Als Naturwissenschaftler staune ich manchmal schon, wie wir als Gesellschaft und in der Politik mit Erkenntnissen aus der Wissenschaft umgehen. Seit den 1970er-Jahren wissen wir mit grosser Zuverlässigkeit, dass wir zu viel Öl und Gas verbrennen und sich so langfristig das Klima erwärmt. ...
Als Naturwissenschaftler staune ich manchmal schon, wie wir als Gesellschaft und in der Politik mit Erkenntnissen aus der Wissenschaft umgehen. Seit den 1970er-Jahren wissen wir mit grosser Zuverlässigkeit, dass wir zu viel Öl und Gas verbrennen und sich so langfristig das Klima erwärmt. Und schon damals hat es die Öl- und Gaslobby erfolgreich geschafft, Zweifel an den Forschungsergebnissen zu säen. Anstatt rasch in eine Umkehr zu investieren, wurden seither Millionen in die Forschung investiert, um vermeintlich mehr Sicherheit in die Forschungsergebnisse zu bekommen. 50 Jahre seriöse Forschung bestätigen die Erkenntnisse von damals. Aber: Wir sind immer noch nicht bereit, entschieden zu handeln.
Und das genau gleiche Spiel läuft heute schon wieder ab. Statt unsere Energiesysteme endlich und mit Vollgas mit den bekannten und marktfähigen Technologien umzubauen, handeln wir immer noch ausgesprochen zögerlich – und wir lassen uns auch noch ablenken mit Diskussionen über Nebenschauplätze, wie den Ausbau von AKW, die nicht einmal unsere Elektrizitätsgesellschaften wirklich wollen.
Darüber habe ich schon in meiner letzten «Carte blanche» geschrieben – Sie merken, das Thema beschäftigt mich. Ich mache mir Sorgen. Nicht nur, weil unsere Gletscher schmelzen und die heissen Sommer uns hier in der Schweiz schwitzen lassen. Nein, vielmehr weil das Eis der Pole schmilzt und sich der Meeresspiegel erhöht und damit der Lebensraum von Millionen Menschen vom Hochwasser bedroht ist. Und weil Millionen Menschen heute in Gegenden leben, die in Zukunft wegen Hitze, Dürre und Wassermangel unfruchtbar und unbewohnbar sein werden.
Wir haben unterdessen 50 wertvolle Jahre verloren, weil es den diversen Lobbys gelungen ist, ihre Pfründe zu verteidigen und es uns als Gesellschaft nicht gelungen ist, entschieden Gegensteuer zu geben und zu handeln. Aber ich habe auch Hoffnung. Zusammen mit Greta Thunberg und der Klimastreik-Bewegung engagieren sich Millionen junge Menschen für ihre Zukunft. Das macht Mut. Dass sich Einzelne unterdessen auf Strassen kleben, ist aber letztlich Ausdruck zunehmender Verzweiflung. Die Zustimmung einer Mehrheit der Bevölkerung zum Klimaschutzgesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Und viel- leicht schaffen wir es ja auch, in unserem Kanton mit dem Energiegesetz endlich einen zwar kleinen, aber konkreten und wichtigen Schritt nach vorne zu machen.
Um es mit den Worten der US-Schriftstellerin Rebecca Solnit zu sagen: «Wer hofft, geht ins Risiko. Man riskiert zu verlieren. Hoffen bedeutet aber auch, den Sieg zu riskieren. Und siegen kann nur, wer sich versucht.»
Am 22. Oktober wählt die Schweiz ein neues Parlament. Wählen Sie Menschen, die glaubwürdig und engagiert für den Klimaschutz und die kommenden Generationen Partei ergreifen.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.