«Aus Verantwortung gegenüber den Patienten»
19.10.2023 SissachDr. med. Martin Schwab im Interview über seine Gründe für das Weiterpraktizieren
Herr Schwab, wie verlief Ihre Nachfolgesuche?
Martin Schwab: Fünf Jahre vor meinem Pensionsalter begann meine Suche. Eine Ärztin und mehrere Ärzte zeigten ...
Dr. med. Martin Schwab im Interview über seine Gründe für das Weiterpraktizieren
Herr Schwab, wie verlief Ihre Nachfolgesuche?
Martin Schwab: Fünf Jahre vor meinem Pensionsalter begann meine Suche. Eine Ärztin und mehrere Ärzte zeigten Interesse, zu einer definitiven Übernahme kam es aber nicht.
Worin liegt die Schwierigkeit vieler Hausärztinnen und -ärzte, eine geeignete Person für die Nachfolge rekrutieren zu können?
Unter anderem, weil das System Einzelpraxis nicht mehr zeitgemäss ist. Mein Arbeitseinsatz entsprach nie einem gängigen 100-Prozent-Pensum. Es waren über all die Jahre 150 und mehr Prozent. Diese Belastung will die junge Ärztegeneration nicht mehr auf sich nehmen. Die Zukunft liegt in Gemeinschaftspraxen mit anderen Arbeitszeitmodellen.
Hätten Sie ohne die Lösung mit der Integration in die «praxismolteni» Ihre Praxis geschlossen?
Ich hätte keine andere Wahl gehabt. Und das neue Datenschutzgesetz war ein weiterer Grund, ans Aufhören zu denken. Dieses Gesetz bedingt einen riesigen zusätzlichen administrativen Aufwand mit der Aufklärung jeder einzelnen Patientin und jedes einzelnen Patienten. Dies und die laufend zunehmenden Kontrollen und Dokumentationspflichten in der Medizin führen zu einem Übermass an Bürokratie, welche die ursprüngliche Attraktivität meiner ärztlichen Tätigkeit drastisch reduzierte. Dazu kommt, dass politische Exponenten die These vertreten, dass ein 65-jähriger Arzt nicht mehr in der Lage sei, den Beruf auszuüben.
Sie schieben Ihre Pensionierung nun hinaus. Was gab den Ausschlag?
Ich habe die notwendige Frische für die Weiterführung meines Berufs noch und übe ihn nach wie vor gerne aus. Ich habe auch eine Verantwortung gegenüber meinen Patientinnen und Patienten und den Mitarbeitenden. Für sie alle geht es nun weiter, einzig der Arbeitsort wechselt, wenn meine Praxis im Sommer 2024 auch örtlich in die «praxismolteni» an der Rheinfelderstrasse integriert wird.
Und der administrativen Zusatzbelastung stellen Sie sich nun doch?
Nein. Ich bin in der Praxisgemeinschaft neu angestellt und nicht mehr als selbstständiger Unternehmer tätig. Ich muss keine Unternehmerpflichten mehr übernehmen, das erledigt nun Pascal Molteni als ärztlicher Leiter und Unternehmer. Ich kann mich uneingeschränkt auf meine ärztliche Arbeit mit den Patientinnen und Patienten konzentrieren.
Ihre mittel- und längerfristigen Perspektiven?
Es ist vorgesehen, dass wir in einem nächsten Schritt einen jüngeren Kollegen oder eine jüngere Kollegin anstellen und für meine Nachfolge nach meiner Pensionierung aufbauen. Und sie soll es mir ermöglichen, mein Pensum auf 80 oder 60 Prozent zu reduzieren. Irgendwann muss ich altersbedingt mit meinen Kräften haushälterischer umgehen.
Wie geht es weiter mit Hausarzt Dr. Bernhard Anton Bader, der die Praxisräumlichkeiten an der Hauptstrasse mit Ihnen teilt?
Er wird seine Praxis eigenständig weiterführen.
Interview Andreas Bitterlin
Zur Person
aby. Martin Schwab (65) ist in Sissach aufgewachsen und hat an der Universität Basel Humanmedizin studiert. Er ist verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn.