Teil 4: Einer Biosecurity-Inspektion unterzogen
Die Tage auf hoher See vergehen wie die Wellen um uns herum. Wir haben knapp die Hälfte der Strecke nach Australien hinter uns gelegt, da wendet sich das Wetter. Nicht hin zum Sturm, sondern zur Flaute. Für eineinhalb Tage fahren ...
Teil 4: Einer Biosecurity-Inspektion unterzogen
Die Tage auf hoher See vergehen wie die Wellen um uns herum. Wir haben knapp die Hälfte der Strecke nach Australien hinter uns gelegt, da wendet sich das Wetter. Nicht hin zum Sturm, sondern zur Flaute. Für eineinhalb Tage fahren wir unter Motor, bis wieder genügend Wind in die Segel bläst. Unser Alltag besteht aus Kochen, Abwaschen, Lesen und Berichteschreiben. Seit unserer Abfahrt in Neukaledonien haben wir weit und breit kein anderes Schiff gesehen, auch keine Meeressäuger.
Dafür erleben wir die Faszination von Langfahrten auf offener See mit spektakulären Sonnenauf- und -untergängen, majestätisch dahinrollenden Wellen und klaren Nächten mit freier Sicht auf den Sternenhimmel. Ein besonderes Ereignis ist der grösste Supermond dieses Jahres, der am 5. November gross und hell am Himmel sichtbar ist. In solchen Momenten wird einem immer bewusst, wie klein wir Menschen sind und wie wichtig Achtsamkeit im Umgang mit unserer Umwelt ist. Nach sechs Tagen auf offener See taucht Australien am Horizont auf.
Wir haben etwas über 800 Seemeilen (ca. 1500 Kilometer) hinter uns. Bis zum Southport Yacht Club, einem offiziellen Ersteinreisehafen, sind es noch gut 20 Seemeilen. Wir hissen die gelbe internationale Quarantäneflagge, die zeigt, dass wir aus dem Ausland kommen. In der Nacht legen wir am zugewiesenen Quarantänesteg an. Wir müssen an Bord bleiben, bis das Schiff und wir kontrolliert und freigegeben sind. Am nächsten Morgen um 7.30 Uhr treffen die Beamten ein. Drei von der Australian Border Force, die für Zoll und Immigration zuständig sind, und einer vom Department of Agriculture, Water and the Environment, der für die Biosecurity zuständig ist.
Die Immigrationsbeamten verlangen Einsicht in alle Dokumente, wie Schiffspapiere und die Crew-Liste. Sie stellen viele Fragen, auch zur bisherigen Segelroute von Tom der letzten zehn Jahre. Sie prüfen auch die elektronische Reisebestätigung (ETA) und die Incoming Passenger Card, die mit den Einreiseformularen für Flugreisende vergleichbar sind. Die Biosecurity-Inspektion ist sehr gründlich. Das gesamte Schiff wird innen und aussen inspiziert. Wir müssen nur wenige Lebensmittel entsorgen. Schade ist es um das gefrorene Hackfleisch, das ebenfalls in die Biotonne wandert.
Der gesamte Prozess dauert 90 Minuten und kostet 400 Franken. Nach der erfolgreichen Freigabe dürfen wir das Schiff verlassen und offiziell australischen Boden betreten. Jetzt kann die Etappe mit dem Küstensegeln bis Sydney beginnen. Der Start ist harzig.
Jo Krebs
Jo Krebs segelt seit Jahrzehnten. Der einstige Versicherungsexperte leitete unter anderem bei der PostFinance AG strategische Projekte, ehe der Gelterkinder 24 Jahre lang Kommunikationschef bei Primeo Energie war. Der 65-Jährige berichtet in dieser Reihe jede Woche von der Überfahrt von Neukaledonien nach Sydney, bei der er einen Weltumsegler auf dessen Katamaran unterstützt.