BERG & TAL
28.08.2025Meine eigene Rampe
Schon lange spielten mein Team und ich mit dem Gedanken, eine eigene Startsektion zu besorgen. Doch wo stellt man so einen Start bloss auf, und welches Material kommt dem Schnee am nächsten? Der Start ist an jedem Wettkampf meine grösste ...
Meine eigene Rampe
Schon lange spielten mein Team und ich mit dem Gedanken, eine eigene Startsektion zu besorgen. Doch wo stellt man so einen Start bloss auf, und welches Material kommt dem Schnee am nächsten? Der Start ist an jedem Wettkampf meine grösste Knacknuss. Die vielen komplexen Bewegungen auf dem Snowboard, das Gleichgewicht und die Behinderung machen es mir wahnsinnig schwer. Im Vorfeld fehlt jeweils die Zeit, daran lange zu feilen. So blieb der Start immer eine Glücksache: Komme ich darüber? Falle ich hin? Dies hatte logischerweise jeweils grossen Einfluss auf den weiteren Verlauf.
Im Leistungssport reicht es aber nicht aus, auf Glück zu hoffen. Es musste eine Lösung her. Mit meinem Mann und meinem Vater recherchierte ich viel. Wir verglichen Materialien und nach langem Suchen erhielten wir sogar eine passende Fläche für unser Vorhaben. Im Juli konnten wir das Projekt dann realisieren: Eine Sektion mit Startblock, Rampe und zwei Wellen als Holzkonstruktion, die mit Europaletten und Elementen ganz einfach umzugestalten ist. Der Teppich kommt mit seinen harten Borsten dem Schnee erstaunlich nah. Ich gleite mit meinem alten Snowboard viel besser darüber, als wir alle erwartet hatten. Die Sektion ist kleiner, als ich sie auf dem Schnee antreffe, doch die Bewegungen sind exakt dieselben. Nun trainiere ich mit einer Begleitung in einem Keller regelmässig den Start, ein riesengrosser Mehrwert in der aktuellen, sportspezifischen Vorbereitungsphase.
So überschlugen sich wieder einmal die Ereignisse. Gerade wurden nämlich auch meine Sportorthesen fertiggestellt. Die Firma Spiess + Kühne hat bei diesem Pilotprojekt fantastische Arbeit geleistet, und im Austausch mit meinen Physiotherapeutinnen war weiteres wertvolles Fachwissen vorhanden. Die fertigen Orthesen fühlen sich gerade noch ziemlich seltsam und steif an, doch ich denke, die neu dazu gewonnene Stabilität wird sich stark auszahlen.
Nun gilt es, dem Körper die neue Situation schnell beizubringen und ihn möglichst schnell daran zu gewöhnen, um am Ende auf dem Snowboard alles adaptieren zu können. Zurzeit passen die Orthesen noch nicht in den Snowboardschuh – der muss erst noch drum herum gebaut werden. Daher muss ich mich noch gedulden.
Gar nicht so einfach, denn in einer Woche geht bereits das erste Trainingslager auf Schnee los. Es wird langsam ernst. Es wird eine wichtige Saison und ich möchte unbedingt an den Paralympischen Spielen antreten. Gleichzeitig beruhigt es mich, dass ich diesen Sommer alles ausgelotet habe, was in meiner Macht stand, und konsequent hart trainiert habe. Darauf darf und muss ich vertrauen.
Romy Tschopp
Vom Rollstuhl aufs Snowboard: Die Sissacherin Romy Tschopp (1993) ist die erste Schweizer Para-Snowboarderin, die an Paralympischen Spielen teilnehmen konnte. Sie wurde 2023 Vizeweltmeisterin im Snowboardcross.