«Das ist nicht selbstverständlich»
19.11.2024 Fussball, Bezirk Sissach, FussballZum Abschluss der Vorrunde haben die Aufsteigerinnen des SV Sissach auch beim Avanchet-Sport FC gesiegt und sind neu punktgleich mit dem Leader. Einen erneuten Aufstieg will Trainer Patrick Ivanovic aber nicht als Ziel setzen.
Sebastian Wirz
Warum ...
Zum Abschluss der Vorrunde haben die Aufsteigerinnen des SV Sissach auch beim Avanchet-Sport FC gesiegt und sind neu punktgleich mit dem Leader. Einen erneuten Aufstieg will Trainer Patrick Ivanovic aber nicht als Ziel setzen.
Sebastian Wirz
Warum stehen Ihre Aufsteigerinnen aus der 2. Liga nach der Hälfte der Saison punktgleich mit zwei weiteren Teams an der Spitze der 1. Liga, Herr Ivanovic?
Patrick Ivanovic: Das fragen sich wohl einige, zumindest entspricht es nicht den Erwartungen von vor der Saison – auch nicht unseren eigenen. Wir haben einfach jedes Spiel genommen, wie es kommt. Wir haben uns nicht den Druck gemacht, als Aufsteiger schnellstmöglich punkten zu müssen, sondern gingen unbelastet in die Partien. So konnten wir Woche für Woche frei aufspielen – und haben sieben von zehn Spielen gewonnen.
Die Platzierung überrascht nicht zuletzt, weil sich der SV Sissach nicht mit Spielerinnen aus höheren Ligen verstärkt hat. Die Neuzugänge kamen «von unten».
Es war klar, dass wir ein breiteres Kader brauchen. Ich habe das Gespräch mit mehreren Spielerinnen gesucht und gefragt: «Seid ihr bereit, Zeit zu investieren?» Denn wir haben von zwei auf drei Trainings pro Woche erhöht. Es sind mehrere Spielerinnen zu uns gestossen und die Abläufe waren und sind nicht perfekt. Aber das Team hat sich schnell gefunden. Die Neuen wollten ins Team reinkommen, wollten lernen, wie die Spielerinnen vor und hinter ihnen ticken. Und: Sie wollten vor allem besser werden – wie die bisherigen Spielerinnen auch. Unsere Trainingspräsenz ist sehr hoch und ich kann Woche für Woche im Grundsatz auf dasselbe Kader setzen. Das hat stark zu unserem Erfolg beigetragen.
Dazu kommt, dass Sie mit Luana Pricoli die Liga-Topskorerin in Ihren Reihen haben. 15 von 29 Toren des SVS hat sie erzielt, Neuzugang Melina Metzger hat 8 beigetragen. Das hilft.
Mir ist es wichtig, dass wir eine strukturierte Defensive haben, einen Plan, wie wir verteidigen und die Gegnerinnen anlaufen wollen. Denn bei unserer Qualität in der Offensive weiss ich, dass wir vorne treffen. Am Sonntag hat Luana nach 4 Minuten getroffen, nach 15 musste sie aber, wie schon im Cup in der Vorwoche, ausgewechselt werden. Das merkt man im Team bei ihrer Klasse sofort. Wir haben zwei, drei Gänge zurückgeschaltet und haben folgerichtig das 1:1 mit einem Standard erhalten. Zum Glück hat Melina Metzger noch den Siegtreffer erzielt. Die Stimmung auf der Heimfahrt war entsprechend gut.
Apropos: Dreistündige Carfahrten zu Spielen sind etwas, was der Aufstieg mit sich gebracht hat, und ein Grund, weshalb sich viele vor einer nationalen Liga fürchten. Wie sind Ihre Erfahrungen?
Jedes Mal, wenn wir in einen Car gestiegen sind, haben wir gewonnen. Das ist also kein Problem (lacht). Ich weiss also nicht, wie sich eine dreistündige Heimfahrt nach einer üblen Niederlage anfühlt. Wenn die Stimmung gut ist, geht die Zeit vorbei. Aber Spass beiseite: Die Fahrten bedeuten zusätzliche Ausgaben und wir sind froh, dass wir da von Sponsoren und dem Verein so unterstützt werden. Unabhängig davon ist es einfach ein Fakt, dass die 1. Liga viel Zeit beansprucht. Am Sonntag sind wir um 10 Uhr abgefahren, um 21 Uhr waren wir zurück. Der ganze Tag geht drauf, wenn wir ein Auswärtsspiel haben.
Wenn Sie sehen, dass Sie vor dem FFV Basel klassiert sind, wie sehr wurmt Sie die Niederlage im Cup gegen die Städterinnen? Im Viertelfi nal hätte wohl ein grosses Los gewartet.
Mich wurmt das verlorene Basler-Cup-Finale von vergangener Saison mehr. Da ging es um einen Titel. Das Spiel gegen einen Grossen des Schweizer Frauenfussballs jetzt wäre eher «nice to have» gewesen. Zudem hat man die Zusatzbelastung durch den Cup gemerkt, nicht nur bei den beiden frühen Auswechslungen von Luana Pricoli. Wir sind auch als Team weniger spritzig als noch im August. Die Belastung ist hoch. Spielerinnen wie Captain Ramona Hasler etwa haben so gut wie jede Partie durchgespielt. Die Pause kommt uns jetzt gelegen.
Wie geht es im Frühling weiter? Geht es für Sissach um den Aufstieg in die Nationalliga B?
Nein. Das Ziel Aufstieg werde ich nicht formulieren. Dann würden wir nicht mehr frei aufspielen, da bin ich überzeugt. Wir sind oben, das ist schön. Da wollen wir mitspielen bis zum Saisonende. Aber wir müssen uns bewusst sein: Unser Erfolg ist nicht selbstverständlich. Auch der jüngste Sieg am Sonntag. Natürlich ist Avanchet-Sport ein Aufsteiger und wir sind als Spitzenteam angereist. Aber da holt man nicht einfach jede Woche drei Punkte. Dazu werden wir im Frühling nicht mehr eine Überraschung sein, werden nicht mehr unterschätzt. Und auch ich selber habe die Erwartung, dass wir einmal ein Spiel bestimmen können, einen offensiven Schlachtplan haben und nicht nur die Defensive absichern.
TELEGRAMM
Avanchet-Sport FC Féminine – SV Sissach 1:2 (0:1). Sportplatz: Stade municipal, Vernier. Tore: 4. Pricoli 0:1; 58. Duclos 1:1; 63. Metzger 1:2.
Sissach: Buceta; Lessa, Sanchez Puig, Dibrani, Bläsi; Racaj, Peromingo, Hasler; Kuster (35. Strub, 60. Thommen), Pricoli (17. Aktas, 65. Martin), Metzger (85. Metzler).
Verwarnungen: 55. Racaj (Foul). Platzverweise: 43. Touhiri (Notbremse), 66. Racaj (Gelb-Rot, Foul).