Kevin Schläpfer geht in die erste Saison als Basler Sportchef

Für Sportchef Kevin Schläpfer ist klar: Die Eishockeyregion kann viel zum EHC Basel beitragen. Dafür sollten die Vereine aber nicht zu sehr auf sich schauen, sondern auf die ideale Situation für jeden einzelnen Spieler.

Sebastian Wirz

Beim Training mit dem EHC-Basel-Nachwuchs wird klar: Kevin Schläpfer ist der Chef auf dem Eis. Sind Sie auch als Sportchef angekommen bei Ihrem neuen Verein, Herr Schläpfer?
Kevin Schläpfer: Den EHC Basel muss ich schon noch «in der Tiefe» kennenlernen. Mit einigen Personen arbeite ich erst zusammen, seit wir im August ins Eistraining eingestiegen sind. Aber meine Aufgaben unterscheiden sich nicht stark von jenen bei meinen Engagements in Langenthal und Biel. Ich weiss, was ich zu tun habe. Die Fördertrainings habe ich dort auch geleitet, weil ich gerne mit den Junioren arbeite, aber auch weil ich denke, dass es wichtig ist, dass die Leute aus der ersten Mannschaft den Nachwuchs kennen und die Talente beobachten.

Sie kommen aus einer speziellen Saison mit dem SC Langenthal, der frühzeitig informierte, dass er sich aus der Swiss League zurückziehen würde. Dazu war Ihr Abgang als Sportchef bereits klar. Wie blicken Sie zurück?
So eine Saison hatte noch niemand erlebt, weder Spieler noch Trainer. Dass sich ein Klub zurückzieht, der nicht ungesund ist, sondern wegen der Infrastruktur einen Schritt zurück macht. Ich glaube, dass wir die Saison mit Anstand beendet haben: die Mannschaft mit gutem Hockey und der Verein mit Professionalität. Das ist menschlich gut über die Bühne gegangen und deshalb hört man auch kein schlechtes Wort über Langenthal. Alle Angestellten hatten bis zum Schluss ihre Löhne. Es war aber nicht einfach, sich auf den Sport zu konzentrieren – vor allem für jene, deren Zukunft noch nicht gesichert war.

Am Ende standen Sie gar als Trainer an der Bande. Wie lässt sich so eine Mannschaft noch motivieren?
Es gab grosse Unterschiede zwischen den Spielern. Die einen hatten für die kommende Saison bereits woanders unterschrieben, andere nicht. Von aussen heisst es: «Dann müssen die erst recht Gas geben.» Das stimmt schon, aber es gibt auch einen Existenzdruck, eine Angst, die für einen jungen Spieler und seine Leistung sicher nicht förderlich sind. Dass ich selber wieder an der Bande stand, ergab sich daraus, dass sich Trainer Jeff Campbell Ende Jahr an den Präsidenten und mich wandte und sagte: «Ich mag einfach nicht mehr.» In dieser schwierigen Situation war er völlig leer. Es war klar, dass ich helfe, aber auch, dass ich ihn nicht entlasse und einen neuen Trainer anstelle. Wir haben das dann als Team durchgezogen – und Jeff war erleichtert, er war ein anderer Mensch.

Der Rückzug von Langenthal ist ein Symptom der Probleme der Swiss League. Die Ausgaben sind hoch, die Einnahmen gering, gleichzeitig «klaut» die National League dem kleinen Bruder mit ihrer Aufstockung auf 14 Teams die Zugpferde. Wie sehen Sie «Ihre» Liga?
Ich bin froh, dass sich die Swiss League nach dem Schock vergangenes Jahr erholt hat, als sich die National und die Swiss League getrennt haben. Ich hoffe schwer, dass man wieder zusammenfindet, denn ich finde, dass sie zusammengehören. Natürlich hatte die zweithöchste Liga immer ihre Problemchen, aber man hat den Einfluss der Corona-Pandemie und den Abzug der besten Teams nach oben unterschätzt. In Kombination mit den Marketingverhältnissen, die nach der Trennung herrschten, war das verheerend für die alte Nationalliga B. Das hat fast zum Untergang geführt! Nun unterstützt die National League den kleinen Bruder finanziell, traditionelle B-Klubs wie Thurgau oder Olten sind da und der Aufstieg von Basel ist auch gut. Die Liga kommt wieder.

Mit einem Sissacher als Sportchef des EHC Basel wächst die Hoffnung, dass der hiesige Swiss-Ligist auch die Oberbaselbieter Talente im Blick hat. Aktuell gehören aber insgesamt nur zwei Spieler aus der Region Basel dem Kader der ersten Mannschaft an. Kann die Region überhaupt etwas zur Zukunft eines B-Ligisten beitragen?
Ja, viel. Wir haben in den unteren Stufen viele Spieler aus den regionalen Vereinen. Und die Region hat immer wieder gezeigt, dass sie Profis hervorbringen kann. Was wichtig ist: Die besten Trainer müssen wir unten haben, beim Fundament. Wir müssen uns so aufstellen, dass die Qualität und Quantität dort stimmen. Die Ausbildung der Junioren bis 15 Jahre ist das Wichtigste.

Wie sieht denn der Weg eines Oberbaselbieter Toptalents aus, das Profi werden will?
Der Spieler sollte bei seinem lokalen Verein anfangen. In der U11, spätestens in der U13, sollte er mit den besten Spielern der Region auflaufen, was ja im HC Nordwest United passiert, und in der U15 sollte er auf höchster Stufe, also «U15 Elit», in Basel spielen. Von dort werden die Allerbesten bereits weggeholt in einen Verein mit U17- und U20-Elit-Teams, was wir nicht bieten können. Alle anderen sollten hier bleiben und versuchen, den Weg über die Swiss League oder die «My-Hockey»-League noch zu finden.

Mit 15 sind die besten Spieler also auch beim EHC Basel schon wieder weg.
Wir wollen doch keinem Spieler sagen: «He, du darfst nicht nach Bern oder nach Biel.» Wenn einer die Chance hat, in ein U20-Elit-Team oder dann in die National League zu gehen, soll er das machen. Die Idee ist, dass jene, denen es nicht dorthin reicht, wieder bei uns landen. Aber das entscheidet dann der Grossklub.

Beim EHC Zunzgen-Sissach kam in den vergangenen Jahren Unmut auf, wenn Spieler, die es in Basel nicht geschafft haben, nicht zurückkamen, sondern anderswo gelandet sind. Würden Sie da Einfluss nehmen?
Nein, das ist die Sache des Spielers. Was die kleineren Vereine begreifen müssen, ist: Wenn ein Spieler in der Swiss League nicht «reicht», habe ich als Sportchef fünf «My-Hockey»-Teams, sechs Erstligisten und zwei Zweitligisten, die anrufen. Wenn der Spieler nun in die «My-Hockey»- League will, kann ich ihm doch nicht sagen: «Nein, du musst dort hingehen, wo du herkommst.» Der Klub kann natürlich mit dem Spieler reden, aber ich kann das nicht fordern. Das würde ich mir als Spieler schliesslich auch nicht sagen lassen. Da haben einige Klubs falsche Vorstellungen. Auch hier in Basel kann ich einen Spieler zehn Jahre lang betreuen, ihm den roten Teppich ausrollen und nach jedem Training ein Glas Champagner bringen – aber wenn Bern anfragt, ist der weg.

Auch Basel ist kein Grossklub.
Und die Treppe geht weiter: Beim NLA-Klub Biel habe ich jedes Jahr meine besten jungen Spieler an den SC Bern verloren. Aber statt zu motzen, sollte man sich für den Jungen freuen und darüber, dass dieser Grossklub beim Verein Spieler holt. Wir haben es geschafft, dass man stolz war, dass ein Gaëtan Haas oder ein Ramon Untersander nach Bern gegangen sind. Und der Spieler, der da geht, wird nur das Beste über den Klub erzählen, aus dem er kommt. Ganz anders ist es, wenn man versucht zu bremsen und zu verhindern. Dieser «Klubkrieg» ist in den kleineren Vereinen noch intensiver als bei den grossen.

Am Ende wollen die Klubs eben doch so weit oben wie möglich stehen.
Wir müssen in der Region aufhören, zu sehr in Klubs zu denken. Wir müssen ganz einfach probieren, Spieler auf das beste Level zu kriegen, und sachlich gemeinsam entscheiden: Welche Liga ist für diesen Spieler in diesem Alter am besten geeignet? Und nicht: «Der ist von uns und muss hier spielen.» Der Spieler wird uns alles zurückgeben, wenn wir für ihn die guten Entscheidungen treffen.

Heute um 20.15 Uhr beginnt die Saison in der Swiss League mit einem Auswärtsspiel des EHC Basel in Bellinzona. Der erste Heim-Auftritt in der St.-Jakob-Arena folgt am Samstag um 17.30 Uhr gegen den HC La Chaux-de-Fonds.

«Die Ausbildung ist das Wichtigste»

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