CARTE BLANCHE
29.02.2024 PolitikDie Verkehrsinfrastruktur im Kanton
Stefan Degen, Landrat FDP, Gelterkinden
Seit 1980 hat die Bevölkerung des Kantons Basel-Landschaft von 220 000 auf 300 000 Personen zugenommen. Noch von früher ist fast unsere gesamte ...
Die Verkehrsinfrastruktur im Kanton
Stefan Degen, Landrat FDP, Gelterkinden
Seit 1980 hat die Bevölkerung des Kantons Basel-Landschaft von 220 000 auf 300 000 Personen zugenommen. Noch von früher ist fast unsere gesamte Verkehrsinfrastruktur, ausser wenigen Projekten wie dem Chienbergtunnel oder der Verlängerung der A22 von Liestal bis Pratteln. Gleichzeitig haben sich die Arbeitsplätze immer stärker in den Agglomerationsbereich Basel verschoben. Grosse Arbeitgeber wie Maloya oder Bally gibt es kaum mehr im oberen Baselbiet. Entsprechend sieht man die Verkehrsströme am Morgen und Abend zwischen den beiden Kantonsteilen pendeln.
Beim Zug gab es, soweit es die Bahninfrastruktur hergibt, etwas mehr Pendlerzüge. Das Resultat dieser Entwicklungen sind massive Verkehrsüberlastungen im ganzen Kanton. Zuständig für die Verkehrsinfrastruktur ist die Bau- und Umweltschutzdirektion. Wie der Name sagt, sind dort neben dem Tiefbau, also mehrheitlich Strassen, auch der Hochbau, der Unterhalt der Bauten und die Themen Energie und Umweltschutz angesiedelt. Der Grünen-Baudirektor Isaac Reber scheint sich offenbar aber am wohlsten im Thema Umweltschutz zu fühlen.
Im Jahr 2020 gab es eine Abstimmung zur Initiative «zum Ausbau des Hochleistungsstrassennetzes». Diese wurde von der Bevölkerung deutlich angenommen. Unter anderem verpflichtet diese den Regierungsrat dazu, unverzüglich mit dem Bund über einen Ausbau der Hochleistungsstrassen zu verhandeln, sodass eine «rückstaufreie Aufnahme des Verkehrs» möglich ist. Ausserdem muss der Regierungsrat jährlich einen Bericht zum Fortschritt in diesem Thema vorlegen.
Bis heute erschien keiner der Berichte, man weiss daher auch nicht, ob bereits Schritte unternommen wurden. Ohne Bericht ist aber davon auszugehen, dass «unverzüglich» nichts unternommen wurde. Man beschäftigt sich lieber mit Verzögerungen. So benötigt eine Prüfung der Verkehrsentlastung vor dem Chienbergtunnel Zeit bis 2026. Bis dahin sollen zum Beispiel eine Tangentialspur zum Kreisel oder eine Lösung für den Linksabbieger bei der Schwarzen Brücke gefunden werden. Da gemäss Regierungsrat Reber bis in den nächsten Jahren sowieso die meisten mit dem Velo pendeln, eilt auch das nicht. Man beschäftigt sich lieber mit dem Rückbau von Bus-Haltebuchten und erklärt ignorant, dass das im Stau nichts macht, wenn der Bus auf der Strasse hält. An anderer Stelle sagt man salopp, dass es auf stark befahrenen Strassen maximal zwei Stunden Stau täglich gibt. Generell fragt man sich, wo die Visionen bleiben, wie wir als Region verkehrsmässig auf die immer näher rückende 10-Millionen-Schweiz reagieren wollen? Von Ideen ist nichts zu sehen. 2013 wurde aus dem Umfeld der Wirtschaftskammer ein visionäres Projekt für Autobahnringe um den Wirtschaftsraum Basel präsentiert. Trotz privater Finanzierung dieser Studien hat man beim Kanton nichts davon übernommen. Das darf man, sollte dann aber Lösungen bereithalten.
Mit dem Thema Verkehr sind wir bereits heute massiv im Rückstand. Wir müssten heute die Infrastruktur von übermorgen bauen, damit wir bereit sind. Die Politik wehrt sich aber noch immer gegen die Infrastruktur von gestern.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.