«Der Glaube ist immer in Bewegung»
27.09.2024 BubendorfJungpfarrerin Tamara Hari ist im Basler Zwinglihaus tätig
Tamara Hari wurde kürzlich als Pfarrerin der Reformierten Kirche Baselland ordiniert. Die 29-Jährige aus Bubendorf ist zurzeit als stellvertretende Pfarrerin in Basel tätig – hoch motivert und im Glauben, ...
Jungpfarrerin Tamara Hari ist im Basler Zwinglihaus tätig
Tamara Hari wurde kürzlich als Pfarrerin der Reformierten Kirche Baselland ordiniert. Die 29-Jährige aus Bubendorf ist zurzeit als stellvertretende Pfarrerin in Basel tätig – hoch motivert und im Glauben, ihre Berufung gefunden zu haben.
André Frauchiger
Tamara Hari ist in Bubendorf aufgewachsen. Schon als Jugendliche nahm sie aktiv am kirchlichen Leben ihres Wohnorts teil, lernte durch ihre Eltern auch das moderne kirchliche Leben kennen und fühlte sich davon angesprochen.
Ihre Mutter war für die Sonntagsschule zuständig. Als es in der Sekundarschule um die Berufswahl ging, stellte sie ihren Mitschülerinnen und Mitschülern den Pfarrberuf vor. Sehr zur Freude ihrer Lehrerin.
Später distanzierte sie sich innerlich wieder von diesem Berufswunsch. Sie besuchte das Gymnasium in Liestal und begann sich immer mehr für Wirtschaft und Recht zu interessieren. Im Jahr 2015 schloss die heute 29-Jährige die Matura mit Schwerpunktfach Wirtschaft und Recht ab.
«Das ist es!»
Noch während des Gymnasiums, vor der Matura, konnte sie 2012/13 einen einjährigen Austauschaufenthalt im Landesinneren Argentiniens, auf dem Land, erleben. Und das ganz bewusst: Sie spielte mit dem Gedanken, Theologie zu studieren. Sie wollte in einem anderen kulturellen Umfeld herausfinden, ob dies ihre Berufung ist. Die grosse Gastfreundschaft ihrer argentinischen Gastfamilie, das argentinische Leben hätten sie «stark geprägt» und ihr «vielleicht den Ruck gegeben, dem Theologiestudium eine Chance zu geben», wie sie betont. Die argentinische Familie zählt Tamara Hari nach wie vor zu ihrer Familie.
Nach ihrer Rückkehr und der Matura am Gymnasium Liestal wusste sie bereits nach wenigen Wochen Theologiestudium an der Universität Basel: «Das ist es! Systematik, Ethik, Altgriechisch und Althebräisch lernen – das gefiel ihr. Ihr war klar, dass ein Theologe das theoretische «Rüstzeug» und Wissen für seinen Beruf braucht, um die Bibel in ihrem geschichtlichen Kontext verstehen und erklären zu können.
Sie habe, wie sie betont, eine «tolle Gruppe von Studierenden» kennengelernt. Das Studium sei sehr abwechslungsreich und interessant gewesen. Und die Professoren hätten die Studierenden mit ihren Fragen sehr ernst genommen. Die vergleichsweise geringe Zahl der Theologiestudierenden habe einen eher «familiären Betrieb» ermöglicht. Mit ihren «alten» Kommilitoninnen und Kommilitonen treffe sie sich noch regelmässig.
Der Weg zur Pfarrerin
Im Jahr 2020 wirkte sie erstmals für kurze Zeit im Zwinglihaus in Basel. Dort erlebte sie die intensive Phase der Corona-Pandemie – unter anderem mit einer sehr aktiven Telefonseelsorge und der Aufzeichnung von Gottesdiensten, die dann im Internet abrufbar waren. Eine harte Zeit, wie sie im Rückblick sagt.
Nach dem Masterabschluss im vergangenen Jahr erhielt sie die Möglichkeit, ein Vikariat in der Kirchgemeinde Allschwil-Schönenbuch bei Pfarrer Claude Bitterli zu absolvieren. Diese Zeit bestärkte sie in ihrem Entschluss, Pfarrerin zu werden. Durch ihre noch bestehenden Kontakte zum Zwinglihaus wurde sie dieses Jahr von Pfarrer Andreas Möri angefragt, ob sie ihn während seiner dreimonatigen Abwesenheit (Sabbatical) von August bis Ende Oktober vertreten könnte. Dieses Angebot nahm sie gerne an.
Das Zwinglihaus und die Tituskirche auf dem Bruderholz gehören zusammen, haben aber ihre Aufgaben aufgeteilt. Die Tituskirche ist eine Generationenkirche mit zwei Pfarrstellen, im Zwinglihaus finden neben den «klassischen» Gottesdiensten mit meist abwechslungsreicher Musik auch spezielle Angebote für das multikulturelle Gundeldingerquartier statt. Im Zwinglihaus ist auch das Forum für Zeitfragen beheimatet, und es finden zahlreiche interreligiöse Veranstaltungen statt. Schliesslich gibt es in der Kirchgemeinde noch zwei Spezialpfarrstellen für Gemeindepädagogik und Altersheimseelsorge. Tamara Hari ist mit ihrem 50-Prozent-Pensum für Gottesdienste, Amtswochen, Abdankungen, Seelsorge und Gemeindeanlässe zuständig.
Glauben und Wissenschaft
Der Glaube ist für Tamara Hari seit ihrer Kindheit wichtig. Ihre Eltern hätten ihr christliche Werte mit auf den Lebensweg gegeben, sagt sie. Und der wissenschaftliche Zugang zur Theologie während des Studiums habe ihren Glauben nicht geschwächt – im Gegenteil. Man könne wissenschaftliche Fragen an die Bibel stellen, ohne das Grundvertrauen in das Göttliche zu verlieren.
Der Glaube sei «nicht statisch, sondern immer in Bewegung». Sie habe in der klassischen und modernen Liturgie ihre Heimat: «Ich bin für fast alles zu haben, ich bin da sehr, sehr offen.» Die Befreiungstheologie in Südamerika findet sie «sehr interessant». Sie sei aber eher in einer «liberalen und sozialen Ecke zu Hause», unterstreicht sie. Neben den Nöten der Menschen dürften aber auch die Umweltprobleme nicht vergessen werden. Eine gewisses Interesse hat Tamara Hari auch an der feministischen Theologie.
Ab Ende November wird Tamara Hari – auch für eine Sabbatical-Zeit – für drei Monate Stellvertreterin von Pfarrerin Lea Meier in der Kirchgemeinde Oberwil-Therwil-Ettingen sein. Sie wünscht sich weitere solche Vertretungen bis im Sommer kommenden Jahres. Dann heiratet sie ihren Verlobten und plant mit ihm zusammen eine grössere Reise: «Mein zukünftiger Mann ist Physiker, das gibt sicher gute Diskussionen.» Sie hätten beide Interesse an unterschiedlichen Kulturen und Ländern. «Im Zwinglihaus komme ich mit vielen Kulturen in Berührung. Da kann man viel lernen.» Die Annahme einer festen Pfarrstelle nach ihrer Reise ist für Tamara Hari jedenfalls eine Option.