Über den Aufstieg reden die anderen
28.03.2025 Fussball, SportAm Wochenende starten die besten Frauen und Männer des SV Sissach in die Rückrunde. Die Erstligistinnen liegen auf dem zweiten, die Viertligisten auf dem ersten Platz. Von einem Aufstieg wollen aber die Trainer nichts wissen.
Alan Heckel
Der SV Sissach ...
Am Wochenende starten die besten Frauen und Männer des SV Sissach in die Rückrunde. Die Erstligistinnen liegen auf dem zweiten, die Viertligisten auf dem ersten Platz. Von einem Aufstieg wollen aber die Trainer nichts wissen.
Alan Heckel
Der SV Sissach wurde 1909 gegründet – ein Jubiläum steht also nicht so bald an. Dennoch könnte es sein, dass es in den nächsten Monaten etwas zu feiern gibt. Grund dafür ist das gute Abschneiden der beiden «Aushängeschilder» des Vereins in der Vorrunde. Das «Eins» der Männer führt die 4.-Liga-Gruppe a mit vier Punkten vor dem FC Amicitia Riehen an, während die Frauen in der Gruppe 1 der 1. Liga punktgleich mit Leader Düdingen auf Rang 2 liegen. Klar, dass da innerhalb des SVS schon der eine oder die andere das Wort «Aufstieg» in den Mund nimmt.
Vor allem die Klassierung der Frauen überrascht, sind die Sissacherinnen doch erst auf diese Saison hin aufgestiegen. «Mir war klar, dass das Team Qualität hat», sagt Patrick Ivanovic, gesteht aber, eine dermassen gute Hinrunde «nicht erwartet» zu haben. Der Trainer führt die guten Leistungen und Resultate auf die Bereitschaft der Spielerinnen zurück, mehr zu investieren als noch in der 2. Liga. Neu wird drei- statt zweimal pro Woche trainiert, und die Anreise zu den Auswärtsspielen ist auch bedeutend länger. Trotzdem konnte Ivanovic meist auf sämtliche Leistungsträgerinnen zurückgreifen.
Mit Ausnahme von Melina Metzger – die zweitbeste Torschützin des Teams hat zur U20 des FC Aarau gewechselt – konnten alle wichtigen Kräfte gehalten werden, auch Luana Pricoli. Die Nordwestschweizer Fussballerin des Jahres und Topscorerin der Liga (15 Treffer) wird trotz mehrerer Angebote weiterhin Rotweiss tragen. «Luana ist Sissacherin und fühlt sich sehr wohl bei uns», erklärt ihr Trainer und bestreitet, von der Mittelstürmerin abhängig zu sein. «Solange sie bei uns ist, freuen wir uns aber über ihre Tore …»
Aus dem Vollen schöpfen
Drei Abgängen stehen sechs Neuzuzüge, darunter Rückkehrerin Fabienne Saladin, gegenüber. Die Neuen sind bestens integriert, auch weil das Team gemäss Ivanovic eine «coole Trainingswoche» im türkischen Antalya verbracht hat. Nun sind die Sissacherinnen bereit für die Rückrunde. Mit Ausnahme von Selin Kirat, die wegen einer Oberschenkelverletzung länger ausfällt, kann der Trainer aus dem Vollen schöpfen.
Auf das Saisonziel angesprochen, mahnt Patrick Ivanovic zu Realismus: «Wir sind der Aufsteiger, das darf man nicht vergessen.» Der 31-Jährige würde sich darüber freuen, auch am Ende unter den ersten Drei zu sein. «Denn einen Mittelfeldplatz als Ziel auszurufen, ist mir zu wenig ambitioniert», so der Trainer, der natürlich weiss, dass die Punktedifferenzen zwischen den Teams gering sind. Selbst der Tabellensiebte Renens hat nur sechs Punkte weniger als Sissach. «Drei, vier schlechtere Wochen können einem die ganze Saison verderben.»
«Kapitale Spiele»
Die Waadtländerinnen, die dem SVS eine von bisher zwei Meisterschaftsniederlagen zufügten, sind auch die ersten Gegnerinnn im neuen Jahr. Danach folgen das Derby gegen den FFV Basel und der Gang zu Tabellenführer Düdingen. «Das sind kapitale Spiele», weiss Patrick Ivanovic, der den Fokus auf die Partie in Renens gerichtet hat. «Mit den Westschweizerinnen haben wir noch eine Rechnung offen. Ich bin zuversichtlich, dass uns die Revanche gelingen wird.»
Mit Revanchen müssen sich die Männer der ersten Mannschaft des SV Sissach dagegen nicht beschäftigen. Die Equipe ist ungeschlagen durch die Vorrunde marschiert – entsprechend zufrieden blickt Luca Masi auf die erste Saisonhälfte zurück: «Die Mannschaft hat über weite Strecken gezeigt, was sie kann, stetig Fortschritte gemacht und eine gute Konstanz an den Tag gelegt.» Kein Wunder, sagt der Trainer, «dass wir gerne weitergespielt hätten.» Ihm kam die Winterpause «elend lang» vor, entsprechend lag die grösste Herausforderung während der Rückrundenvorbereitung darin, die Spieler nicht zu überbelasten.
In den fünf fussballfreien Monaten wurde den Sissachern nicht langweilig, denn Masi verband den Aufbau der Grundfitness nicht nur mit läuferischen Übungen, sondern liess seine Spieler viel mit dem Ball trainieren. Dazu erhielten alle Spieler ein kleines «Ämtli» mit persönlichen Zielen. Ob sie ihre individuellen Ziele erreichten hatten, wurde anhand von Tests gemessen. «Das machte einen guten Eindruck auf die Jungs», verrät der Trainer, der sich für diese für einen Viertligisten ungewöhnliche Massnahme von seiner Tätigkeit beim FC Basel, wo er als Co-Trainer der U14 fungiert, inspirieren liess. So machten die Rot-Weissen auch während der Winterpause Fortschritte.
Die Serie der Ungeschlagenheit wurde übrigens ausgebaut, denn die Sissacher blieben auch in den fünf Testspielen ohne Niederlage (vier Siege, ein Remis).
Tabellenführer ein Bein stellen
Das Gesicht des Teams hat sich nicht gross verändert. Aaron Cansu beendete seine Karriere, dafür tragen Muhammed Cavdir (SC Münchenstein), Marco Kappenberger (Deutschland) und Jimmy Vieira (Pause beendet) neu das rot-weisse Dress. Letzterer fällt allerdings wegen einer Schulterverletzung sechs bis acht Wochen aus. Weil Raphael Roggli von seiner Reise zurück ist, hat der Trainer aber immer noch genug Optionen auf den Flügelpositionen.
Das 24-Mann-Kader ist eine Mischung aus aufstrebenden, jungen und erfahrenen Spielern. In jeder Reihe steht (mindestens) ein Leader, der die anderen mitzieht. Dazu integrierte Trainer Masi mehrere B-Junioren in die Wintervorbereitung. Einige von ihnen könnten auf die kommende Spielzeit hin den Sprung ins «Eins» schaffen. Die Voraussetzungen, um den Aufstieg in die 3. Liga zu schaffen, sind also gegeben. Explizit darüber sprechen möchte Luca Masi wie schon Patrick Ivanovic nicht. «Das machen schon genügend andere im Verein …»
Der ebenfalls 31-jährige Masi hält sich lieber an die alte Fussballerweisheit, ein Spiel nach dem anderen zu nehmen, und warnt: «Was in der Vorrunde war, ist abgehakt. Die Bestätigung ist das Schwierigste, denn jeder will dem Tabellenführer ein Bein stellen.» Das erste Team, das es in diesem Jahr versuchen will, ist der siebtplatzierte FC Münchenstein. Der grösste Konkurrent um Platz 1 dürfte allerdings der FC Dardania sein, der in der Winterpause personell ziemlich aufgerüstet hat. Ende Mai müssen die Sissacher zum Saisonabschluss ins Pfaffenholz zu den Baslern. Luca Masi hofft, dass seine Truppe den Vier-Punkte-Abstand auf die Konkurrenz bis dahin halten oder weiter ausbauen kann. «Auf einen Showdown im Hexenkessel Pfaffenholz im letzten Match kann ich gerne verzichten …»
Frauen: FC Renens – SV Sissach, Sonntag, 30. März, 15 Uhr, Stade sportif du Croset, Ecublens (VD). Männer: FC Münchenstein – SV Sissach, Samstag, 29. März, 20 Uhr, Sportplatz Au, Münchenstein.