Bürgerpatrouillen gegen Einbruchdiebstähle
16.12.2025 SissachPräsenz soll potenzielle Täter abschrecken
Die Zahl der Einbrüche ist gestiegen, das Sicherheitsgefühl gesunken. Zehn Freiwillige wollen in Sissach die Polizei im Kampf gegen Einbrecher unterstützen – und hoffen selbst auf weitere Unterstützung.
...Präsenz soll potenzielle Täter abschrecken
Die Zahl der Einbrüche ist gestiegen, das Sicherheitsgefühl gesunken. Zehn Freiwillige wollen in Sissach die Polizei im Kampf gegen Einbrecher unterstützen – und hoffen selbst auf weitere Unterstützung.
Daniel Aenishänslin
Eine kühle Dunkelheit umgibt ein paar Frauen und Männer, die vor dem Restaurant Giuseppe Verdi an ihren Glimmstängeln ziehen. Ob noch jemand von ihnen auf Patrouille gehen wird, bleibt unklar. «Die Kontingente, die wir draussen haben, geben wir nicht preis. Es geht um den Schutz unserer Patrouillen», sagt Lukas Hartmann. Seit wenigen Minuten ist er der erste Präsident der Interessengemeinschaft Sicherheit für Sissach (IG SFS). Er ist ein Mann, der nach eigenen Angaben viel Erfahrung in der Sicherheitsbranche mitbringt.
Seit Ende Oktober fahren diese Leute durchs dunkle Sissach. Bis heute als Gruppe, die sich auf einen Aufruf von Mélanie Gindroz gebildet hat, nun als IG SFS. Peter Greinemann, der die Gründungsversammlung leitete, erklärt wieso. «Weil unser Sicherheitsgefühl objektiv, nicht nur subjektiv, nicht mehr so ist, wie es schon mal war. Statistisch sind die Einbruchdiebstähle 2024 um 13 Prozent gestiegen.» Das sind die offiziellen Zahlen des Kantons.
Mélanie Gindroz – sie wurde zur Vizepräsidentin gewählt – erzählt, dass sie ausschliesslich positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhalte. Die Menschen in Sissach seien dankbar für die Patrouillen, weil sie nun ruhiger schlafen könnten. «Sie glauben auch an die Polizei», sagt Gindroz, «aber sie wissen halt auch, dass diese extrem ausgelastet ist, und dass es einfach noch mehr braucht.» Auf frischer Tat ertappt hat eine SFS-Patrouille bisher noch niemanden.
«Aus allen sozialen Schichten»
Vor der Zigarettenpause im Freien sassen die zehn Gründungsmitglieder im «Säli» des Restaurants hinter hufeisenförmig zusammengeschobenen Tischen. Ein paar Sprüche wurden geklopft, manchmal über die Förmlichkeit des Anlasses gelacht. Gemäss Lukas Hartmann versammelte sich hier «eine bunte Mischung aus allen sozialen Schichten». Er betonte, Politik sei nie Thema, niemand sei Parteimitglied.
Die IG SFS weckt Interesse. Sogar ein Team des Schweizer Fernsehens ist gekommen, kurz vor der Versammlung noch beschäftigt mit einer Portion Rösti mit Spiegelei und einer Pizza Prosciutto. Für die Patrouillierenden gabs Kaffee, Cola, Bier oder ein Glas Rotwein. Das Essen erst später.
Peter Greinemann, einst Präsident des Sportvereins Sissach, skizziert die Ziele der IG SFS. «Wir sind ganz klar keine Bürgerwehr, keine Konkurrenz zur Polizei oder sonst was in der Richtung.» Die Patrouillen der IG SFS würden nicht eingreifen, das Auto werde nicht verlassen, es werde nur beobachtet und nötigenfalls der Polizei gemeldet, was entdeckt werden konnte.
«Wir können durch unsere Präsenz dafür sorgen, dass es in Sissach weniger attraktiv ist, etwas anzustellen als woanders», sagte Greinemann. Die Interessengemeinschaft werde sich auf Sissach konzentrieren, würde aber bei Bedarf Konzepte und Erfahrungen teilen. Peter Greinemanns Fazit: «Die Ironie der Geschichte ist: Je weniger wir sehen, desto besser sind wir.»
Einer der Anwesenden erkundigte sich, ob denn der Verein einen direkteren Draht zur Polizei habe als der Durchschnittsbürger. «Das ist immer so eine Sache» monierte er, «wenn du die Polizei anrufst, wollen die zuerst den zweiten Vornamen, dann den Heimatort und weiss Gott was alles wissen.» Man müsse – auf alle Fälle – direkt mit der Polizei kommunizieren, wandte Lukas Hartmann ein. Er begründete: «Da geht es auch um den Faktor Zeit.»
Die niedrigsten Beweggründe
In einer kurzen Ansprache nach seiner Wahl zum Präsidenten drückte Hartmann seine Freude darüber aus, dass sich die Leute ehrenamtlich engagieren. «Ich habe viel gesehen im Sicherheitsbereich. Zwischendurch ist man kurz davor, den Glauben an die Menschen zu verlieren.» Konfrontiert worden sei er mit den niedrigsten Beweggründen, die Menschen haben können. Diese Gruppe von Leuten, die sich ohne Eigennutz für andere einsetze, «gibt mir ein bisschen den Glauben an die Menschen zurück».
Der Pflichtteil ist durch. Die IG SFS ist gegründet. Gut gelaunt geniessen die Wachsamen in der kühlen Dunkelheit vor dem Restaurant ihre Zigarette danach. Mélanie Gindroz verspricht: «Wir versuchen, die ganze Woche abzudecken, aber Freitag bis Sonntag werden wir extrem präsent sein.» Die Erfahrung zeige, dass es an diesen Tagen zu den meisten Einbruchdiebstählen käme.
Lukas Hartmann spricht von ersten Erfolgen. «Wir konnten Sensibilisierungsarbeit leisten.» Zum Beispiel sei man auf Fahrzeuge getroffen, deren Türen nicht verschlossen waren. Eine Einladung für jeden Dieb. Die Fahrzeughalter seien darauf hingewiesen worden. Gerne hätten Hartmann und Gindroz noch viele mehr, die auf Patrouille gehen. Hartmann mit leichter Ironie: «Wenn ganz Sissach mitmacht, könnten wir eine sehr gute Abdeckung erreichen.»

