«Mir gäben alles für es guets Klima»
06.10.2023 Bildung, GesellschaftMelanie Frei
Frau Graf, jedes der vier geplanten Projektjahre steht unter einem Thema. Was ist nun für das dritte Jahr geplant?
Gabriela Graf: In diesem Jahr dreht sich alles um Energie, ein momentan hochaktuelles Thema. Eigentlich war dieses Thema ...
Melanie Frei
Frau Graf, jedes der vier geplanten Projektjahre steht unter einem Thema. Was ist nun für das dritte Jahr geplant?
Gabriela Graf: In diesem Jahr dreht sich alles um Energie, ein momentan hochaktuelles Thema. Eigentlich war dieses Thema für das erste Projektjahr vorgesehen, doch die Pandemie hatte uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Also starteten wir mit dem Thema Biodiversität in der Umweltgestaltung: Das Schulareal wurde durch unzählige kleine Projekte klima- und umweltfreundlich umgestaltet – da wir dabei die Abstandsregelungen einhalten konnten und zusätzlich an der frischen Luft waren, war das die beste Lösung. In diesem Jahr starteten wir mit einer Projektwoche im März in Zusammenarbeit mit dem Ökozentrum. Es gab an der Sekundarschule Gelterkinden verschiedene Module zu besuchen, die einen erlebnisorientierten Zugang zum Thema Energie boten. Einfache alltägliche Gebrauchsgegenstände wie ein Fön oder die Glühbirne warfen Fragen auf: Wie viel Strom wird verbraucht? Für die Jugendlichen und auch uns Lehrpersonen war es ein sehr informativer Parcours.
Das Thema Energie geht einher mit dem grossen Umbau, der zurzeit am Schulgebäude stattfindet, ist das richtig?
Genau. Im Zusammenhang mit den umfangreichen Renovationen an der Sekundarschule Gelterkinden wird nach den Herbstferien zusätzlich eine PV-Anlage montiert. Eine hervorragende Gelegenheit für einen Gesamtschulanlass: Wir werden für alle 29 Klassen ein handlungs- und erlebnisorientiertes Unterrichtsangebot rund um das Thema Energie bieten.
Also wird nicht die gesamte Schülerschaft an dieser Montage anwesend sein?
Nein. Wir haben für alle Stufen ein bedarfsgerechtes Programm zusammengestellt. Die ersten Klassen werden besucht von der Energie Zukunft Schweiz (EZS), die den Jüngsten die Grundlagen beibringen, etwa «Wie funktioniert Solarenergie überhaupt?». Die Zweitklässlerinnen und Zweitklässler werden eine Exkursion zur Primeo Energie nach Münchenstein machen. Dort besuchen sie Kosmos, eine Erlebniswelt zu Energie und Klima – ähnlich dem Technorama – und auch sie ist handlungs- und erlebnisorientiert aufgebaut. Nur die dritten Klassen werden an der Montage der Solarpanels am Schulhaus dabei sein. Natürlich sind auch dort nicht alle aktiv tätig, das würde organisatorisch gar nicht gehen. Motivierte und interessierte Schülerinnen und Schüler konnten sich mit einem Motivationsschreiben bei uns anmelden. Wir haben dann eine Auswahl getroffen. Auf ein Dach zu steigen ist nicht ohne, auch wenn selbstverständlich Suva-konform gesichert wird. Im Zusammenhang mit der beruflichen Orientierung beschäftigten sich die 3. Klassen zusätzlich mit den verschiedenen Aspekten von Klima und Umwelt in den unterschiedlichen Berufsfeldern.
Die genannten Projekte, schon durchgeführt oder noch ausstehend, sind eher praktischer Natur. Wie wird theoretisch auf das Thema Energie eingegangen?
Unsere Sekundarschule hat Zugang zu Schulunterlagen, die von Organisationen wie «myblueplanet» bereitgestellt werden. Oft sind dies bereits ganze Unterrichtseinheiten, die den Lehrpersonen helfen sollen, fächerübergreifend auf Themen wie eben Energie einzugehen. Im vergangenen Schuljahr hat die Schulleitung als Klimaschule ausserdem in ihren fünf Jahreszielen verankert, dass die Lehrerinnen und Lehrer die behandelten Themen auch in ihren Unterricht einbinden müssen. Die Schulleitung schafft so eine Verbindlichkeit.
Wie nehmen die Schülerinnen und Schüler diese Projekte zu Klima und Umwelt wahr?
Aus meiner Sicht sehr positiv und motiviert. Angefangen mit dem Klimarat, den wir im ersten Jahr mit drei Schülerinnen gegründet hatten. Heute zählt dieser rund 50 Mitglieder. In fünf bis sechs Sitzungen pro Jahr werden kleine Projekte von den Schülerinnen und Schülern selbstständig erarbeitet: So zum Beispiel die Klima-Tauschbörse, wo alte und gebrauchte Kleider und Gegenstände jeglicher Art gebracht werden können, die dann durch Tausch einen neuen Besitzer oder eine neue Besitzerin finden.
In dieser häufigen gemeinsamen Arbeit wird bestimmt das Soziale und der Zusammenhalt gestärkt.
Auf jeden Fall. Wir hatten früher an unserer Schule leider auch Streitigkeiten zu schlichen und Suchtprobleme. Ich erwähne noch einmal die neue Umgebungsgestaltung unseres Schulareals zusammen mit den Schülerinnen und Schülern: Wir dürfen feststellen, dass eine umweltfreundliche Schulanlage nicht nur der Natur und dem Klima guttut, sondern auch dem Schulklima. Die Biodiversität an unserer Schule ist massiv gestiegen und das Resultat der gemeinsamen Arbeit ist sichtbar und erfreulich: Seither haben wir eine friedliche Stimmung auf dem Pausenplatz.
Wie wird das Projekt «Klimaschule» eigentlich finanziert?
Als Projektleiterin akquiriere ich jährlich die erforderlichen Mittel. Einerseits haben wir mit dem Crowdfunding durch den Verkauf von sogenannten CO2-Bildungseinheiten eine breite Unterstützung erfahren. Andererseits sprechen wir themenspezifisch verschiedene Geldgeber an. So haben wir nur dank der Unterstützung der BLKB, von Kiwanis Oberbaselbiet, Rotarier Sissach, PUSCH, éducation21 und Ebenrain Sissach unsere Bildungsaktivitäten finanzieren können. Meine Motivation startete damals mit «Friday for Future», als mir bewusst wurde, wie viele junge Menschen sich für die Umwelt und unser Klima einsetzen wollen und sich eine nachhaltige Zukunft wünschen. Also habe ich die Zügel in die Hand genommen, und so setzen wir als Kollegium an der Sekundarschule Gelterkinden dieses Mehrjahresprojekt um.
Was steht für das letzte Projektjahr an?
Das vierte Projekt wird nächstes Jahr unter dem Motto Mobilität stehen. Es ist das letzte Jahr in Begleitung der Stiftung «myblueplanet» und wir planen etwas Ambitiöses, das die Schülerinnen und Schüler ansprechen soll durch seinen Alltagsbezug. Mehr darf und will ich auch gar noch nicht dazu verraten.
Und danach?
Es wäre schön, wenn wir an die bisherigen Erfahrungen anknüpfen und ohne Unterstützung einer Stiftung unser Engagement für ein besseres Klima weiterführen können. Es gibt hochaktuelle Themen, um unser Engagement langfristig mit klimabezogenen Bildungsaktivitäten an unserer Schule weiterzuführen. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren bereits viele Partnerinnen und Partner kennengelernt, um weitere Gesamtschulanlässe auf die Beine stellen zu können. Das unglaubliche Engagement der Schülerinnen und Schüler des Klimarats verdeutlicht mir zudem, dass die Jugendlichen sich gerne für ein besseres Klima einsetzen. Frei nach dem Motto: «Mir gäben alles für es guets Klima!»