CARTE BLANCHE
10.01.2025 PolitikVom Zuschauer zur aktiven Teilnahme
Simon Tschendlik, Landrat Grüne, Bubendorf
Demokratie ist wie ein alter VW: robust, verlässlich, aber hin und wieder braucht es eine Generalüberholung. Sie ist kein Zustand, der mit einem ...
Vom Zuschauer zur aktiven Teilnahme
Simon Tschendlik, Landrat Grüne, Bubendorf
Demokratie ist wie ein alter VW: robust, verlässlich, aber hin und wieder braucht es eine Generalüberholung. Sie ist kein Zustand, der mit einem eleganten «Fertig!» abgeschlossen wird. Nein, Demokratie ist ein Dauerprojekt, ähnlich dem Streichen eines Gartenzauns, der gefühlt sofort wieder rostet.
Aber beginnen wir mit einem kleinen Ausflug in die Geschichte. In der griechischen Antike nannte man Menschen, die sich nicht um das Gemeinwohl kümmerten, «idiotes». Diese waren keine Vollidioten, wie wir sie heute verstehen, sondern Bürger, die einfach keine Lust hatten, sich an öffentlichen Angelegenheiten und dem demokratischen Prozess zu beteiligen. Eine Art antike Eigenbrötler der Politik. Und einmal ehrlich: Wer will schon mit dieser Kategorie verwechselt werden?
Nun, die Herausforderungen unserer Zeit machen es uns nicht leicht, aktive Demokraten zu bleiben. Ob Klimakrise, Fake News oder die regulären Katastrophen des Alltags – Demokratie fordert unsere Geduld. Und dennoch: Wer sich nicht beteiligt, darf sich später nicht beschweren, wenn der demokratische Motor stottert.
Ein Paradebeispiel, wie Demokratie in der Schweiz gelebt wird, ist der Kampf um das «Ja zur Ehe für alle». Es war nicht nur eine historische Abstimmung, sondern auch ein gutes Beispiel dafür, wie Volksentscheide unsere direkte Demokratie stärken können. Menschen gingen auf die Strasse, führten Debatten am Küchentisch und sorgten dafür, dass ihre Stimme gehört wurde. Das Resultat? Eine klare Mehrheit für Gleichberechtigung – und ein Land, das sich selbst gratulieren konnte.
Was lehrt uns das? Demokratie lebt davon, dass wir alle mitmachen. Das bedeutet nicht, dass wir uns täglich in die Untiefen politischer Details stürzen müssen – das wäre so spannend, wie das Handbuch eines Staubsaugers zu lesen. Aber es bedeutet, dass wir uns interessieren, Fragen stellen und handeln, wenn es darauf ankommt.
Demokratie ist wie ein Garten. Sie blüht nur, wenn wir sie pflegen. Lassen wir die Pflege schleifen, überwuchern uns populistische Wildwüchse, oder wie ein kluger Kopf es formulierte: «Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.»
Es geht aber nicht nur ums «Mitmachen», sondern auch ums Vertrauen. Vertrauen in Politiker, auch wenn das schwerfällt. Vertrauen in Institutionen, die wir stärken müssen. Und Vertrauen in uns selbst, dass wir diesen Prozess dauernd besser machen können.
Und weil Humor hilft, hier noch ein Gedanke: Demokratie ist wie eine Achterbahnfahrt – es gibt Höhen und Tiefen, Schreie und Gelächter. Aber eines ist sicher: Wer nicht einsteigt, verpasst das Abenteuer. Und dieses Abenteuer ist es wert, dass wir uns einbringen, diskutieren und gemeinsam Lösungen finden.
Zum Schluss: Demokratie ist nicht perfekt, aber sie ist das Beste, was wir haben. Sie ist ein Prozess, den wir immer wieder neu gestalten müssen – mit Mut, Engagement und ja, auch mit einem Lächeln. Denn wenn wir eines nicht vergessen dürfen, dann dies: Demokratie lebt von uns – und wir von ihr.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.