MUNDART
09.10.2025 PersönlichLiebi Lüt
D Empathie isch die gröschti Schwächi vo der Menschheit. Das het der rychscht Maa vo der Wält gsäit. Uf mym Smartphone-Bildschirm. Grad jetz. I bi in der Schlange gstande, vor der Beckerei und ha uf em Handy ummedruckt. Und uf Social Media  ...
Liebi Lüt
D Empathie isch die gröschti Schwächi vo der Menschheit. Das het der rychscht Maa vo der Wält gsäit. Uf mym Smartphone-Bildschirm. Grad jetz. I bi in der Schlange gstande, vor der Beckerei und ha uf em Handy ummedruckt. Und uf Social Media isch mir der Musk erschiine, wo verzellt, ass d Empathie e Schwächi syg. Und erscht no die Gröschti. Mischt, hani dänkt. Das hani nid gwüsst. Dämfall hani mys ganze Läbe lang, ganz vill falsch gmacht. Aber nid nummen I, dä dört äänen au. Vor der Beckerei het en Autofahrer aaghalte. En elteri Frau isch über e Fuessgängerstreife spaziert. Der Autofahrer het ere fründlig gwunke. Sehr empathisch! Sehr schwach! Do weer der Musk gar nid zfride. Wenn im Auto sitzisch, bisch immer steercher. Das sött allne bewusst sy. Wäge däm gits kei vernünftige Grund, bimene Fuessgängerstreifen aazhalte. Do fahrsch. Süscht chunnsch nid wyt im Läbe. Und z spot zum nögschte Termin. Eifach wils guet meinsch mit de Mensche. Truurig. Nei du, Empathie? Ussortiere, das Züüg. Am Egge vorne het öbber s Altglas sortiert. Jedi Fläschen in die richtigi Tonne. Au das: Schwach! Aso bitte. Das isch e riisen Ufwand. Schiess das Züüg doch eifach ime Sack ab em Balkon und fertig isch. Und weisch, was hinde dry schiessisch? D Empathie. Und d Hemmige. Und d Prinzipie.
Hesch e Fehler gmacht? Gib den andere d Schuld. Problem glöst. Wenn der Vermieter frogt, wär do gopferdeckel s Glas ab em Balkon gworfe het, säisch: «Das isch d Noochbere gsi.» Und wenn d Lüt im Huus säge, ass das nid stimmt, wil si gseh häi, wie du s Altglas ab em Balkon gworfe hesch, säisch eifach: «Nei, es isch d Noochbere gsi.» Säisch es so mängisch, bis es e paar vom Huus glaube. Das längt scho. Und wenn denn der Fall vors Gricht goht, muesch eifach gnueg Gäld ha. Und weisch, wie an gnueg Gäld chunnsch? Ämmel sicher nid mit Empathie. Mit gnueg Gäld chaufsch dir denn grad s ganze Huus. Denn bisch du der Vermieter. Und als Vermieter, schiessisch all die Lüt uuse, wo gsäit häi, ass du s Altglas ab em Balkon gschosse hesch. Und weisch, was hindedry schiessisch? S Altglas. Das alles funktioniert wunderbar. Es tschegges eifach z wenig. Obwohls die Mächtigschte vormache. Gratis und Franko. Jede Tag. Der Musk säits sogar uf Social Media.
I bi aso in der Schlange gstande vor der Beckerei, won e Frau isch cho z seckle. Ihri Tochter häig hüt Geburtstag, het si gsäit, si chunnt jetz denn grad vo der Schuel hei, und si het ihre no wellen es Schoggi-Makrönli chaufe, öb si ächt schnäll füre dörfti. Alli häi sofort Platz gmacht und si het sich bedankt und het glächlet und das het e Gfühl usglöst. Es starchs. Eis, wo stärcher isch as all dä Schwachsinn, wo die Mächtigschte jede Tag usegüllere. Schad. Schad, ass die momentan Mächtigschte vo der Wält, die gröschti Schwächi vo der Menschheit sy.
Dominik Muheim ist in Reigoldswil aufgewachsen und lebt in Liestal. Er ist freischaffender Kabarettist und Slam-Poet. Er gewann 2017 den Baselbieter Kulturpreis und war 2024 Träger des «Salzburger Stiers».


