CARTE BLANCHE
17.01.2025 PolitikNein zur Wahlrechtsreform
Michel Degen, Landrat SVP, Liedertswil
Liebe Leserinnen und Leser, am 9. Februar ist wieder Abstimmungssonntag, und Sie haben vielleicht schon die Stimmrechtausweise bekommen. Bei einer der beiden kantonalen Vorlagen, ...
Nein zur Wahlrechtsreform
Michel Degen, Landrat SVP, Liedertswil
Liebe Leserinnen und Leser, am 9. Februar ist wieder Abstimmungssonntag, und Sie haben vielleicht schon die Stimmrechtausweise bekommen. Bei einer der beiden kantonalen Vorlagen, über die Sie abstimmen dürfen, handelt es sich um die neue Wahlrechtsreform unter dem Titel «Einführung des kantonalen Doppelproporzes im Kanton Baselland – Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte». Worum geht es?
Der Landrat wird bekanntlich im Proporz gewählt; dabei wird mit einer mathematischen Formel die Sitzverteilung auf die Parteien und Kandidaten anhand der Stimmen vorgenommen. Nun kann es verständlicherweise nicht immer genau aufgehen, und es kann je nachdem zu Proporz-Glück oder -Pech kommen. Da es – in der Regel bei kleineren Parteien – immer wieder einzelne Fälle gibt, bei denen sogenannte Sitzsprünge auf andere Wahlkreise vorkommen, kam es zu Diskussionen, dass man das Wahlrechtssystem erneuern sollte.
Es gibt viele verschiedene mathematische Modelle, doch keines davon kann perfekt sein, da bekanntlich nur 90 Landratssitze zur Verfügung stehen. Ein Parlament genau den Parteistimmen anzupassen, und auch die Verteilung auf die Regionen zu berücksichtigen, kann somit mathematisch nie genau aufgehen. Es braucht immer einen Kompromiss, selbst dann, wenn man das Parlament vergrössern würde.
Zwar sind die Sitzsprünge in den Einzelfällen ärgerlich für die Betroffenen, aber auch das nun vorgeschlagene neue System wird Sitzsprünge nicht verhindern können. Dafür wird die regionale Verteilung geändert, was dann wiederum eine neue Problematik mit sich bringen wird. So werden zum Beispiel die Randregionen geschwächt, weil alle Wahlkreise bis anhin mindestens sechs Sitze zugute hatten. Mit dem neuen System werden wahrscheinlich gewisse Wahlkreise, wie zum Beispiel der Bezirk Waldenburg, nur noch fünf Sitze, möglicherweise sogar noch weniger, beanspruchen können. Nach dem neuen System wäre nur noch ein einziger Sitz in einem Wahlkreis garantiert.
Das bisherige System hat sich an und für sich bewährt. Die Garantie der sechs Sitze pro Wahlkreis wurde erst 1981 eingeführt, um die Randregionen zu stärken. Sowohl für grosse als auch für kleine Parteien ist die Sitzverteilung angemessen. In den erstellten Gutachten wird zwar viel über die Theorie einer möglichst demokratischen Wahl ausgeführt, es wurden aber die für unseren Kanton spezifischen Eigenheiten und Bedürfnisse nicht berücksichtigt, und auch auf die Handhabung in der Praxis und die Nachteile wurde nicht eingegangen.
Der Aufwand für das neue System lohnt sich also wirklich nicht, und wir befassen uns mit einem unnötigen Luxusproblem. Ich glaube, wir haben ein demokratisches und akzeptiertes Wahlrechtssystem, das wir beibehalten sollten. Eine Änderung bringt keinen Mehrwert, sondern nur neue Probleme und Ungerechtigkeiten. Anstatt uns mit uns selbst zu beschäftigen, sollten wir uns den wirklich wichtigen Herausforderungen unserer Zeit widmen. Ich empfehle Ihnen darum ein Nein zur Wahlrechtsreform.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.