Blockflöte gegen Gitarre eingetauscht
09.10.2025 SissachDas ist Sissach (40. Teil) | Drei Brüder, die so manches «Tanzfüdle» glücklich machten
Mit viel Herzblut und Begeisterung hat das «Trio Abt» aus Sissach 35 Jahre lang mit seinen eingängigen Melodien für volle ...
Das ist Sissach (40. Teil) | Drei Brüder, die so manches «Tanzfüdle» glücklich machten
Mit viel Herzblut und Begeisterung hat das «Trio Abt» aus Sissach 35 Jahre lang mit seinen eingängigen Melodien für volle Tanzsäle gesorgt. Ohne grosse musikalische Ausbildung galten sie in der Region als die grossen Unterhaltungskünstler.
Heiner Oberer
Am Anfang so mancher Musikerkarriere steht die Blockflöte. So auch bei den Brüdern Emil (78; gelernter Plattenleger), Ernst (76; gelernter Forstwart) und Willi Abt (73; gelernter Gärtner) aus Sissach. Und wie es sich gehört, absolvierten die drei den herausfordernden Blockflöten-Unterricht in der Stube von Fräulein Breunlin in Sissach. Die beiden Jüngeren versuchten sich zusätzlich an der Geige – ein Unterfangen, das aber schnell wieder abgebrochen wurde. Dank der soliden Ausbildung an Flöte und Geige mauserten sich die drei Buben mit den Jahren zu einem viel beachteten
Trio, das mit ihren schmissigen Melodien 35 Jahre lang Tänzerinnen und Tänzer in Entzücken versetzte.
Um das Jahr 1968 fühlten sich die drei Jungmusiker aber zu Höherem berufen. Ernst wechselte vom Cello auf die elektrische Gitarre, die er bei einem Kollegen für 50 Franken erstanden hatte. Bruder Emil tat es ihm gleich. Was nun noch fehlte, war der Schlagzeuger. So wurde Willi von seinen beiden Brüdern zum Schlagzeuger verknurrt. Was für ihn einen musikalischen Quantensprung bedeutete: «Mir war alles lieber als die doofe Flöte. Beim Flötenunterricht bei Fräulein Breunlin habe ich immer Atembeschwerden vorgetäuscht, um so die Unterrichtsstunden etwas abzukürzen», gesteht Willi.
Musikalisch auf der Höhe war der Grundstein für die Gründung des «Trio Abts» gelegt. Auf die Frage, wie es zum Namen gekommen ist, schauen sich die drei an und zucken mit den Schultern. Anfänglich traten sie als «Gebrüder Abt» auf. «Einer von uns hatte wohl die Eingebung und ab dann traten wir als ‹Trio Abt› auf», vermutet Ernst. Es folgten Auftritte an Partys und bei Anlässen der damaligen Jungen Kirche Sissach.
Mit Gehör statt Noten
«Willi hantierte anfänglich noch mit einem einfachen ‹Drümmeli›. Später kamen Tschinellen dazu, was dem Ganzen einen doch professionelleren Anstrich verlieh», berichtet Emil. Ein anderes Problem war das Alter des angehenden Vollblut-Schlagzeugers. «Willi war bei unseren ersten Auftritten noch nicht 16-jährig. Anfänglich mussten wir bei den Organisatoren der Tanzabende um Erlaubnis fragen, ob Willi überhaupt auftreten durfte.»
Mit dem Tonband haben die Brüder die Gassenhauer ab Radio aufgenommen und die Texte von Hand aufgeschrieben. «Wir haben nicht nach Noten gespielt. Wir haben uns auf unser Gehör verlassen», räumt Emil ein. Vor allem die Seemannslieder von Freddy Quinn haben es dem Trio angetan. Emil mit seiner Quinn-ähnlichen Stimme kam so zum Übernamen «Quinn von Sissach». Ernst sieht die Sache etwas realistischer: «Wir waren eine ‹Wurst-mit-Brot-Musik›. Ich habe immer wieder gestaunt, wie gut wir angekommen sind.»
Bei den zahlreichen Auftritten sei es verschiedentlich zu wüsten Schlägereien gekommen, berichten die Abts rückblickend. Einmal, auf der Sissacher Fluh, seien sich zwei Frauen in die Haare geraten, erinnert sich Willi. Ein anderes Mal war die Tanzfläche plötzlich mit rohen Hörnli übersät, die ein Besucher bei der Tombola gewonnen hatte. Auch das habe zu einer veritablen Schlägerei geführt. «Ich kann mich noch gut daran erinnern. Wir haben aber tapfer weitergespielt», sagt Willi. Irgendwie haben zu dieser Zeit Auseinandersetzungen dazugehört, sagt Ernst. Für einige war ein Fest ohne «Schmürzele» kein richtiges Fest.
Bei den meisten Auftritten ging es aber friedlich zu. Zum Beispiel bei einem Gottesdienst anno 1969, bei Tanzmusik und heissen «Wienerli», organisiert von der Jungen Kirche Sissach. In der «Volksstimme» vom 18. Februar jenen Jahres kann man über den denkwürdigen Anlass Folgendes lesen: «… Toni Wiesner spielt auf der Orgel. Also – wie bis anhin – Orgelklänge
zum Beginn, aber es waren moderne Klänge, Sentenzen; sie [zerrissen] die graue, kühle Luft unter der gotischen Decke. Dann standen vorne drei Jünglinge auf, zwei von ihnen hängten eine Gitarre um, der dritte setzte sich ans Schlagzeug. Sie begannen zu zupfen, schlagen und singen: in der Art sog. Gospels wurde in gutem Rhythmus ein Lied gesungen vom Schiff, das sich Gemeinde nennt und durch das Meer der Zeit fährt …» Zum Abschluss der doch aussergewöhnlichen Darbietung werden heisse «Wienerli» serviert – allerdings nicht in der Kirche.
«Trio Abtreten»
Ein weiterer besonderer Anlass für das «Trio Abt» hat im September 1994 stattgefunden. Anlässlich der Ausmusterung aus der Schweizer Armee kommt es zu einer einmaligen Konstellation: Die Abt-Brüder wurden trotz unterschiedlicher Jahrgänge gemeinsam aus der Wehrpflicht entlassen. Für diesen Anlass liessen sich die drei etwas Besonderes einfallen. Unter dem Namen «Trio Abtreten» spielten sie an verschiedenen Orten in Sissach. So unter anderem auch beim ehemaligen Sektionschef Josef Gasser.
Reich sind die drei Musiker mit ihrer Show nicht geworden. Anfänglich traten sie für 7 Franken pro Person in der Stunde auf. «Wegen des Geldes haben wir nicht gespielt», sagt Ernst. Allerdings traten sie nur noch mit gültigem Vertrag bei Hochzeiten, Geburtstagen, Dorffesten oder privaten Feiern auf. Es war nämlich vorgekommen, dass zwei Tanzkapellen vor Ort waren: «Weil die unangemeldete Kapelle ohne Vertrag war, mussten sie wieder unverrichteter Dinge nach Hause.»
Die Brüder Abt haben viel Freizeit in ihr musikalisches Hobby gesteckt. «Es waren jeweils lange Tage. Vom Aufbau, über den Vortrag bis zum Abräumen. Speziell, wenn wir an der Sissacher Fasnacht jeden Abend aufgespielt haben», sagt Emil. Er kann sich noch gut an einen Auftritt im ehemaligen Restaurant Bölchen erinnern. Erschreckt ob der elektrischen Gitarren hat ein älterer Gast immer die Ohren zugehalten. Bei Handorgel und Klarinette hat er seine Hände von den Ohren genommen und hat glückselig gestrahlt. Willi: «Je älter ‹die Gastig› gewesen ist, desto erfolgreicher waren wir.» Das hatte unter anderem auch damit zu tun, dass das Trio in einer Lautstärke spielte, bei der die Gäste keinen Gehörschaden davontrugen.
Mit der Zeit traten die Abt-Brüder etwas kürzer. Berühmt-berüchtigt sind die «Örgelifeste» am Allmendweg in Sissach, die ab 1983 achtmal durchgeführt worden sind und jeweils bis 130 Zuhörer angezogen haben. Im Jahr 2003 – nach rund 800 Auftritten – war dann Schluss: Die drei zogen sich von der Showbühne zurück. Nicht aber von der Musik:
Emil singt seit 50 Jahren beim ehemaligen Männerchor «Frohsinn» und nach dessen Auflösung beim «Liederkranz» mit. Ernst, nachdem er lange Jahre als Saxofonist bei den «Silverhorns» von Thomas Heid mitgemacht hat, widmet sich vermehrt seiner Handorgel und war viele Jahre Sängervater bei der Senioren Wandergruppe der Männerriege Sissach. «Es tut gut, wenn man singt», stellt Ernst fest. An Willis musikalische Laufbahn erinnert nur noch ein verstaubtes «Drümmeli» auf dem Estrich.
Die nächsten Jubiläumsanlässe Laufend: Alte Gemälde und Zeichnungen hängen aktuellen Bildern von Ernst Rudin gegenüber. Die Ausstellung kann zu den Schalteröffnungszeiten im Gemeindehaus besichtigt werden.
17. Oktober: Kunstprojekt Sichtwechsel. Vernissage auf dem Friedhof in Sissach um 16.30 Uhr.
17. und 18. Oktober: «Hanny-Moolerei» (III).Interaktives Projekt mit Musik, Malerei und Publikum.
17. und 18. Oktober: «Kultournacht».
17. Oktober bis 13. November: Ausstellung: «Die Sissacherin Ursula Graf und ihre Seidenstrassen.», «China-House».