Der junge Fritz Pümpin – was bewegte ihn?
28.03.2024 GelterkindenAusstellung «Pümpin emotional» zeigt nie gesehene Werke des jungen Künstlers
Der Gelterkinder Maler Fritz Pümpin ist bekannt für seine Landschaftsmalereien. Nun organisiert die Pümpin-Stiftung eine Ausstellung mit Bildern des jungen Pümpin, die sich ...
Ausstellung «Pümpin emotional» zeigt nie gesehene Werke des jungen Künstlers
Der Gelterkinder Maler Fritz Pümpin ist bekannt für seine Landschaftsmalereien. Nun organisiert die Pümpin-Stiftung eine Ausstellung mit Bildern des jungen Pümpin, die sich völlig von den klassischen Werken unterscheiden. Neben der Ausstellung im «Jundt-Huus» wird im Marabu auch etwas für die Ohren geboten.
Melanie Frei
Es sind Werke des Gelterkinder Künstlers Fritz Pümpin (1901–1972), die bislang nur die Familie und engste Freunde zu Gesicht bekommen haben: Werke aus seiner frühen künstlerischen Schaffenszeit, die geprägt war von Weltkriegen, einer Pandemie und anderen schicksalhaften Ereignissen. Nun wird eine sorgfältig ausgewählte Anzahl von ebendiesen Kunstwerken ab dem 7. April im «Jundt-Huus» in Gelterkinden ausgestellt werden.
Kuratorin der Ausstellung ist Ursula Pfister, die von der Pümpin-Stiftung für dieses Projekt angefragt worden war. «Mit Pümpins Enkelin Barbara Stäuble-Pümpin habe ich die Werke im digitalen Pümpin-Archiv gesichtet», erzählt Pfister. Dabei habe sie noch keine Vorstellung davon gehabt, wie sich das Projekt entwickeln würde. Als ihr Blick auf die Werke des jungen Pümpin fiel, wusste sie direkt, was sie zu tun hatte. «Eine unglaubliche Kraft und Emotionalität ging von diesen Bildern aus, nicht zuletzt aufgrund der radikalen Pinselstriche», schwärmt Pfister.
Eine völlig andere Werkbeschreibung als das, was man sonst hört von einem «klassischen Pümpin». Für seine Landschafts- und Ortschaftsgemälde ist Pümpin im Baselbiet und der Umgebung alles andere als unbekannt. «Die ausgewählten Werke entstanden alle etwa im Alter zwischen 25 und 35», erzählt Pfister weiter. An der nächsten Sitzung mit der Pümpin-Stiftung besprachen sie die Auswahl. Volkmar Pümpin, der Sohn des verstorbenen Künstlers, wusste zu praktisch jedem Gemälde eine Geschichte zu erzählen, was Pfister nicht entging. «Volkmars Erzählungen, die seine Tochter Barbara Stäuble-Pümpin auf meinen Wunsch niederschrieb, öffneten neue, persönliche Sichtweisen und eine emotionale Verbundenheit zu den Gemälden. Ich wusste, dass diese Geschichten Teil des Projekts sein mussten», so die Kuratorin.
Bild, Wort und Ton
Diese Erzählungen werden aber nicht etwa ein Teil der Werkausstellung im «Jundt-Huus» sein. Das wäre für Pfister nicht attraktiv gewesen: «Ich lasse mich begeistern von neuen Ideen, die in ihrer Umsetzung so noch nie dagewesen sind.» Aus diesem Grund organisiert sie am 10. April eine einmalige Aufführung im Marabu. Regisseur Kaspar Geiger wird Pümpins Werke, die digital gezeigt werden, nach den aufgeschriebenen Geschichten des Sohns und der Enkelin Pümpins inszenieren und hat dabei völlige künstlerische Freiheit.
«Wir haben also die Elemente Bild und Wort in der Aufführung dabei. Für mich war nach dem Betrachten dieser aufwühlenden Pümpin-Werke aber klar: Hier muss Musik her», führt Ursula Pfister weiter aus. Eine kurze Anfrage bei der Regionalen Musikschule in Gelterkinden – und schon war ein junges, zusammengewürfeltes Orchester von motivierten Musikerinnen und Musikern organisiert, das die Gemälde von Pümpin vertonen wird.
Es war der Wunsch der Pümpin-Stiftung, die Werke des Künstlers an ein jüngeres Publikum zu bringen, was Pfister durch den Einbezug des Musikensembles bewerkstelligt. «Ich freue mich unglaublich auf diese Aufführung. Pümpin war für mich eine grosse Persönlichkeit, die es in seiner Zeit geschafft hat, als selbstständiger Künstler zu leben», fügt Pfister hinzu. Die Ausstellung sei für die Menschen eine Möglichkeit, den Künstler von einer ganz neuen Seite kennenzulernen. «Der Reiz dabei sind Werke, die erst eine Handvoll Menschen jemals zu Gesicht bekommen haben», so Pfister. Eine neue Seite, die Pümpin jünger, emotionaler und wilder zeigt als jemals zuvor.
Der junge Pümpin
«Pümpin emotional» gibt einen Einblick in das Leben Pümpins vor seinen bekannten Landschafts- und Ortschaftsmalereien. Ein Einblick in Erfahrungen, die ihn in seinen jungen Jahren sowohl als Menschen als auch als Künstler geprägt haben. «Ein Béret auf dem Kopf und den Stumpen zwischen den Lippen – so erinnere ich mich an meinen Grossvater», erzählt Enkelin Barbara Stäuble-Pümpin. Er sei unglaublich naturverbunden gewesen – heute würde man ihn wahrscheinlich als Naturschützer bezeichnen – und verbrachte viel Zeit in seinem Garten, wo er unter anderem Stäuble-Pümpin öfters porträtierte. «Wir Jungen sassen ihm Modell. Dabei durfte eine Seidenschlaufe im Haar unter keinen Umständen fehlen», erinnert sie sich.
Schon als kleines Kind hatte sie den Eindruck, dass ihr Grossvater eine Person für sich war und in seiner ganz eigenen Welt lebte. Als sie sieben Jahre alt war, verstarb Pümpin und liess sie mit wenigen, aber geschätzten Erinnerungen zurück. Über ihren Grossvater erfuhr sie später einiges durch Geschichten der Grossmutter, Rösli Gerster. «Wenn man von Fritz Pümpin spricht, sollte man eigentlich gleichwertig den Namen meiner Grossmutter erwähnen. Sie hielt ihrem Mann zu Lebzeiten immer den Rücken frei, organisierte Ausstellungen und unterstützte ihn bedingungslos.» Sie war also nicht nur Pümpins grosse Liebe, sondern zugleich auch seine Managerin. Rösli war nicht selten Motiv und treibende Kraft hinter den Werken des Baselbieter Künstlers.
Durch intensive Recherchen war Enkelin Barbara tief in die damaligen Familienverhältnisse eingetaucht. So fand sie heraus, dass Pümpin diese bedingungslose Unterstützung innerhalb seiner engsten Familie nur geteilt erfuhr: Seine Mutter stand hinter ihm, da auch sie aus einer Familie mit Verbindung zur Kunst stammte. Der Vater hingegen, Fritz Pümpin senior, wollte für seinen Sohn einen Beruf, der ihn zukünftig finanziell absichern sollte. Dass der junge Künstler dereinst die familieneigene Weinhandlung übernehmen würde, stand demnach fest. Mit dem Tod des Vaters tat er dies auch, wenn auch seine ungenügende kaufmännische Erfahrung, die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre und seine fehlende Motivation zum Niedergang der Weinhandlung führten. Rösli stand ihm in den folgenden schwierigen Jahren stets zur Seite.
Parallelen in die heutige Zeit
Turbulente Phasen für den jungen Pümpin also. Spannend dabei ist: «Zu vielen der Geschehnisse von damals kann eine Parallele zu heute gezogen werden. Unruhen und Ängste durch Kriege, die Gefahren einer Pandemie oder Geldnot: Dieses aufgewühlte Innere verarbeitete mein Grossvater mithilfe seiner Gemälde», so die Enkelin. Die Ausstellung im «Jundt-Huus» Gelterkinden wird also thematisch Konflikte aufgreifen, die schon vor 100 Jahren die Menschen beschäftigten. Diese Aktualität und das Kennenlernen des jungen Künstlers weckten in der Pümpin-Stiftung den Wunsch, seine Kunst einer jüngeren Generation von Kunstliebhaberinnen und -liebhabern näherzubringen. «Die Emotionen, die er als junger Mann empfunden hat, sind auch aus heutiger Sicht relevant und nachvollziehbar», schreibt die Stiftung dazu. Dieses Näherbringen soll auch in Form der kreativen Aufführung im Marabu gelingen.
Fritz Pümpin ist im Baselbiet und über die Kantonsgrenzen hinaus ein Begriff. Wieso eigentlich? «Mein Grossvater war unglaublich talentiert. Welche Technik er auch immer neu ausprobierte, er meisterte sie mit Leichtigkeit», erzählt Stäuble-Pümpin weiter. Er habe zudem eine extreme Liebe zur Natur und seiner Heimat empfunden, was sich deutlich in seinen Gemälden widerspiegle und besonders in den Oberbaselbieter Dörfern geschätzt wurde. Zudem kannte damals im Dorfe jeder jeden. «Ausserdem zu erwähnen ist an dieser Stelle seine Frau Rösli. Dank ihr konnte Pümpin ein riesiges Netz an Kontakten aufbauen. Die Menschen kannten ihn einfach.»
Die klassischen Pümpins in den Stuben der Grosseltern werden also an der Ausstellung im «Jundt-Huus» und drei Tage darauf an der Aufführung im Marabu vergeblich gesucht. Dafür findet man nie gesehene Gemälde und dazu eine einmalige musikalische und theatralische Note: Wohl eine so einzigartige Performance, wie sie Pümpin in jüngeren Jahren gemocht hätte.
Vernissage: Sonntag, 7. April, 14 Uhr, im «Jundt-Huus» Gelterkinden. Es wird bis zum 28. April ausgestellt.
Abendveranstaltung im Marabu,
Mittwoch, 10. April, 20 Uhr, mit Kaspar Geiger und der Regionalen Musikschule Gelterkinden.