CARTE BLANCHE
25.04.2024 PolitikUngeeignet für den Staatsdienst
Johannes Sutter, Gemeindepräsident Arboldswil, SVP
Letzthin ist mir eine alte Geschichte aus meinen frühen beruflichen Versuchen als junger, hoffnungsvoller Jurist in den Sinn gekommen. Inzwischen bin ich ja ...
Ungeeignet für den Staatsdienst
Johannes Sutter, Gemeindepräsident Arboldswil, SVP
Letzthin ist mir eine alte Geschichte aus meinen frühen beruflichen Versuchen als junger, hoffnungsvoller Jurist in den Sinn gekommen. Inzwischen bin ich ja höchstens noch hoffnungsvoll. Nach fünf Jahren des Wirkens im Rechtsdienst des Appenzell Ausserrhoder Baudepartements, bevor ich zurück ins Baselbiet übersiedelte, zitierte mich der Baudirektor, Regierungsrat Köbi Brunnschweiler, zum Austrittsgespräch.
«Wir machen es kurz», sagte er, wie es seine (geschätzte) Art war. Einen besseren Kündigungsgrund als in die Firma des Vaters einzusteigen, gebe es nicht. Und als Bewertung meiner fünf Jahre beim Kanton müsse folgende Qualifikation ausreichen, nämlich das Prädikat «ungeeignet für den Staatsdienst». Etwas perplex fragte ich zurück, wie er denn das meine. «Zu viele Ideen, zu viel Dampf» war die träfe Antwort.
Los liess mich das Engagement im Dienst der öffentlichen Hand danach trotzdem nicht. Auch die Gemeinde ist eine Staatsebene – und als Gemeindepräsident setze ich mich seit gut zehn Jahren für mein Dorf ein. In einem Gemeinderat ist ein tolles Teamklima unabdingbar; genau darauf lege ich es überall an, wo ich tätig sein darf. Unsere Nach-Sitzungen im ehrwürdigen Dorfrestaurant Rudin dauern – bei vollem Ratsbestand – stets mindestens so lange wie die eigentlichen Gemeinderatssitzungen. Ein gutes Zeichen, nicht nur für den Wirt, sondern auch für die Stimmung im Rat.
Schwierigkeiten, wie damals von meinem Chef und Regierungsrat genannt, gibt es auf dieser Staatsebene – jedenfalls in unserem Dorf – nicht: Wenn einer der Kollegen oder ich eine gute oder gar verrückte Idee haben, prüfen wir diese, und setzen sie daraufhin mit viel «Dampf» und unter Mithilfe der Bevölkerung um. Der Nationale Wandertag der Zeitschrift «Schweizer Familie» im Jahr 2018, mit mehr als 3500 Wandergästen in unserer 600-Seelen-Gemeinde, ist dem ganzen Dorf noch in allerbester Erinnerung. Oder auch der Umstand, dass ringsherum reihenweise Dorfläden aufgeben müssen, unsere Gemeinde aber vor fünf Jahren einen 2 Millionen Franken teuren Neubau für den (sehr beliebten) Dorfladen und weitere Räume der Gemeinde gebaut hat. Übrigens mit dem gesamten Gemeinderat in der Baukommission. Ein nächstes Projekt haben wir bereits in Vorbereitung, das Dorffest «800 Jahre – 800 Festmeter» in Arboldswil in zwei Jahren.
Ideen und «Dampf» braucht man manchmal aber auch, wenn man mit der Kantons- und der Bundesverwaltung zu tun hat. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Respekt und Anstand immer helfen. Wie man in den Wald ruft, so tönt es zurück – auch aus den Amtsstuben. Dazu ist Beharrlichkeit wichtig. Man muss gegenüber der Verwaltung für die Anliegen «seiner» Gemeinde oder auch seiner Kunden stark und konstruktiv argumentierend einstehen, was noch immer zum Ziel geführt hat.
Dass ich in einer Wahlempfehlung für meinen Gegenkandidaten für das SVP-Präsidium als «quasi Staatsangestellter dank vielen Staatsaufträgen» betitelt wurde, hat mich insofern schon zu einem grösseren Schmunzeln verleitet: Ausgerechnet mir widerfährt dies, dem für den Staatsdienst Ungeeigneten.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.