CARTE BLANCHE
28.02.2025 PolitikBis wohin geht die Freiheit des Einzelnen?
Dominique Zbinden, Landrätin Grüne, Itingen
Die USA gelten als Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten. Da ich aktuell für zwei Monate im «Wilden Westen» ...
Bis wohin geht die Freiheit des Einzelnen?
Dominique Zbinden, Landrätin Grüne, Itingen
Die USA gelten als Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten. Da ich aktuell für zwei Monate im «Wilden Westen» weile, möchte ich gerne einige Eindrücke teilen.
Das wahre Sinnbild für Freiheit der Amerikaner ist ihr Auto. Mit riesigen Autobahnen und sechsspurigen Strassen bis in die Innenstadt ist alles auf dieses Verkehrsmittel ausgelegt. Man steht kaum im Stau, und auch Parkplätze gibt es an den meisten Orten zur Genüge. Kein Wunder also, setzen viele Menschen aufs Auto. Dadurch verlieren viele Orte jedoch an Lebensqualität. Die Städte sind laut und überall stehen Autos herum. Kaum ein Foto, auf dem nicht ein Auto zu sehen ist. Das Hotel am Interstate lässt einem auch nachts nicht vergessen, wer der eigentliche König in diesem Land ist. Soll die Freiheit von Autofahrern über die Freiheit der Bewohner gestellt werden? Diese Frage lässt sich auch auf die Schweiz übertragen, wo zum Glück mittlerweile auch andere Verkehrsmittel stark gefördert werden. Bei politischen Diskussionen über Tempo 30 auf Kantonsstrassen oder die Aufhebung von Parkplätzen tauchen solche Konflikte jedoch immer wieder auf. Ich schätze sehr, dass dabei heute möglichst alle Beteiligten eingebunden werden.
Viele Menschen sind jedoch in der Schweiz noch immer zu wenig in der Raumplanung integriert. Personen mit Behinderungen stehen nach wie vor an verschiedensten Orten vor unüberwindbaren Barrieren. Positiv überrascht hat mich hierzu der Stand in den USA. Viele Orte, die wir besucht haben, waren für Personen im Rollstuhl zugänglich, im Supermarkt gibt es Einkaufszeiten für sensible Personen ohne Musik und Durchsagen, und im Hotel gibt es barrierefreie Zimmer mit Klingeln für Personen mit Hörbehinderungen. Ohne mich speziell darauf zu achten, ist mir diese Offenheit zum Thema Barrierefreiheit aufgefallen. Ich fände es schön, wenn die Schweiz in diesem Punkt noch weiter vorwärtsmachen würde, damit alle Menschen in den Genuss dieser Freiheit kommen können. Natürlich kostet uns als Allgemeinheit auch hier die Freiheit von einzelnen Menschen viel Geld. Ich denke aber, dass es uns das wert sein darf, denn wir wollen alle gerne ohne Barrieren durchs Leben gehen.
Freiheit ist für jede Person etwas anderes. Während meiner Reise habe ich eine Freiheit entdeckt, die wir in der Schweiz haben und ich bisher zu wenig geschätzt habe. Wie praktisch das Auto teilweise doch ist, wird es an manchen Punkten doch eher zum Hindernis. So zum Beispiel auf einer Wanderung. Während ich zu Hause ohne Probleme von Waldenburg über die Bölchenfluh nach Läufelfingen laufen kann und dann von dort wieder mit dem Zug nach Hause, musste ich mit dem Auto immer wieder an meinen Ausgangsort zurück. Unser gut ausgestattetes ÖV-Netz bedeutet für mich eine unglaubliche Freiheit, die ich bestmöglich erhalten möchte.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.