«Das Wort Töggele ist nicht abschätzig gemeint»
30.07.2024 SportTablesoccer | Am Wochenende findet in Liestal die «League» statt
Vor rund 10 Jahren verliebte sich die Liestalerin Beatrice Berner ins «Töggele», also den Tischfussball. Da es in der Region keine Möglichkeit gab, professionell zu trainieren, ...
Tablesoccer | Am Wochenende findet in Liestal die «League» statt
Vor rund 10 Jahren verliebte sich die Liestalerin Beatrice Berner ins «Töggele», also den Tischfussball. Da es in der Region keine Möglichkeit gab, professionell zu trainieren, gründete sie 2018 ihren eigenen Verein.
Luana Güntert
Dieses Wochenende messen sich in Liestal bei der «Swiss Tablesoccer League» die besten ihres Fachs bei der Vereinsmeisterschaft im Tischfussball. Organisiert wird der Anlass von der Swiss Tablesoccer Federation und vom Verein «Tablesoccer beider Basel». Doch wie kam es überhaupt dazu, dass in Liestal ein Verein fürs «Töggele» gegründet wurde, und was unterscheidet professionellen Tischfussball vom «Töggele» im Ausgang? Die «Volksstimme» hat den Verein vor Ort im Ziegelhofareal besucht und kennt die Antworten.
Beatrice Berner und Pascal Salzgeber sind die beiden Gesichter des Vereins – sie als Gründerin und Präsidentin, er als sportlicher Leiter, Nationalspieler und mehrfacher Schweizer Meister. «Vor etwa zehn Jahren kam ich erstmals mit dem ‹Töggele› in Kontakt», erinnert sich Berner. Damals begann die heute 37-Jährige, in den Ausgang zu gehen – in den Joker und in die Lounge 11 in Sissach – wo sie viele Stunden am «Töggelitisch» verbrachte. Sie dachte dann, sie sei «mega gut» geworden und schaffte es, den Joker-Besitzer zu überreden, ein Turnier durchzuführen. Am besagten Turnier traf sie auf Personen aus der Tablesoccer-Community aus Bern. «Da kam ich auf die Welt, ich hatte keine Chance», erzählt sie.
Die Niederlagen wirkten aber nicht entmutigend – im Gegenteil: «Es motivierte mich, da ich das auch lernen wollte», so Berner. Fortan trainierte die Liestalerin professionell in Bern und Luzern. Lange hegte sie den Wunsch, einen eigenen Verein in der Region zu gründen. «Es konnte doch nicht sein, dass ich fürs Training immer so weit fahren muss», sagt sie. 2018 war es dann so weit: Berner gründete «Tablesoccer beider Basel». Seit sechs Jahren wird Tischfussball von Swiss Olympic als Sportart anerkannt und somit bekam der Verein Unterstützung vom Sportamt.
Richtig los ging es im Verein aber noch nicht: Es fehlte ein Klublokal. Dafür kam Pascal Salzgeber ins Spiel, an einem Turnier lernten sich Berner und der heute 36-Jährige kennen und später lieben. Er war zu dieser Zeit Nationalspieler und mehrfacher Schweizer Meister im Doppel, Mixed und im Einzel. Kurz danach fand der Vorstand ein Klublokal im Ziegelhof-Areal in Liestal. Wobei die Bezeichnung «Klublokal» wohl etwas unpassend war. «Die Böden waren schräg und es hatte ein riesiges Loch im Boden vom abgebauten Silo der ehemaligen Brauerei», sagt Salzgeber. Da der Bündner in seiner Heimat bereits einen Verein gegründet hatte, wusste er, was es für einen geeigneten Trainingsraum alles braucht. Durch die Pandemie hatten alle rund um den Verein plötzlich sehr viel Zeit, und der Raum im Ziegelhof-Areal wurde zu einem attraktiven Klublokal umgebaut.
«Garlando» und «Ullrich»
Im Trainingsraum stehen viele verschiedene Tische, die sich in den Tischplatten, dem Gewicht der Figuren, den Bällen und den Banden – gewisse haben eine, andere nicht – unterscheiden. Der «Garlando» und der «Ullrich» sind die Haupttische für viele Schweizer – hier in der Region ist es der «Garlando», der eine Glasspielfläche sowie abgerundete Wände hat, damit nicht über die Banden gepasst oder geschossen werden kann. An der «Swiss Tablesoccer League» am kommenden Wochenende wird jeweils an zwei Tischen gespielt, und jeder Verein darf einen Heimtisch wählen, um somit einen Vorteil gegenüber dem gegnerischen Team zu haben.
Vor Ort in Liestal trainieren heute rund 25 Aktive – mehrheitlich Männer – sowie ein Junior. An den Trainingstagen können die Mitglieder kommen und gehen, wie sie wollen. «Einige wollen einfach nur ‹töggele› und eine gute Zeit haben», sagt Berner. Andere wollen sich auch verbessern und an ihrer Technik feilen – da bieten Berner und Salzgeber Hand. «Dann kann es auch vorkommen, dass man stundenlang die genau gleiche Übung macht, um sie zu verinnerlichen», sagt Berner. Sie konnte vor drei Jahren mit dem Sportamt ein «Animationsprojekt» durchführen, so verschiedene Schulklassen in ihr Vereinslokal holen und ihnen den Sport näherbringen. «Es waren alle begeistert, doch hängengeblieben ist leider keiner.» Gerne würde Berner mehr Zeit in die Juniorenförderung investieren, was jedoch nicht drinliegt, da sie und ihr Partner beide zu 100 Prozent arbeiten.
Berner und Salzgeber haben in Pubs oder an Firmenanlässen, die sie bei sich durchführen, auch schon hören müssen, Tablesoccer sei kein Sport. «Wenn ich aber gegen sie antrete, haben sie schnell keine Lust mehr aufs ‹Töggele›», sagt Salzgeber und lacht. Er erklärt, dass man an Tablesoccer-Anlässen zum Teil zehn Stunden pro Tag am Tisch stehe und seine Konzentration ständig wieder hochfahren müsse. «Das gibt es sonst in keiner Sportart», sagt er.
«Töggelikästen» verschwunden
Früher habe es mehr «Töggelikästen» gegeben, sagen Salzgeber und Berner. Die Pandemie hat zusätzlich dafür gesorgt, dass sie in Bars und Pubs verschwunden sind, da die Flächen für Tische genutzt werden mussten. Berner hat aber auch schon bemerkt, dass einige Schulen neu «Töggelikästen» aufgestellt haben, was sie befürwortet. Das Problem sei, dass alle das «Töggele» kennen, viele aber nicht wissen, dass man das professionell trainieren kann.
Mit dem Wort hat das aber nichts zu tun, denn im Gespräch fällt auf, dass sowohl die Baselbieterin wie auch der Bündner von «Töggele» und nicht von Tischfussball sprechen. «Das Wort ist nicht abschätzend gemeint», erklärt Berner. Man müsse jedoch unterscheiden, ob man aus Plausch etwas «töggelet» oder den Sport ernst nimmt und Tischfussball spielt. Trotzdem hat sich Berner für Tablesoccer, den englischen Namen für Tischfussball, im Vereinsnamen entschieden, da das Wort internationaler ist. «Wir hatten auch schon Spieler aus dem grenznahen Deutschland und Frankreich bei uns.»
Salzgeber spielt aktuell in drei Vereinen – in Liestal, St. Gallen und in Graubünden. Zudem ist er Trainer der Nationalmannschaft. Obwohl er zu seinen besten Zeiten bei Eintracht Frankfurt in der Bundesliga sowie in der Champions League gespielt hat und Champions-League-Sieger wurde, konnte er nie vom Sport leben. «Es gibt nur einen amerikanischen Spieler, der das kann», sagt Salzgeber. In den USA seien die Preisgelder höher, ausserdem betreibt jener Spieler noch einen Onlineshop mit Fanartikeln.
Mit Mitte 30 gehören Salzgeber und Berner noch nicht zum alten Eisen wie im Rasenfussball. Bis 50 kann in der Aktiv-Kategorie gespielt werden. Die beiden merken aber, dass ihnen nach langem Spielen die Schultern und der Nacken weh tun. «Deshalb wärmen wir uns gut auf», sagen sie. Es sei unter gewissen Tischfussball-Spielern normal, dass sie einfach «kalt» an den Tisch stehen. «Ich wärme aber immer meine Hände und Ellbogen auf, um Verletzungen zu verhindern», sagt Salzgeber.
Im Training beim Ziegelhofareal fällt auf, dass es gewisse «Regeln», die Laien anwenden, gar nicht gibt. Zum Beispiel wird im Tischfussball der Ball nie durch das seitliche Loch ins Spiel gegeben, sondern ein Team hat Anspiel und erhält den Ball. Genau so ist das Drehen der Figuren nicht verboten – sofern man sie nicht mehr als 360 Grad dreht.
Berner hat sportlich hohe Ziele: «Ich will mich dieses Jahr für die Weltmeisterschaft im Doppel qualifizieren», sagt sie. Im Einzel sei sie bereits qualifiziert. Ein weiteres, noch fernes Ziel sei, eine Medaille an der Weltmeisterschaft zu gewinnen. Salzgeber hingegen hat die meisten seiner sportlichen Ziele bereits erreicht. «Ich würde aber gerne noch einen Titel an einer Einzel-Weltmeisterschaft gewinnen», sagt er.
Swiss Tablesoccer League
lug. Am kommenden Samstag und Sonntag findet in der Sporthalle Frenke in Liestal die «Swiss Tablesoccer League» statt. Einmal pro Jahr treten in der «League» Vereine gegeneinander an. Vereine können ein oder mehrere Teams stellen, die dann in Sechsergruppen antreten. Gespielt wird im Einzel und Doppel, wobei Punkte für das Team gesammelt werden. Pro Spiel werden zwei Sätze durchgeführt – jedes Team kann dabei für einen Satz die Art des Tischs aussuchen. Nach der Vorrunde qualifizieren sich die vier besten Teams pro Kategorie für den Halbfinal, wo um den Finaleinzug gespielt wird. Erwartet werden 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die ersten Spiele beginnen am Samstag um 10.30 Uhr und am Sonntag um 10 Uhr.