«Ein Wunder, das niemand für möglich hielt»
29.09.2023 HölsteinDie «Holdenweid» lädt zum Tag der offenen Türen ein
Ab morgen Samstag wird die «WirkStatt» in der «Holdenweid» ganzjährig geöffnet sein. Die Betreibenden laden die Öffentlichkeit ein, das sanierte Gebäude zu besichtigen und die ...
Die «Holdenweid» lädt zum Tag der offenen Türen ein
Ab morgen Samstag wird die «WirkStatt» in der «Holdenweid» ganzjährig geöffnet sein. Die Betreibenden laden die Öffentlichkeit ein, das sanierte Gebäude zu besichtigen und die individuellen Räume zu bestaunen.
Elmar Gächter
«Das ist eine Art Wunder, weil das kaum jemand für möglich hielt.» Diese Worte, geäussert im aktuellen Jahresbericht des Vereins Frequenzwechsel und der Stiftung Holdenweid, können wohl auch viele Unbeteiligte nachvollziehen, die das Geschehen in diesem Seitentälchen von Hölstein zwar interessiert, aber nur am Rande verfolgt haben. Vor acht Jahren sind Cornelia Huber und ihr heutiger Lebenspartner Markus Merz mit dem Anspruch angetreten, hier ein Impulszentrum für Lebensgestaltung, Kultur, Umweltentwicklung und Forschung entstehen zu lassen.
Nun dürfen sie zusammen mit ihrem Team die ersten Früchte ihres Engagements ernten: Das mächtige, ehemalige Klinikgebäude – bis 1986 als Aussenstation der psychiatrischen Klinik Basel betrieben – steht künftig als «WirkStatt» für verschiedenste Anlässe zur Verfügung. Die Gästezimmer samt den Erlebnis- und Proberäumen, alle individuell gestaltet, können von nun an ganzjährig genutzt werden: für Seminare, Kulturprojekte, Gruppen-, Firmen- und Privatanlässe.
Die Dachsanierung sowie der Ausbau des Dachstocks mit zwei neuen, lichtdurchfluteten Räumen sind abgeschlossen, 115 Fenster wurden ersetzt und die Fassade aufgefrischt. Rechtzeitig vor dem Winter wird auch die neue Hackgutheizung in Betrieb gehen, die künftig zusätzlich sämtliche Gebäude des «Holdenweid»-Ensembles heizen und mit Warmwasser versorgen wird.
«Bei diesen Arbeiten zeigte sich, welche Schwierigkeiten eine Altbausanierung mit sich bringt. Trotz hoch entwickelter Techniken erwies sich die teure Heizplanung nur teilweise als brauchbar. Doch haben wir nun nach acht ‹heizungslosen› Jahren endlich eine Heizung», so Cornelia Huber. Noch nicht abgeschlossen seien die Arbeiten an den sanitären Stationen sowie die elektrischen Installationen.
Viel Individualität
Als eigentliche Prunkstücke erweisen sich die Gästezimmer sowie die Erlebnis- und Proberäume. Vom «Salon vert» mit seinem französischen Charme, dem schwebenden Seminarraum mit den hängenden Sesseln, dem «Goldenen Raum» für Tête-à-Têtes bis zur «Erlebnisküche» mit einmaligem Terrakottaboden, strahlt der ganze Innenausbau sprichwörtliche Individualität aus.
Einzelne Zimmer sind aus heimeligem Holz gestaltet, andere zeigen das Mondäne. «Bei den Räumen haben wir keine Abstriche gemacht. Wir haben uns die Natur mit ihrer Vielfalt als Vorbild genommen. Wir wollen keine Monokultur. Eigentlich ist der zeitliche Aufwand, den wir mit unserem Team in all diese Räume gesteckt haben, komplett unrentabel», hält Cornelia Huber fest. Die besondere Atmosphäre jedes einzelnen Zimmers lasse sich allein mit Geld nicht erreichen.
Ganz besonderen Wert hat das Team auf das zirkuläre Bauen gelegt. So besteht der Innenausbau zu einem überwiegenden Teil aus Bauteilen aus Abbruchobjekten und Baubörsen. Zu bauen, wenn jedes Bauteil anders und individuell ist, erfordert laut Huber einen grossen Mehraufwand. Ohne eine enorme Freiwilligenarbeit, folgerichtiges und schöpferisches Denken könne ein solches Bauen zu einer totalen Überforderung anwachsen. Aber all diese handfesten Lernprozesse befähigen laut Cornelia Huber das Team, später auf verschiedenen Ebenen wirksam und tätig zu sein.
Rund 4 Millionen investiert
Insgesamt wurden rund 4 Millionen Franken in die Sanierung der «WirkStatt» investiert, weitgehend finanziert von Stiftungen und aus Spenden. Kredite von Banken seien bis heute nicht beansprucht worden. So könne der Ganzjahresbetrieb eröffnet werden, ohne die Unabhängigkeit aufzugeben. Die Suche nach Geldquellen bezeichnet Cornelia Huber als «immensen Aufwand». «Ich brauche erst einmal eine Pause. Bei der zweiten Bauetappe werden wir uns schon überlegen müssen, ob wir nicht einen Kredit aufnehmen.»
Sie spricht die Sanierung der übrigen Gebäude an. Eine nächste Baueingabe ist für kommendes Jahr geplant. Darunter fällt der Ausbau des Ökonomiegebäudes, wo der Verein unter anderem eine Art Massenlager anbieten will und wo man als Gruppe das ganze Haus mieten kann. Obwohl man über eine grosse Anzahl Zimmer in der «WirkStatt» verfüge, seien zurzeit zu wenig Schlafräume für grössere Gruppen vorhanden.
Cornelia Huber und ihrem Team ist es bewusst, dass für den ganzjährigen Betrieb ein entsprechender Umsatz erwirtschaftet werden muss. «Sonst können wir nicht überleben», so Huber. Man wolle jedoch langsam aufbauen, denn gehe man zu schnell voran, leide die Qualität. Es brauche ein Fingerspitzengefühl, um die richtige Mischung zu finden. Wachstum sei zwar angesagt, auch personell, die familiäre Atmosphäre müsse jedoch beibehalten werden. Diese entstehe nicht einfach so, sondern könne nur mit einem intakten Teamgeist erreicht werden. «Es ist die gemeinsame Mitte, die unser Team auszeichnet. Der Betrieb funktioniert nur, weil wir Konflikte auch als Chance wahrnehmen und die gleichen Werte für etwas Nachhaltiges und Sinnvolles teilen», ist Cornelia Huber überzeugt.
Das Fest zur Eröffnung der ganzjährig offenen «WirkStatt» findet morgen Samstag ab 14 Uhr im Impulszentrum Holdenweid in Hölstein statt. Neben Ansprachen gibt es Führungen durch das Gebäude. Den Anlass runden ein kulinarisches Buffet sowie Disco und Bar ab. www.frequenzwechsel.ch