«Das Miteinander auf dem Teller»
04.11.2025 SissachUeli Mäders Gesprächsreihe beschliesst die Flüchtlingstage
Das monatliche Podium von Ueli Mäder im Sissacher «Cheesmeyer» war für einmal in die Flüchtlingstage beider Basel eingebettet, die mit diesem Anlass abgeschlossen wurden. Die ...
Ueli Mäders Gesprächsreihe beschliesst die Flüchtlingstage
Das monatliche Podium von Ueli Mäder im Sissacher «Cheesmeyer» war für einmal in die Flüchtlingstage beider Basel eingebettet, die mit diesem Anlass abgeschlossen wurden. Die Flüchtlingsthematik dominierte auch das Gespräch.
Jürg Gohl
Üblicherweise steuert Soziologe Ueli Mäder in seiner Gesprächsreihe, die übrigens für 2026 bereits komplett steht, direkt auf die von ihm gesetzte Thematik des Abends zu. Doch in der Oktober-Ausgabe des Anlasses, der jeweils am letzten Donnerstag des Monats im Sissacher «Cheesmeyer» abgehalten wird, verhielt es sich aus gutem Grund für einmal etwas anders, etwas bunter.
Das lag daran, dass der Talk dieses Mal in die diesjährigen Flüchtlingstage der Region Basel integriert war. Er bildete «den Schluss- und Höhepunkt» des viertägigen Rahmenanlasses, um Anja Seiwert aus ihrer Begrüssung zu zitieren. Die Sissacherin ist Geschäftsführerin des Roten Kreuzes Baselland und stellte gemeinsam mit vier weiteren Organisationen – dem städtischen Roten Kreuz, dem Heks, der Caritas und dem Ausländerdienst Baselland – den viertägigen Anlass auf die Beine. Nach dem Auftakt am Montag mit einer Buchpräsentation mit Flüchtlingsschicksalen in der GGG Stadtbibliothek Basel zügelten die Veranstalter ins «Cheesmeyer». Das wolle sie auch als einen Beitrag zum Sissacher Jubiläumsjahr verstanden wissen, sagte Anja Seiwert.
Stellvertretend für die jeweiligen Regierungen wandten sich auch Renata Gäumann, in Basel Koordinatorin des Asyl- und Flüchtlingswesens, sowie Fabian Dinkel, Leiter des Sozialamts Baselland, an das rund 80-köpfige Publikum. Sie forderte kurz «mehr Vertrauen, mehr Bereitschaft zum Teilen und mehr Offenheit»; er plädierte für «ein stärkeres gesamtgesellschaftliches Engagement» in einem Thema, das gegenwärtig wie kaum ein anders polarisiere.
Um Flüchtlinge ging es schliesslich auch im eigentlichen, zeitlich leicht verkürzten Gespräch, zu dem Soziologe Ueli Mäder Vania Alleva, die Präsidentin der Unia und Vizepräsidentin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, dazu den Geflüchteten Ishtayah Ayman sowie die Extrem-Bergsteigerin und Buchautorin Helga Hengge eingeladen hat. Die erste deutsche Bezwingerin des Mount Everest setzt sich heute wegen des Gesehenen und Erlebten für eine Schule für tibetische Kinder ein. Gleichwohl musste sie sich aber auf die entsprechenden Bemerkungen aus dem Publikum dafür rechtfertigen, an den heute umstrittenen Hochgebirgs-Expeditionen teilzunehmen. Kritische Fragen sind längst ein Kennzeichen der Gesprächsreihe.
Kurz, aber eindringlich
Dabei ging es Hengge, die lange im New Yorker Hamsterrad lebte und auf dem Mount Everest die Einsamkeit und die Konzentration entdeckte, um das Gleiche wie den Flüchtlingen im Schweizer Alltag: Nämlich um Verwurzelung und Entwurzelung, wie sie es nannte, und um das Eintauchen in eine andere Kultur. Obwohl ihm an diesem Abend eigentlich der Mittelpunkt gebührt hätte, verzeichnete Ishtayah Ayman den kleinsten Gesprächsanteil, da er erst seit drei Jahren in der Schweiz lebt. Gerne hätte man auch mehr über seine Lebensgeschichte erfahren. Die eindringlichsten Worte des Abends stammen dennoch aus seinem Mund: «Viele Flüchtlinge leben in ständiger Angst.»
Vania Alleva war auf dem vierköpfigen Podium für die gewerkschaftlichen Töne zuständig. Dies auch zum Schutz für die Flüchtlinge und für ausländische Angestellte, wie sie betont, um den Bogen zum Thema des Abends zu spannen: keine Sonntagsverkäufe, weniger Arbeitsstunden und -intensität, Entlastungen in Problemberufen wie Pflege und Verkauf sowie eine Umverteilung. «Es ist stossend, dass der CEO von Novartis 333-mal mehr verdient als ein Arbeiter in seinem Betrieb», sagt sie. Die Bemerkung löste im Publikum sogleich eine Reaktion aus: «Stossend ist nicht, dass er diese Summe verdient, sondern dass er sie erhält.»
Passendes Essen
Das Thema der Flüchtlinge dominiert an diesem Abend auch optisch. So wurden an verschiedenen Ständen Einrichtungen wie das Sprachmobil, das Angebot des Vereins «Sportegration» oder dann das Buch «Vom Weggehen und Ankommen» vorgestellt. Zudem war wie jeden Monat das «Restaurant du Coeur» für die Kulinarik zuständig. Da bereiten Flüchtlinge nach Rezepten aus ihrer Heimat und aus frischen Lebensmitteln, die sonst im Abfall landen würden, Speisen zu.
Initiantin Claudia Adrario-de Roche betonte in ihrem Kurzauftritt, dass die mitarbeitenden Personen aus kriegsversehrten, verfeindeten Ländern stammen und deshalb nicht immer konfliktfrei zusammenarbeiten: «Aber die farbige Mischung und das Miteinander auf dem Teller sollten uns auch im Leben als Vorbild dienen.»

