40 Jahre Frauenfussball beim SV Sissach

Vor 40 Jahren begann die Geschichte des Frauenfussballs in Sissach. Das erste Jahrzehnt war stürmisch und unbeständig, das zweite diente der Stabilisierung, das dritte war das sportlich erfolgreichste und das letzte steht im Zentrum einer nachhaltigen und breiten Entwicklung.

Daniel Schaub

Im Mai 1983 kam die Sache so richtig in Fahrt. Ein Kernteam um Helga Klassnitz, Silvia Hodel und die beiden Fussballerinnen Maja Oberer und Beatrice Buser hatte sich etwas zuvor im Hause Klassnitz am Sissacher Kulmackerweg getroffen, um die Gründung eines Frauenfussballteams in Sissach zu forcieren. Nun meldeten sich auf einen ersten Aufruf nicht weniger als 36 Mädchen und Frauen im Hotel Terminus, um von den Plänen zu erfahren.

Schon zwei Tage später gab es ein erstes Training – auf dem Vita Parcours auf der Zunzger Hard. Kurz darauf war ein Frauenteam des SV Sissach in der damaligen Schweizer Damen-Fussballliga (SDFL) aufgenommen, die sich abseits des Schweizerischen Fussballverbands um die erst seit 1972 laufende Entwicklung des Frauenfussballs in der Schweiz kümmerte.

Die Basis für die erste Saison war gelegt. Nach Testspielen und den Vorbereitungsturnieren in Münchenstein und Thun stellte sich ein erster Erfolg ein: In der Vorrunde des Schweizer Cups wurde das Team der Grasshoppers Basel gleich mit 3:0 bezwungen. Die erste Meisterschaft in der dritthöchsten Schweizer Spielklasse wurde auf dem beachtlichen dritten Schlussrang beendet.

Die spätere Nationaltrainerin
Die Starteuphorie allerdings klang nach zwei Jahren ab, auch weil sich Beatrice Buser dazu entschied, ihrer Qualität entsprechend und auch studienbedingt ihre Karriere als Spielerin in der Nationalliga A beim FC Bern fortzusetzen. Sie wurde dort sesshaft, heiratete und wurde als Beatrice von Siebenthal eine der ersten Schweizer Trainerinnen mit der Uefa-Pro-Lizenz. Schon ab 1995 trainierte sie Auswahlteams des SFV im Nachwuchs, ab 2005 wurde sie für sechs Jahre Trainerin des Schweizer A-Nationalteams und legte die Basis für die spätere erfolgreiche Entwicklung und Qualifikationen für internationale Grossanlässe.

Im Sommer 1986 waren in Sissach schliesslich zu wenige Spielerinnen übrig geblieben, um ein Team zur Teilnahme am Wettspielbetrieb zu melden. Mit dem neuen Trainer Peter Gysin und viel Propaganda änderte sich dies, und schon im folgenden Winter standen die SVS-Frauen wieder auf dem Rasen. Wenige Jahre später, zur Hälfte der Saison 1989/90, folgte jedoch die nächste Krise und ein neuerlicher Teamrückzug.

2004 erstmals in der 1. Liga
Das erste Jahrzehnt Frauenfussball in Sissach bot einige Hürden, erst gegen Ende des Jahrtausends stabilisierte sich alles – und nach der Saison 2003/04 gelang dann der erstmalige Aufstieg in die 1. Liga. Der Frauenfussball war in der Zwischenzeit gewachsen, seit 1993 kümmerte sich der SFV selbst um die Belange, dem Frauen-Nationalteam wurde mehr Beachtung geschenkt, es wurden Nachwuchskategorien ins Leben gerufen, die Popularität stieg. Der Sissacher Aufstieg fiel exakt in diese Phase, unter Trainer Hans Ulrich bezwangen Spielerinnen wie Sylvie Ruch (als 18-Jährige dreifache Torschützin), Flurina Weisskopf, Graziella Scherrer und viele mehr in den Aufstiegsspielen Vuisternens/Mézières zweimal deutlich.

Mit Stefan Sutter kümmerte sich ab 2005 ein langjähriger Spieler der ersten Mannschaft des SV Sissach um das Frauenteam. Er begleitete die wohl erfolgreichste Phase mit Schweizer-Cup-Spielen gegen renommierte NLA-Teams wie den mehrfachen Schweizer Meister SC LUwin.ch oder Yverdon Féminin.

2008 erreichte der SVS den zweiten Rang in der 1. Liga und verpasste den Aufstieg in die NLB nur um wenige Punkte. Sissacher Fussballerinnen wie Nicole Müller, Graziella Scherrer (NLA FC Sursee) oder Sylvie Ruch (NLB beim FC Baden) schnupperten Luft bei höherklassigen Klubs, Evelyne Schaub trainierte im SFV-Ausbildungszentrum in Huttwil. Und auch neben dem Platz ging es hoch zu und her. 6 fussballverrückte Frauen gründeten 2009 das Sissacher Winter-Grümpeli, das seither auf dem Kunstrasen bei jeder erdenklichen Witterung und Temperatur einen exklusiven Platz im fussballerischen Jahreskalender einnimmt.

Starke jüngste Entwicklung
2013 endete die erfolgreiche Zeit in der 1. Liga, die Rückkehr nach dem Aufstieg im Sommer 2016 unter Trainer Marco Gonçalves hielt nur eine Saison an. Mit den Basler-Cup-Siegen 2015 und 2016 (beim Heim-Final auf dem Tannenbrunn) stellten sich zwei anderweitige historische Ereignisse ein. Sie legten die Basis für die heute enorm stabile Situation der Sissacher Frauenabteilung, die ein unverzichtbares Rückgrat des gesamten Vereins darstellt.

Mit grosser Konsequenz wurde nun die Nachwuchsförderung vorangetrieben, treibende Kräfte wie Geraldine Giller, Fiona Thomann, Flurina Weisskopf oder der heutige Leiter der Frauenabteilung, Gino Lucini, steckten enorm viel Herzblut in die Entwicklung der Teams. Im Jahr 2023 stellt der SVS ein FF19-, zwei FF15und ein FF12-Team. Hier wird die Basis gelegt, damit die beiden Aktivteams in der 2. und 3. Liga regelmässig mit qualitativ gut ausgebildeten Spielerinnen versorgt werden und Trainer Patrick Ivanovic im ersten Team darauf hoffen kann, dass dereinst wieder einmal an der 1. Liga geschnuppert werden darf.

Auf der anderen Seite der Generationenskala entstand dank der Initiative von Doris Schmassmann und Vera Gmür in den vergangenen Jahren ein sehr aktives Seniorinnen-Team, in dem sich zahlreiche ehemalige Aktivfussballerinnen des SVS regelmässig zu Trainings, Turnieren und sonstigen Freizeitaktivitäten treffen. Auch dieses Team trägt zum enormen Zusammenhalt bei, der die Frauenabteilung des SVS auszeichnet. Überall gibt es gegenseitige Unterstützung zwischen den Teams, den Trainerinnen und Trainern sowie den freiwilligen Helferinnen und Helfern.

Wie gut die Stimmung im Verein aktuell ist, zeigt die Gründung der neuen «Fankurve Frauenfussball Sissach», deren Angehörige die Teams des SVS tatkräftig unterstützen – auch die FF15, die 2022 und 2023 zweimal in Folge im Basler-Cup-Final stand.

Die Frauen des SV Sissach stehen 40 Jahre nach ihrer Gründung so solide auf den Beinen wie noch nie. 489 Spielerinnen wurden seit der elektronischen Erfassung 1986 beim SV Sissach lizenziert. Eine eindrückliche Zahl, die in den kommenden 40 Jahren gewiss noch stärker wachsen wird.

Jubiläumsfest

vs. Am 2. September feiert der SV Sissach das 40-jährige Bestehen seiner Frauenabteilung auf dem Sportplatz Tannenbrunn. Um 11 Uhr wird ein offenes Training für Kinder von 6 bis 16 Jahren durchgeführt, ehe es einen Apéro und im Anschluss ein Frauen-Turnier mit 7er-Teams gibt. Um 18 Uhr (3. Liga) und 20 Uhr (2. Liga) finden Spiele der Sissacher Frauenaktivteams statt, ehe der Abend mit Barbetrieb und DJ ausklingt.

Von ziemlich holprig zu enorm stabil

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