Abschalten, durchstarten
18.07.2025Ja, das Abschalten ist so eine Sache. Zehn Tage war ich mit meinem Mann in den Ferien in Frankreich an der Atlantikküste. Ein wunderschöner Ort, doch ich hatte Mühe abzuschalten. Mich plagten Gedanken: Habe ich genug gemacht? Der Sommer vergeht schnell, liegt eine Auszeit drin? Wo ...
Ja, das Abschalten ist so eine Sache. Zehn Tage war ich mit meinem Mann in den Ferien in Frankreich an der Atlantikküste. Ein wunderschöner Ort, doch ich hatte Mühe abzuschalten. Mich plagten Gedanken: Habe ich genug gemacht? Der Sommer vergeht schnell, liegt eine Auszeit drin? Wo steht meine Konkurrenz? Habe ich im Büro nichts vergessen, jemand wartet bestimmt noch auf eine Antwort!
Da spüre ich manchmal, dass mein Job, der Sport, das Privatleben, die Freizeit und so weiter sehr nahe beieinander liegen – was wiederum ein wahnsinniges Privileg ist, wenn man so ein Leben führen darf. Nach vielen aufbauenden Worten meines Mannes und vier Tagen gelang es mir doch, einen Cut zu machen. Mit dem Bike erkundeten wir die schöne Gegend. Wir waren viel in Bewegung, aber immer nur so, wie es uns gerade danach war. Dies tat sehr gut und ich konnte mich richtig erholen. Ich musste schmunzeln, als ich kurz nach den Ferien bei einer grossen Firma ein Referat zum Thema Resilienz hielt. So oft fühle ich mich selbst doch auch nur bedingt resilient.
Nach dieser Pause habe ich spürbar neue Energie für mein tägliches Training gewonnen. Dies hilft mir auch hier, gerade sind wir nämlich mit dem Team in Papendal im Trainingslager. Ich habe mich sehr gefreut, meine Kameraden wieder zu sehen, habe sie tatsächlich ein wenig vermisst. Das Olympische und Paralympische Trainingszentrum in den Niederlanden ist ein kleines Paradies für Sportler; auf etwa 132 Hektaren gibt es wirklich so gut wie alles. Da das niederländische Para-Snowboard-Nationalteam mit uns gemeinsam trainiert und in der Regel immer zu uns in die Berge reist, haben wir nun einmal den Spiess umgedreht. Zudem ist es sehr interessant, Einblick in das Angebot hier zu bekommen.
Die Tage sind vollgepackt. Am Morgen sind wir im Kraftraum, wo wir mit unseren individuellen Plänen an Kraft und Ausdauer arbeiten. Nach dem Mittag gibt es eine bunte Mischung von möglichen Trainings. Pumptrack, Trampolin, Wakesurfen, Fahrrad fahren, Tennis oder Golf spielen. Und am Abend steht noch die Erholung im Vordergrund. Jede Einheit bringt ihre eigenen Besonderheiten mit sich. Doch neben der Fleissarbeit steht auch der Spassfaktor weit oben im Team. Zudem pushen wir einander und tauschen uns aus, wo wir gerade stehen und was uns herausfordert oder motiviert.
Besonders gut gefällt mir in dieser Anlage die Atmosphäre, wie die Para- mit den anderen Athleten unterwegs sind. Ungeachtet von Einschränkungen oder Differenzen geben alle ihr Bestes und arbeiten hart für ihre Ziele. Was einmal mehr zeigt, wie Sport Menschen verbindet.
Romy Tschopp
Vom Rollstuhl aufs Snowboard: Die Sissacherin Romy Tschopp wurde 1993 geboren und ist die erste Schweizer Para-Snowboarderin, die an Paralympischen Spielen teilnehmen konnte. Sie wurde 2023 Vizeweltmeisterin im Snowboardcross.