Am Kunstrasen führt kein Weg vorbei
22.11.2024 DiegtenSowohl der FC Oberdorf als auch der FC Diegten-Eptingen müssen ihre Kunstrasenplätze sanieren. Ohne entsprechende Kredite droht die Schliessung der Plätze – für beide Vereine eine Existenzfrage.
Elmar Gächter
An den ...
Sowohl der FC Oberdorf als auch der FC Diegten-Eptingen müssen ihre Kunstrasenplätze sanieren. Ohne entsprechende Kredite droht die Schliessung der Plätze – für beide Vereine eine Existenzfrage.
Elmar Gächter
An den nächsten Gemeindeversammlungen in Diegten und in Oberdorf stehen für zwei Fussballvereine wichtige Entscheidungen an. In Diegten befindet der Souverän am 28. November über einen Kredit von 400 000 Franken, in Oberdorf beantragt der Gemeinderat für die Versammlung vom 5. Dezember einen Investitionsbeitrag von 530 000 Franken. In beiden Fällen geht es um die Erneuerung der Kunstrasen. Diese haben ihre prognostizierte Lebensdauer von 12 bis 15 Jahren erreicht beziehungsweise überschritten, in Oberdorf mit 17 Jahren deutlich.
Für beide Vereine, den FC Diegten-Eptingen wie auch den FC Oberdorf, steht nichts Geringeres als ihr weiterer Spielbetrieb zur Diskussion. Martin Hofer, der die Baukommission für das Projekt auf der Sportanlage z’Hof in Oberdorf leitet, brachte es am Informationsanlass von dieser Woche auf den Punkt: «Wenn wir den Kunstrasen nicht ersetzen können, müssen wir aus Sicherheits- und aus ökologischen Gründen den Platz im kommenden Sommer schliessen.» Nicht weniger als 270 aktive Mitglieder, darunter ein Grossteil Kinder und Jugendliche, müssten in Oberdorf auf ihren geliebten Sport verzichten, nicht anders in Diegten, wo es laut Vereinspräsident Tobias Senn für die 110 Junioren und 45 Aktiven keine Alternative zum Kunstrasenplatz gibt (siehe Kasten).
Kein Platzmangel im Baselbiet
Fussball erfährt bei den Juniorinnen und Junioren sowohl gesamtschweizerisch als auch in der Nordwestschweiz seit geraumer Zeit einen regelrechten Boom. So ist die Zahl der Lizenzierten in der Region in den vergangenen acht Jahren von 16 000 auf mehr als 22 000 angestiegen. «Diese enormen Zuwächse verlaufen nicht nur mit Peaks im Umfeld von grossen internationalen Turnieren, sondern auch linear», wie Daniel Schaub, Präsident des Fussballverbands Nordwestschweiz auf Anfrage der «Volksstimme» mitteilt.
Während in Basel Platzmangel herrscht, ist das Angebot an Fussballplätzen im Baselland, speziell im Oberbaselbiet, laut Schaub gut und die Dichte an Kunstrasenfeldern grundsätzlich ausreichend. Neben grosszügigen Anlagen gebe es aber auch punktuelle Engpässe und Ausbaupotenzial, insbesondere bei Vereinen, die nur ein Spielfeld zur Verfügung hätten. Aktuell verfügen neben Diegten und Oberdorf auch Gelterkinden, Sissach, Bubendorf, Liestal und Frenkendorf über Kunstrasenplätze. Diese entstammen mehrheitlich der Aktion aus dem kantonalen Sportanlagen-Konzept Kasak 2 aus den Jahren 2005 – 2008, wie Thomas Beugger, Leiter des Sportamts, festhält.
Die Erstellung eines neuen Kunstrasens kostet laut Schaub rund einen Drittel mehr als ein Naturrasen, dies werde jedoch über den geringeren Unterhalt und vor allem über die rund dreimal höhere Nutzungsziffer mehr als kompensiert. «Kunstrasen bieten eine sinnvolle Alternative, insbesondere im Hinblick auf die deutlich erhöhte Belegungskapazität, vor allem ausserhalb der Vegetationszeit, in der Naturrasen nur beschränkt oder gar nicht nutzbar sind. Kunstrasen ermöglichen auch im Winter Outdoor-Trainings und können so zur Entlastung von Hallenbelegungen nützlich sein», erläutert Beugger.
«Beschämender Beitrag»
An die Sanierung von Kunstrasenfeldern von Gemeinden, die aus Geldern von Kasak 2 mitfinanziert wurden, entrichtet der Kanton keine Zuschüsse, also auch nicht in Diegten. Anders ist die Ausgangslage in Oberdorf, dessen Spielfeld vom FC betrieben und unterhalten wird und dem die Bauherrschaft über die geplante Sanierung obliegt.
Die Mitglieder der Baukommission mit je zwei Vertretern des FC und des Gemeinderats betonten am Infoanlass die spezielle Situation des FC Oberdorf. Als Baurechtsnehmer ist er alleinverantwortlich für den ganzen Betrieb und Unterhalt der Anlage und erhält von der Gemeinde eine jährliche Pauschalentschädigung von 40 000 Franken. «Die effektiven Kosten liegen jedoch höher und gehen voll zulasten des Vereins. Dazu kommen die ungezählten ehrenamtlichen Stunden, die unsere Mitglieder für den Unterhalt leisten», hob Vereinspräsident Hansjörg Regenass hervor. Laut Martin Hofer ist dies ein «Riesenbeitrag», den der FC an die Gesellschaft und vor allem die Jugend leiste und damit auch den Gemeindeaufwand entlaste.
Den Ersatz des Kunstrasens budgetieren FC und Gemeinde auf 770 000 Franken. Fest zugesichert ist inzwischen der Beitrag des Swisslos Sportfonds von 185 000 Franken. 5000 Franken stammen von umliegenden Gemeinden, aus denen Vereinsmitglieder am aktiven Geschehen des FC Oberdorf teilnehmen. Ein Teilnehmer am Anlass sprach von einem «beschämenden Beitrag». 50 000 Franken will der Verein durch diverse Veranstaltungen selber beisteuern. Zur Frage, wie gross der Vereinsvorstand oder der Gemeinderat die Chancen für einen erfolgreichen Entscheid an der Gemeindeversammlung einschätzen, wollten die Verantwortlichen sich nicht konkret äussern. Aufgrund der vielen kritischen Fragen am Informationsanlass braucht es wohl noch Überzeugungsarbeit. Tatsache ist aber, dass Oberdorf angesichts seiner schlechten Finanzsituation über keine Mittel verfügt, die Investitionen mit eigenen Mitteln bestreiten zu können.
Kunstrasen in Diegten
emg. Laut Tobias Senn, Präsident des FC Diegten-Eptingen, hat sich der Kunstrasen, der vor 15 Jahren eingebaut worden ist, zu 100 Prozent bewährt. «Er ist für den Verein enorm wichtig, vor allem, weil wir bei Schlechtwetter nicht auf Nebenplätze ausweichen können.» Nun habe der Kunstrasen jedoch ein Alter erreicht, wo der Spielfluss und die Sicherheit der Spieler nicht mehr gewährleistet werden könnten und er ersetzt werden müsse. Der Vereinsvorstand sei sich bewusst, dass 400 000 Franken viel Geld sei, ist jedoch überzeugt, dass die Bevölkerung wisse, was sie an ihren Vereinen habe und dass man in die Infrastruktur investieren müsse, um als Gemeinde attraktiv zu bleiben. Wie alle anderen Vereine in Diegten werde der FC Diegten-Eptingen dafür geschätzt, was er für die Jugendförderung, die sportliche Betätigung und die Gesellschaft leiste.
Der Platz gehört im Gegensatz zu Oberdorf der Gemeinde, für den Unterhalt ist aber – gestützt auf eine Nutzungsvereinbarung – auch in Diegten der FC zuständig. Die jährlichen Betriebskosten für das Kunstrasenfeld gehen zulasten des Vereins. Der FC erhält von der Gemeinde einen Betriebskostenbeitrag von 7500 Franken pro Jahr. Die Verantwortung für den Ersatz des Rasens und der Leuchten trägt jedoch die Gemeinde. «Wenn wir weiterhin den Spielbetrieb auf der ‹Hofmatt› aufrechterhalten wollen, führt kein Weg am Ersatz des Kunstrasens vorbei. Die Unfallgefahr steigt stetig. Wird der Platz nicht in nützlicher Frist saniert, können wir nicht mehr spielen», so die klaren Worte von Tobias Senn. Es liege nun am Vorstand, den Einwohnerinnen und Einwohnern aufzuzeigen, dass der Kunstrasen überlebenswichtig sei, sodass ein Ja an der Gemeindeversammlung zustande kommen kann.