, sagt Rosina Christ. Das sei sehr wertvoll und schaffe Vertrauen zu den Jugendlichen. Das sei besonders wichtig. Denn viele Jugendliche seien heute auch verunsichert, vor allem durch die Klimaproblematik und die verschiedenen Kriege in der Welt. Sie versuche, Jugendlichen, aber auch Erwachsenen jeden Alters, die Hoffnung zu vermitteln, die aus dem christlichen Glauben komme. Zeigen, «dass die Welt grösser ist, als die Menschen sie sehen können». Darauf hinzuweisen, wer Gott ist und was er tut, sei gerade in einer säkularen Welt eine zentrale Aufgabe der Kirche.
Rosina Christ ist ihrer Kirchgemeinde so lange treu geblieben, weil sie sich dort sehr wohlgefühlt hat, sich entfalten konnte. Konflikte, die ein Grund zum Aufhören gewesen wären, habe es nicht gegeben, betont sie mehrfach. Aber sie habe nie die Absicht gehabt, in dieser Position pensioniert zu werden. Die Arbeitsbelastung sei enorm. Deshalb habe sie sich gewünscht, etwas kürzertreten zu können. Realistisch betrachtet sei dies nach so langer Zeit in derselben Gemeinde aber kaum möglich. Deshalb habe sie sich entschlossen, eine neue Stelle anzutreten. Sie sei mit 48 Jahren im richtigen Alter, um noch einmal eine Herausforderung an einem neuen Ort anzunehmen. «Im Guten muss man aufhören», erklärt sie. Es sei auch eine Chance für die Kirchgemeinde Bennwil, mit einem neuen Pfarrer in die Zukunft zu gehen.
Wohin geht Rosina Christ? Nach Rheinfelden. Sie wird für eine 60-Prozent-Pfarrstelle in der Evangelischreformierten Kirchgemeinde Rheinfelden (Rheinfelden-Magden-Kaiseraugst) zur Wahl vorgeschlagen. Dort wird sie unter anderem Gottesdienste halten, sich in der Kinder- und Jugendarbeit engagieren und spezifische Angebote für Frauen anbieten.
Am Sonntag, 25. August, wird Rosina Christ noch einen allerletzten Gottesdienst in Bennwil halten – mit der Taufe einer Konfirmandin und ihres Bruders, die beide auch mehrmals als Hilfsleiter im Tageslager engagiert waren. Dies sei für sie ein ganz besonderer, persönlicher Abschluss in «ihrer» Kirche, sagt sie. Und eben: Eine Woche später wird sie als Braut wieder in dieser Kirche stehen …
Abschiedsgottesdienst von Pfarrerin Rosina Christ, Sonntag, 18. August,10 Uhr, Kirche Hölstein.
Nachfolge noch offen
fra. Die Nachfolge von Pfarrerin Rosina Christ in der Kirchgemeinde Bennwil-Hölstein-Lampenberg ist noch offen. Eine Pfarrwahlkommission ist gebildet worden, die bereits mit der Suche nach einer Nachfolge begonnen hat. Wann eine neue Pfarrerin oder ein neuer Pfarrer gefunden, gewählt und eingesetzt werden kann, ist zurzeit aber noch unbestimmt.