Solidarische Winzerkollegen
12.10.2023 MaisprachUrs Imhof hat das Spritzmittel-Desaster verdaut
Mit einem Missgriff bei Pflanzenschutzmitteln hatte der Maispracher Winzer Urs Imhof seine Ernte ruiniert. Daher fällt für ihn die Lese aus. Seine Aufmerksamkeit gilt stattdessen der Eigengewächswirtschaft. Wenn er von ...
Urs Imhof hat das Spritzmittel-Desaster verdaut
Mit einem Missgriff bei Pflanzenschutzmitteln hatte der Maispracher Winzer Urs Imhof seine Ernte ruiniert. Daher fällt für ihn die Lese aus. Seine Aufmerksamkeit gilt stattdessen der Eigengewächswirtschaft. Wenn er von Gästen wegen seines Missgeschicks hochgenommen wird, kann er inzwischen mitlachen. Manchmal.
Christian Horisberger
«Es dauerte eine Weile, aber jetzt ist wieder gut.» Im Juni hatte Urs Imhof zwei Spritzmittelkanister verwechselt und damit seine gesamte Traubenernte vernichtet – die letzte, bevor er in Pension gehen wollte (die «Volksstimme» berichtete). Dank des Zuspruchs und der Unterstützung von Freunden und Winzerkollegen habe er den Schock seines Lebens verdaut, sagt der Winzer, als wir ihm in seiner Eigengewächswirtschaft in Maisprach einen Besuch abstatten.
Der liebliche Blanc de Noir, den uns Imhof ausschenkt, stammt noch von seinem eigenen Rebberg. Damit die Gäste in seinem Lokal, das er jeweils von Mitte September bis Mitte Dezember betreibt, im kommenden Jahr nicht auf dem Trockenen sitzen müssen, hat er in der Region rund acht Tonnen Trauben kaufen können. Diese wird er unter seiner Etikette, jedoch ohne Herkunftsbezeichnung keltern lassen. Mehrere Weinbauern, unter anderem in Maisprach und Aesch, hätten ihm aus Solidarität von ihren Trauben zum Kauf angeboten, sagt der 65-Jährige.
Helfer verzichten auf Lohn
Auch sonst sei ihm viel Wohlwollen entgegengebracht worden. So hätten einige seiner Helfer, die ihn diesen Sommer im Rebberg unterstützten, von sich aus auf einen Lohn verzichtet. Zu tun gab es in den beiden Reblagen «Höchi» und «Chrummacher» kaum weniger als sonst: Damit die Rebstöcke gesund bleiben, müssen sie wie sonst auch gepflegt werden. Die Stöcke würden zum Teil auch Trauben tragen, doch fehle es ihnen an Reife beziehungsweise dem nötigen Zucker, um sie vinifizieren zu können.
Wie es Imhof im Juni vorausgesehen hatte, nahmen die Pflanzen durch die irrtümliche Behandlung keinen Schaden. Damit könne er seinen beiden Nachfolgern Rebflächen und -stöcke in tadellosem Zustand übergeben. Der Verkauf seiner zwei Hektaren Rebfläche samt Gerätschaften für die Bewirtschaftung werde per Ende 2023 vollzogen. Damit nimmt Imhofs letztes Jahr als Weinbauer einen versöhnlichen Abschluss. Allenfalls kommt es sogar noch zum Happy End: Imhofs Nachfolger wollen ihre Trauben künftig selbst verarbeiten. Als Standort für die Kelterei komme der Raum neben der Eigengewächswirtschaft infrage. Für Imhof, der seinen Wein nie selber machte, ginge damit ein Traum in Erfüllung.
Die Gastronomie wird der Weinbauer über seine Pensionierung hinaus führen – jeweils ab Mitte September für drei Monate, immer von Mittwoch bis Sonntag. Neben den eigenen Weinen sind Speisen wie Fondue, Raclette oder Treberwürste im Angebot.
Kompensation für Milchwirtschaft
Eröffnet hatte der gelernte Landwirt das Lokal vor 30 Jahren als Nebenerwerb zur Kompensation der aufgegebenen Milchwirtschaft. Nach einer alten Regelung zur Förderung des Weinabsatzes dürfen Winzer solche Lokale für drei Monate im Herbst ohne Wirtepatent betreiben. Um in der Wirtschaft ausserhalb der Saison auch Gesellschaften bewirten zu dürfen, habe eine seiner Töchter das Patent dennoch erworben, sagt der Vater.
In der Wirtschaft wird Imhof von einer Köchin und Servicehilfen unterstützt. Als Gastgeber ist er im Lokal präsent. Dabei werde er noch immer wegen des Spritzmittel-Desasters «angezündet». Inzwischen könne er mitlachen – meistens jedenfalls.