«Fehlen qualifizierte Handwerker, können Bauprojekte nicht realisiert werden»
24.08.2023 SchweizStudie zum Fachkräftemangel präsentiert
Am Tag der Bauwirtschaft, dem traditionellen Netzwerk-Event des Schweizerischen Baumeisterverbands, haben sich über 550 Vertreterinnen und Vertreter aus Bauwirtschaft und Politik getroffen. Schwerpunktthema war der ...
Studie zum Fachkräftemangel präsentiert
Am Tag der Bauwirtschaft, dem traditionellen Netzwerk-Event des Schweizerischen Baumeisterverbands, haben sich über 550 Vertreterinnen und Vertreter aus Bauwirtschaft und Politik getroffen. Schwerpunktthema war der Fachkräftemangel, der auch die Baubranche in den kommenden Jahren stark beschäftigen wird.
sda. Zentralpräsident Gian-Luca Lardi präsentierte am Tag der Bauwirtschaft die Ergebnisse einer neuen Studie des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV): «Unserer Branche geht es nach drei Jahren Dauerkrise gut», so Lardi. «Die Baumeister haben gelernt, mit den Auswirkungen des Ukraine-Krieges umzugehen, ebenso wie sie es zuvor mit den Preissteigerungen und Lieferengpässen infolge der Corona-Pandemie getan haben.» Und die Zukunftsaussichten sind gemäss Lardi mittelbis langfristig ebenfalls recht positiv. Die Bautätigkeit dürfte weiter wachsen, «wenn auch etwas langsamer».
Während für den Wohnungsbau bis 2040 ein starkes Wachstum prognostiziert wird, sind im Wirtschaftsbau, im öffentlichen Hochbau sowie im öffentlichen Tiefbau ein mildes Wachstum bis hin zu einer Stagnation zu erwarten. Gleichzeitig dürfen sich die Baumeister darauf freuen, dass die Preise für Baumaterial allmählich wieder sinken.
Der Fokus des diesjährigen Netzwerk-Events lag auf dem Fachkräftemangel und darauf, mit welchem Massnahmenmix dieser bekämpft werden kann. Die Suche nach geeigneten Mitarbeitenden auf allen Ebenen stellt heute viele Gewerbetreibende vor grosse Herausforderungen, auch die Baumeister. Und es ist davon auszugehen, dass sich die Situation noch verschärfen wird. Mit weitreichenden Konsequenzen. «Ohne genügend qualifizierte Handwerker können wichtige Bauprojekte in unserem Land nicht mehr realisiert werden», erklärte Lardi.
Um ein solches Szenario zu verhindern, erteilte der Schweizerische Baumeisterverband dem Kompetenzzentrum Demografik den Auftrag für eine «Studie zur langfristigen Entwicklung der Konjunktur und der Fachkräfte im Bauhauptgewerbe». Nun sind die Studienergebnisse öffentlich: Während der Bedarf an Fachleuten im Bauhauptgewerbe weiter ansteigt, sinkt das Angebot. Bis 2040 dürfte der Fachkräftemangel in den wichtigsten Berufen im Bauhauptgewerbe – gemessen am Bauvolumen – 16 Prozent erreichen. Ohne Gegenmassnahmen würden allein bei den Maurern und Maurerinnen rund 30 Prozent der benötigten Mitarbeitenden, also etwa 2500 Fachkräfte, fehlen. Das wirkt sich auf den Umsatz aus: Sollten keine Massnahmen ergriffen werden, würden dem Bauhauptgewerbe durch die fehlenden Fachkräfte jährlich bis zu 800 Millionen Franken entgehen, über die nächsten 20 Jahre gesamthaft und preisbereinigt 13 Milliarden.
Mehrere Lösungsschritte
Die Studie zeigt mehrere Lösungen gegen den Fachkräftemangel auf. «Wenn wir den Umsatz pro Kopf jährlich um 0,5 Prozent steigern, können wir 50 Prozent des Fachkräftemangels wettmachen», beruhigte Gian-Luca Lardi aber. Diese Produktivitätssteigerung soll hauptsächlich mithilfe der Digitalisierung und durch Innovationen erfolgen. Zugleich müsse die Branche alles daransetzen, «mehr Lernende auszubilden, die Fachkräfte länger im Beruf zu halten und letztlich auch mehr Quereinsteiger zu rekrutieren». Auf diese Weise könnte die andere Hälfte der Fachkräftelücke geschlossen werden.
Die Studie zeigt hier mehrere Stellschrauben auf. Bei Bauführern und Bauführerinnen, bei denen sich der Mangel weniger prekär entwickeln wird als in anderen Bauberufen, spielen Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen schon heute eine wichtige Rolle. Mit gezielter Karriere- und Nachwuchsplanung und -begleitung kann der Bestand in den Kaderfunktionen gesteigert werden. Bei der Lehrlingsausbildung ist es sehr wichtig, die jungen Leute zu motivieren, ihre Maurerlehre erfolgreich zum Abschluss zu bringen und auch langfristig im Bauhauptgewerbe zu bleiben. Entscheidend sei nicht nur die Führung und Betriebskultur, sondern vor allem auch die vielen tollen, «coolen» Bauprojekte, welche die jungen Menschen aktiv mitgestalten können. Dann sehen sie, dass ihre Arbeit Sinn bietet und nachhaltige Werte schafft.
Lardi beendete sein Votum mit einem Appell an alle Projektbeteiligten, also Bauherren, Planer, Spezialisten, Bauunternehmen und politische Entscheidungsträger gleichermassen: «Wir werden unseren zukünftigen Gebäudepark und unsere Infrastrukturen nur dann realisieren können, wenn wir in echter Partnerschaft und auf Augenhöhe zusammenarbeiten.»