Deutlich älter als 800 Jahre?
30.09.2025 SissachForscher präsentiert spannende Erkenntnisse zur Geschichte der Gemeinde und ihrer Flurnamen
Möglicherweise ist Sissach deutlich älter als angenommen. Der Namenforscher Philippe Hofmann aus Allschwil vertritt eine entsprechende These und hat gute Argumente, die er an einem ...
Forscher präsentiert spannende Erkenntnisse zur Geschichte der Gemeinde und ihrer Flurnamen
Möglicherweise ist Sissach deutlich älter als angenommen. Der Namenforscher Philippe Hofmann aus Allschwil vertritt eine entsprechende These und hat gute Argumente, die er an einem Vortrag über die Gemeinde und die Flurnamen vorstellte.
Brigitt Buser
«In Sissach gibt es 1133 Flurnamen, wobei 274 Namen lebendig und daher noch im kollektiven Namenschatz vorhanden sind», sagt Philippe Hofmann, Namenforscher, Autor und Mitherausgeber der Baselbieter Namenkunde. Am vorletzten Anlass seiner Erlebniswoche hatte der Frauenverein zum Vortrag «E Hampfle Sissacher Flurnäme, 800 Jahre Sissach» in die Bibliothek Sissach eingeladen. Dabei wurden den zahlreichen Besuchern Einblicke in die Forschung, Entstehung und Bedeutung der Sissacher Flurnamen im Laufe der 800-jährigen Geschichte des Dorfes gewährt. Doch vorab wies Hofmann darauf hin, dass er dem Haupttitel des Vortrags den Untertitel «Stimmt das überhaupt?» zugefügt habe. Damit gemeint war, dass Sissach 800 Jahre alt ist. Bis zur Antwort mussten sich die Anwesenden etwas gedulden. Hofmann sagte, dass er nochmals darauf zurückkommen werde. Zuerst ging es jedoch an die vielschichtige Namenlandschaft von Sissach.
Dabei wurde klar: Flurnamen sind sehr vielseitig. In der Fachsprache spricht man vom «Makrotoponym», wenn es sich um ein grösseres Gebiet mit einem Flurnamen handelt, wie beispielsweise beim «Chienberg». In diesem Gebiet finden sich weitere, untergeordnete Flurnamen wie «Rütenen» oder «Isleten», die «Mikrotoponyme» genannt werden.
Flurnamen sind häufig schon vor Jahrhunderten entstanden, haben sich aber vielfach im Lauf der Zeit verändert. Woher stammt beispielsweise der Name «Chienberg»? «Berg» ist klar, geht es doch nördlich von Sissach deutlich nach oben. Aber was bedeutet «Chien»? Dabei handelt es sich um harzreiches Holz von der Waldföhre, auch Fichte genannt, die früher zuhauf auf dem Chienberg wuchs.
Die Quellen zur Entschlüsselung der Flurnamen stammen einerseits aus Bereinen (Güterbeständen), Urkunden, Zins- und Teilungsbüchern sowie Hinweisen über Besitze und Abgaben. Da man früher noch nicht über Grundbücher verfügte, wie sie heute geführt werden, wurde nur der Name des Besitzers angegeben, der somit häufig zum Flurnamen wurde. So konnte man sich nicht nur im Raum orientieren, man wusste auch, dass alle dasselbe meinten, wenn man beispielsweise von der «Isleten» sprach. Bei der Erforschung der Flurnamen gilt es aber nicht nur, riesige Archivbestände zu durchforsten. Auch sogenannte «Gewährspersonen», Alteingesessene mit einem besonders tiefen Bezug zum Dorf, gelten als wichtige Quellen.
Die Redewendung «Für d’Chatz» bedeutet, dass etwas umsonst oder vergeblich ist und somit keinen Nutzen bringt. Das Wort «hol» bedeutet «Holde», «Abhang». Somit ist mit dem Flurnamen «Chatzehol» ein kleiner oder schlechter, mit geringem Ertrag versehener Teil eines Abhangs gemeint. Der Besitzer der «Trottleten» war nicht etwa ein Trottel. Er hiess mit Vornamen Otto, woraus im Lauf der Jahrhunderte «Trottleten» wurde.
Verschiedene Hinweise
Nach weiteren Aufklärungen von Flurnamen wie etwa «Glünggisbüchel», einstiger Sissacher Henkerplatz, ging es an die Aufklärung besagten Untertitels. Laut der Endung «-ach», die auf die Gründung durch die Römer hinweist, müsste Sissach deutlich älter als 800 Jahre sein.
«Richtig ist, dass der Ortsname Sissach erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1225/26 überliefert ist. Es gibt aber noch eine Urkunde aus dem Jahr 1212, jedoch nur in Form einer Abschrift aus dem 16. Jahrhundert», sagte Hofmann. In dieser Abschrift sei in Latein «Wernherus plebanus de Sichsaco» erwähnt.
Ein Plebanus ist ein Leutpriester, also ein Priester, der eine Stelle mit pfarrlichen Rechten besetzte. Und wo es Pfarrer hat, hat es meistens auch Kirchen. Zudem ist die St. Jakobskirche auf das Jahr 620/630 datiert. «Dies lässt darauf schliessen, dass Sissach gut und gerne 600 Jahre älter sein dürfte als gedacht, auch wenn keine eindeutigen schriftlichen Beweise vorhanden sind», sagte Hofmann. Diese These stütze die 835 urkundlich erwähnte Bezeichnung des Namens Sisgau als Teil des einstigen Augustgaus, mit Sissach als Hauptort.

