Keine Debatte, keine Emotionen
22.09.2023 Arisdorf, Fusion, Hersberg, GemeindenMit 68 Ja- zu 44 Nein-Stimmen Ja zur Fusion
Ohne Diskussion hat die Gemeindeversammlung von Hersberg dem Zusammenschluss mit Arisdorf zugestimmt. Nach verlorener Schlacht zeigte sich Fusionsgegner Hugo Gross zuversichtlich, am Ende den Sieg doch noch davonzutragen. Denn das Ja muss an der ...
Mit 68 Ja- zu 44 Nein-Stimmen Ja zur Fusion
Ohne Diskussion hat die Gemeindeversammlung von Hersberg dem Zusammenschluss mit Arisdorf zugestimmt. Nach verlorener Schlacht zeigte sich Fusionsgegner Hugo Gross zuversichtlich, am Ende den Sieg doch noch davonzutragen. Denn das Ja muss an der Urne bestätigt werden.
Christian Horisberger
Damit hatte am Mittwochabend niemand gerechnet. Als die Hersberger Gemeindepräsidentin Iris Allenspach das Wort für die Debatte zur Fusion mit Arisdorf freigab, herrschte zunächst Stille im Saal. Ungläubig schauten sich die Anwesenden um. Traute sich niemand, das Eis zu brechen? «Keine Fragen?», erkundigte sich die Präsidentin. Doch: Ein Mann trat im voll besetzten Gemeindesaal von Arisdorf, in dem die Hersberger Gastrecht genossen, ans Mikrofon. Er wollte wissen, wie der Gemeinderat das strukturelle Defizit in den Griff bekommen wolle, falls die Fusion platzen sollte. Mit erneuten Steuererhöhungen? Finanzchef Pascal Wiget bestätigte das strukturelle Defizit und gemäss Finanzplan einen weiteren Vermögensverzehr. Grösste Kostentreiber seien die Altersversorgung und das Schulwesen. Wenn das Finanzvermögen weiter schmelze, seien die nächsten Steuererhöhungen angebracht, sagte er.
Eine Einwohnerin erkundigte sich anschliessend danach, weshalb die Frage mit dem Bürgerrecht nicht gelöst sei. Die Gemeindepräsidentin hielt fest, dass die Bürgergemeinden nicht Bestandteil des Fusionsvertrags seien und dass es im Übrigen nur bei einer Fusion auch der Bürgergemeinden zum Verlust des Hersberger Bürgerrechts kommen könnte. Die Frau schien mit der Antwort nicht sonderlich zufrieden zu sein, nahm aber wieder Platz.
Starke Beteiligung
Die Debatte war lanciert, sollte man meinen. Doch wollte niemand mehr das Wort ergreifen. Also liess die Gemeindepräsidentin über den Fusionsvertrag abstimmen. Mit 68 gegen 44 Stimmen wurde der Fusionsvertrag gutgeheissen. 115 von insgesamt 276 stimmberechtigten Hersbergern (42 Prozent) waren anwesend. Das Ergebnis wurde mit Applaus bedacht – mit verhaltenem allerdings. Denn: In trockenen Tüchern ist die Fusion noch nicht. Nach dem mündlichen «Ich will!» beider Brautleute, muss die Hochzeit schriftlich beziehungsweise an der Urne bestätigt werden (siehe Kasten).
«Es ist nicht vorbei», sagte Hugo Gross, Wortführer der «IG pro Hersberg», nach der Versammlung. Was bisher war, sei nur «Vorgeplänkel» gewesen, jetzt gehe es in die entscheidende Phase. Gross kündigte an, die Hersberger vor allem mit individuellen Gesprächen für ein weiterhin eigenständiges Dorf gewinnen zu wollen. Potenzial sei vorhanden: «Viele Ältere, Bewahrende, sind nicht zur Gemeindeversammlung erschienen.»
Weshalb er sich an der Gemeindeversammlung nicht zu Wort gemeldet hat, begründete Gross damit, dass er die anwesenden Medien nicht habe «belustigen» wollen. «Es hätte tausend Sachen gegeben, die ich hätte sagen können, doch geändert hätte es nichts: Die Meinungen waren gemacht.»
Kritik an Versammlungsort
Dem Gemeinderat erteilte Hugo Gross schlechte Noten. Dieser wolle nicht wissen, was die Hersberger denken, sondern suche einzig ein Ja. Tatsächlich konnte man sich dieses Eindrucks nicht ganz erwehren, als der Gemeinderat an der Versammlung etwa 15 Argumente zugunsten einer Fusion auflistete und nur 3 dagegen. Nach der Ansicht von Gross hätte die Versammlung auch nicht in Arisdorf stattfinden dürfen: Wenn schon nicht in Hersberg, dann immerhin auf «neutralem Boden». Und wenn auswärts, dann mit einem Fahrdienst für Menschen, die nicht mobil sind. Einen solchen habe die Gemeinde nicht angeboten – im Gegensatz zu seinem Komitee. Die Gemeindepräsidentin bestätigte, dass kein offizieller Transport aufgezogen worden war – und merkte an, dass die von Gross angebotenen Fahrgelegenheiten Fusionsgegnern vorbehalten gewesen seien.
Vom Verlauf des Abends war auch Allenspach überrascht. Sie habe mehr Fragen erwartet, sagte sie im Anschluss an die «Fusionsgmäini». Mit deren Ausgang sei sie zufrieden, «aber es ist noch nicht durch».
Das Wichtigste zur Fusion
vs. Offizieller Name der zusammengeschlossenen Einwohnergemeinde wird Arisdorf. Hersberg bleibt als Ortsname erhalten. Das Ortsschild wird unterhalb von «Hersberg» mit «Gemeinde Arisdorf» ergänzt. Die Postleitzahlen und Strassennamen und Adressen bleiben erhalten. Hersberg behält sein Wappen, wobei für den offiziellen Schriftverkehr ausschliesslich das Wappen von Arisdorf verwendet wird.
Die «neue» Gemeinde wird von fünf Gemeinderätinnen und -räten geleitet. Es wird im Dorf nur einen Wahlkreis geben, was bedeutet, dass Hersberg nicht zwingend ein Mitglied stellen kann. Umgekehrt ist es denkbar, dass mehrere Gemeinderätinnen und -räte aus dem Ortsteil Hersberg gewählt werden können.
Dem Regierungsrat wird beantragt, dass die Amtsperiode der aktuellen Gemeinderatsmitglieder um ein halbes Jahr bis Ende 2024 verlängert werden kann. Damit würde sich die Gemeinderatswahl im März kommenden Jahres erübrigen.
Nicht alle der Reglemente wurden für die vereinigte Gemeinde komplett neu geschrieben. Beispielsweise werden das Verwaltungs- und Organisationsreglement und das Abfallreglement von Arisdorf übernommen, das neue Steuerreglement oder das Hundereglement hingegen sind heute schon in Hersberg in Kraft.
Der Steuerfuss liegt in beiden Gemeinden gleich hoch, bei 59 Prozent. Hier muss keine Einigung getroffen werden.
Keine sofortige Lösung konnte für das Thema Bürgergemeinden gefunden werden. Hersberg hat keine eigenständige Bürgergemeinde mehr, Arisdorf hingegen schon. Damit es zur Fusion der Bürgergemeinden kommen kann, muss Hersberg eine solche zuerst gründen, um sie sofort mit der Bürgergemeinde Arisdorf verschmelzen zu können. Die Bürgergemeinde ist nicht Bestandteil des Fusionsvertrags.
In der Praxis verändert sich für beide Gemeinden eher wenig. Denn auf Ebene Verwaltung, Schule, Werkhof, Friedhof und Kirche arbeiten die Gemeinden bereits zusammen beziehungsweise Hersberg kauft Leistungen von Arisdorf ein. Mit dem Zusammenschluss erhalten die Hersberger in diesen Bereichen Mitsprache, was in der jetzigen Situation nicht der Fall ist. In den Bereichen Zivilschutz, Feuerwehr oder Altersbetreuung ist man längst gemeinsam in grösseren Verbünden organisiert. Hier ist keine Regulierung erforderlich.
Vorausgesetzt, die Stimmberechtigten beider Gemeinden bestätigen das Ja der Gemeindeversammlungen am 19. November bei einer Urnenabstimmung, und auch der Kanton gibt zur neuen Gemeinde seinen Segen, wird die Fusion per 1. Januar 2025 vollzogen.