Das Schlitzohr ist zurück
27.10.2023 Fussball, SportMirco Schumachers FC Gelterkinden überrascht die 2. Liga
Als Abstiegskandidat gehandelt, ist der FC Gelterkinden seit zehn Partien ungeschlagen. Und dies, obwohl sich sein Topscorer 2022/23 zu Beginn dieser Serie verletzt hat. Wie wichtig Mirco Schumacher trotzdem ist, zeigte sich bei ...
Mirco Schumachers FC Gelterkinden überrascht die 2. Liga
Als Abstiegskandidat gehandelt, ist der FC Gelterkinden seit zehn Partien ungeschlagen. Und dies, obwohl sich sein Topscorer 2022/23 zu Beginn dieser Serie verletzt hat. Wie wichtig Mirco Schumacher trotzdem ist, zeigte sich bei seinem Comeback: Nach nur vier Minuten traf er bereits.
Heinz Degen
In der Partie des FC Gelterkinden gegen den SV Muttenz läuft die 88. Minute. Gelterkinden lag 2:5 hinten und hat auf 4:5 aufgeholt, als ein Pass auf Mirco Schumacher zu lange gerät. Der Angreifer setzt trotzdem nach und prallt mit dem Muttenzer Schlussmann zusammen. Dieser reklamiert beim Schiedsrichter, ist der Meinung, er sei gefoult worden und der Spielleiter hätte gepfiffen. So legt er den Ball hin und will einen Freistoss ausführen. Schumacher – geistesgegenwärtig – schnappt sich das Leder und spediert es ins leere Tor. Natürlich zählt der Treffer, da vom Unparteiischen ja kein Pfiff kam.
Diese Szene ist typisch für den 24-jährigen Gelterkinder. Er ist nicht nur fussballerisch sehr begabt, nein, er ist auch ein richtiges Schlitzohr – auf dem Platz stets präsent, hat immer die Antennen ausgefahren, und er merkt sofort, wenn irgendwo in der gegnerischen Abwehr eine Schwäche auszumachen ist. Sein Trainer Alessandro Buccigrossi bezeichnet ihn auch als «Spieler für das Unerwartete».
Mirco Schumacher ist zwar Gelterkinder Junior, hat aber als Aktiver länger «auswärts» gespielt. Als er sehr jung zu den Aktiven aufstieg, stockte seine Karriere. Mangels Einsätzen entschloss er sich zu einem Transfer zum Drittligisten Schwarz-Weiss, von wo er später in die 2. Liga inter zu Liestal wechseln konnte. Er selbst äussert sich über die Zeit «in der Fremde» nur positiv und findet, dass er genau das Richtige getan habe: «Lieber mal einen Schritt zurück machen, um vorwärtszukommen.» 2021 kehrte er auf die Wolfstiege zurück.
Ziel: den Vater überflügeln
Dass der FC Gelterkinden auch in dieser Saison auf den wirbligen Angreifer zählen darf, hing kurze Zeit an einem seidenen Faden, denn er hätte sich gut vorstellen können, ein Angebot anzunehmen, wieder eine Liga höher zu spielen. Da er aber eben ein Studium aufgenommen hat, war ihm das Risiko zu gross. Der gelernte Zimmermann hat, nach dem Absolvieren der «Passerelle», einige Zeit als Aushilfslehrer gearbeitet und sich nun entschieden, in den Lehrerberuf einzusteigen. Dass er weiterhin für Gelterkinden kickt, ist für «Schumi» total in Ordnung, denn er fühlt sich im Team extrem wohl. «Wir haben eine super Truppe, die auch nach dem Training oder am Wochenende viel zusammen unternimmt.» Mit einem Lachen fügt er an, dass er zudem das Ziel hatte, in der ewigen Torschützenliste des FCG seinen Vater zu überholen. Dies ist ihm in der Zwischenzeit gelungen.
Dass sein Team einen echten Lauf hat, trägt viel zur guten Stimmung bei. Schumacher selber freut sich sehr über die Erfolge, obwohl er sie meist von draussen erleben musste. Just als die Mannschaft ihre Serie startete, verletzte er sich. «Zuzuschauen ist hart. Ich bin, da ich nichts beitragen kann, viel angespannter als auf dem Platz. Und: Tatsächlich bin ich der Einzige im Kader, der diese Saison noch nie gewonnen hat.» Zurückgekommen ist er aber in eindrücklicher Manier: Nur vier Minuten war er nach seiner Verletzungspause erstmals eingewechselt, als er gegen den FC Laufen bereits traf.
Der Stürmer bestätigt, dass die aktuelle Rangliste der 2. Liga mit dem FCG auf dem 4. Rang die effektiven Stärkeverhältnisse wohl nicht so richtig widerspiegelt. «Wir sind vielleicht schon etwas zu weit oben klassiert – aber wenn es läuft, dann läuft’s. Dann erzielt man plötzlich das entscheidende Tor in der Nachspielzeit – in der letzten Saison hätten wir es kassiert … Es kann noch viel passieren, denn es gibt einige hinter uns klassierte Teams, die personell sicher stärker besetzt sind.»
Dazu zählt Schumacher auch Möhlin, den Gegner von morgen. «Das wird ein hartes Stück Arbeit. Die sind seit einigen Partien ebenfalls stark im Kommen.» Ob der Stürmer selber bereits in der Startformation stehen wird, bezweifelt er, da er das Gefühl hat, dass sein Trainer nach dem Motto «never change a winnig team» handeln wird. Für einen Teileinsatz – wenn möglich mit einem entscheidenden Torerfolg – ist Mirco Schumacher aber allemal bereit.