Arzneimittel auf 1700 Quadratmetern
20.08.2024 LausenDas Tonwerk Lausen wurde von der industriellen Produktionsstätte zum Ort für Gewerbe und Wohnen. Wo einst Ziegel und hitzebeständige Steine gebrannt wurden, gehen heute rund 20 Unternehmen unterschiedlicher Branchen ihrer Tätigkeit nach. Neuster Zuzug ist die Gebro Pharma ...
Das Tonwerk Lausen wurde von der industriellen Produktionsstätte zum Ort für Gewerbe und Wohnen. Wo einst Ziegel und hitzebeständige Steine gebrannt wurden, gehen heute rund 20 Unternehmen unterschiedlicher Branchen ihrer Tätigkeit nach. Neuster Zuzug ist die Gebro Pharma AG.
Christian Horisberger
Am vergangenen Freitag wurde im Tonwerk Lausen der Zuzug eines weiteren Mieters gefeiert: Die Liestaler Gebro Pharma AG. Sie hat im Dachgeschoss des früheren Ofenhauses Nord entlang der Bahnlinie ihr neues Logistikzentrum eingerichtet. Von hier aus werden nun jährlich rund 2,5 Millionen Arzneimittelpackungen ausgeliefert an Spitäler, Apotheken, Drogerien, Arztpraxen und Grosshandelsfilialen in der ganzen Schweiz.
Das Lager hat eine Fläche von 1700 Quadratmetern mit 1500 Palettenplätzen. Bedient wird es manuell von vier Mitarbeitenden. Die grosse Herausforderung für ein Arzneimittellager ist die Temperatur, wie CEO Marcel Plattner bei einem Rundgang ausführte. Sie dürfe 15 Grad nicht unter- und 25 Grad nicht überschreiten. Um dies zu gewährleisten, wurde das Dachgeschoss des alten Gebäudes bestmöglich isoliert und werde klimatisiert. Zudem seien die zertifizierten Lagerräume mit Sensoren ausgestattet, um die Temperaturen zu überwachen und aufzuzeichnen. Jeweils einen sechsstelligen Betrag hätten die Vermieter und die Mieter in den Umbau des Dachgeschosses investiert.
Einen neuen Lagerstandort brauchte die Gebro, weil der bisherige in Zeiningen aus allen Nähten platzte. Für das Tonwerk, wo nun etwa dreimal so viel Lagerfläche zur Verfügung steht, habe man sich wegen der Nähe zu Liestal und zum Bahnhof sowie aus Gründen der Nachhaltigkeit entschieden, sagt der CEO. Der Umzug vom Fricktal nach Lausen erfolgte bereits Ende Juli. Der Bedarf an Lagerfläche dürfte für längere Zeit gedeckt sein; sie ist laut Plattner erst zu 50 bis 60 Prozent belegt.
Rund 20 Unternehmen
Gefeiert wurde der grosse Tag im Erdgeschoss, im mit Ballons geschmückten Veranstaltungslokal des Tonwerk-Areals. Mit der Gebro sind es nun rund 20 grössere und kleinere Unternehmen, die in den Räumen und Hallen des früheren Industriebetriebs ein Domizil gefunden haben. Die wohl bekannteste Mieterin ist die Post, die hier 2020 ihr neues Verteilzentrum fürs obere Baselbiet eröffnet hat.
Die Redner-Liste an der Einweihungsfeier war prominent besetzt: Neben dem Vorsteher der Baselbieter Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion (VGD), Thomi Jourdan, kamen Nationalrätin Daniela Schneeberger, der Lausner Gemeindepräsidenten Peter Aerni und Daniel Spinnler, Stadtpräsident von Liestal, wo sich der Verwaltungssitz der Gebro befindet, zu Wort. Ausserdem hiess Tonwerk-Verwaltungsratspräsident Richard Dold die neue Mieterin im Tonwerk willkommen. Unter die Gäste mischten sich zudem der Baselbieter Wirtschaftsförderer Thomas Kübler und Finanzdirektor Anton Lauber.
Wie CEO Marcel Plattner sagte, sei es Daniela Schneeberger gewesen, die ihn vor zehn Jahren davon überzeugt habe, am Standort Liestal festzuhalten. Diese wiederum gab ihrer Freude darüber Ausdruck, «so ein Unternehmen hier zu haben». Dies für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts und als Anbieter von Arbeitsplätzen.
Von einem Feiertag sowohl für die Region als auch für ein vitales und erfolgreiches Unternehmen, das sich im umkämpften Arzneimittelmarkt behaupte, sprach Regierungsrat Jourdan. Seine Anerkennung gelte dem unternehmerischen Erfolg der Gebro, wobei er die Mitarbeitenden als wichtigen Erfolgsfaktor mit einschloss.
Beim Faktor Mitarbeiter hakte der Liestaler Stadtpräsident ein. Die Verantwortlichen des Pharmaunternehmens hätten sich nicht zuletzt deshalb für den Hauptsitz in Liestal entschieden, da die Stadt den Gebro-Angestellten mehr zu bieten habe, «als ein Autobahnkreuz wie Härkingen». Aktuell sei Liestal im Bereich Life Science eher schlecht aufgestellt, sagte Spinnler weiter. Um weitere gewinnen zu können, habe die Stadt einen «Gesundheits-HUB» eingerichtet, in den der Gebro-Geschäftsführer das Branchen-Know-how einbringe.
Dass die Gebro AG ihr neues Logistikzentrum nun in Lausen eingerichtet hat und nicht etwa in Liestal, nimmt Spinnler sportlich: «Wenn Lausen prosperiert, gilt dies auch für den Verwaltungssitz in Liestal.» Spinnlers Lausner Amtskollege Peter Aerni erinnerte an die mehr als 152-jährige Geschichte des Tonwerks, und er verknüpfte die Vergangenheit mit der Zukunft: Damals sei gebrannte Tonerde von Lausen in alle Welt versandt worden, heute die Produkte der Gebro AG ins ganze Land. VGD-Vorsteher Jourdan wertete die Transformation des Tonwerks als Sinnbild für die Wandlungsfähigkeit von Menschen, Gesellschaft, Wirtschaft, Gemeinde und Kanton und die historische Bausubstanz als ein Zeichen für die Identifikation sowohl mit der eigenen Geschichte als auch der Gegenwart.
Mutterhaus in Österreich
Die Gebro Pharma AG ist das Schweizer Tochterunternehmen der österreichischen Arzneimittel-Herstellerin Gebro Holding. Seit 1985 hat der Schweizer Ableger seinen Sitz in Liestal. Die Gebro AG ist auf den Vertrieb von verschreibungspflichtigen und frei verkäuflichen Medikamenten in den Bereichen Rheumatherapie, Husten, Erkältung und Schmerztherapie spezialisiert. Ausserdem werden Produkte von ausgewählten Partnerfirmen vertrieben. Für Präparate aus dem Ausland begleitet die Gebro AG auch die Zulassung in der Schweiz. Zu den bekannteren Produkten der Firma gehören Soufrol und Metoject (Rheuma), Prosens (Nasen- und Rachenspray), Gelodurat (Erkältung) und Pennsaid (Schmerzen). Das Unternehmen beschäftigt in den Bereichen Zulassung, Qualitätssicherung, Marketing und Vertrieb in Liestal, Lausen und im Aussendienst rund 50 Mitarbeitende.