Musikschule beider Frenkentäler feiert dieses Jahr ihr 40-Jahre-Jubiläum

Die Musikschule beider Frenkentäler wird heuer 40 Jahre alt. Das wird mit Konzerten in sämtlichen 15 angeschlossenen Gemeinden gefeiert. Im Juni fand zudem eine Gala statt. Schulleiter Andreas Jörin spricht über die Entwicklung der Musikschule und darüber, wie die Kinder zum Üben motiviert werden können.

Sander van Riemsdijk

Herr Jörin, die Musikschule beider Frenkentäler feiert dieses Jahr ihr 40-Jahre-Jubiläum. Wie hat sich die Musikschule entwickelt?
Andreas Jörin: In diesen vier Jahrzehnten hat sich die Bildungslandschaft der Musikschule schweizweit stark verändert. Als unsere Musikschule ins Leben gerufen wurde, musste alles neu erfunden werden. So waren die Pioniere mit Herausforderungen wie der Bildung eines Zweckverbands, der Raumbewirtschaftung und der Anstellung von Lehrpersonal konfrontiert. Ein Meilenstein in der musikalischen Bildung im Baselbiet war das neue Bildungsgesetz im Jahr 2003, mit dem die Anstellungs- und damit die Lohnbedingungen für das Lehrpersonal festgelegt wurden. Ebenfalls vereinbart wurde, dass sich die Gemeinden mit zwei Dritteln an den Kosten der musikalischen Bildung beteiligen. Heute ist die Musikschule beider Frenkentäler in den 15 Gemeinden ihres Einzugsgebiets anerkannt, geschätzt und präsent. Das Angebot wurde vor allem für Kinder im Vorschulalter ausgebaut.

Was zeichnet Ihre Musikschule aus?
Das dezentrale Unterrichtsmodell ist sicherlich unsere Stärke. Die Lehrpersonen unterrichten in nahezu allen Gemeinden – es müssen dabei mindestens drei Schülerinnen oder Schüler unterrichtet werden können. Trotz dieser Distanzen und der damit verbundenen Schwierigkeiten, sich innerhalb des Teams regelmässig zu sehen und sich zu organisieren, spürt man an dieser Schule einen ausgeprägten Geist der Zusammengehörigkeit. Regelmässig werden instrumentenübergreifende Projekte realisiert. Gerade im Jubiläumsjahr warten wir mit zahlreichen Grossprojekten – unter Beteiligung des gesamten Kollegiums – auf.

Wie verankert ist die Musikschule in den 15 angeschlossenen?
Über die Jugendblasorchester besteht eine Zusammenarbeit mit den Musikvereinen, die wir in den vergangenen Jahren verstärken konnten. So spielen unsere Ensembles regelmässig an den Konzerten der Musikvereine. Mit Reto Vogt, dem Leiter der Blasmusikensembles, haben wir ausserdem einen ausgezeichneten Pädagogen an der Schule, der sich seit Jahren für die Zusammenarbeit in diesem Musik-Genre einsetzt. Ausserdem werden wir regelmässig von den Gemeinden angefragt, um an Anlässen zu spielen. So können wir auch unseren Geldgebern etwas zurückgeben.

Was ist der Gedanke dahinter?
Die Öffentlichkeitsarbeit ist uns ein grosses Anliegen. Wir sehen uns neben unserem Auftrag für musikalische Bildung als wichtigen Teil der Kulturlandschaft der beiden Frenkentäler. Kultur ist die Basis unseres gesellschaftlichen Lebens und bedarf deshalb einer besonderen Pflege.

Weshalb soll ein Kind ein Instrument spielen lernen?
Es ist längst wissenschaftlich belegt, dass das Musizieren den Kindern nützt. Einerseits fördert das Beschäftigen mit sich selbst die Konzentration, die Geduld, die Feinmotorik, kurz: alle kognitiven Fähigkeiten. Im Zusammenspiel mit anderen Kindern oder Jugendlichen werden über die Musik das Zuhören, die Wahrnehmung und somit das Respektieren des Gegenübers geübt. Da das Erleben von Musik etwas sehr Sinnliches und Gefühlvolles ist, wird die Beschäftigung damit auch nicht als mühsamer Lernprozess wahrgenommen. Die Kompetenzen entwickeln sich ganz natürlich.

Wie gross wird die Wahl des Instruments von Trends beeinflusst?
Es mag sein, dass Medien wie Youtube die Popularität von gewissen Instrumenten steigern können. Es gibt meines Wissens aber noch keine Studie, die dies belegen würde. Aber klar: Die Harfe oder die Oboe sind in Musikvideos, die sich junge Menschen anschauen, weniger präsent als die Gitarre oder das Schlagzeug.

Und wie bedeutend sind die Eltern für ein Kind bei der Wahl und beim Erlernen eines Instruments?
Der Einfluss der Eltern ist grundlegend. Kinder mit musikaffinen Eltern finden nicht nur schneller den Zugang zur Musik, sondern sie werden auch von deren musikalischen Vorlieben beeinflusst. Viele Eltern sind sich dessen bewusst und unterstützen auch eine andere Instrumentenwahl. An der jährlichen Instrumentenvorstellung versuchen wir jedenfalls, die ganze Palette an Möglichkeiten wertfrei zu präsentieren.

Das Üben kann unter Umständen eine mühsame Angelegenheit sein. Viele Eltern fragen sich denn auch, wie sie ihr Kind motivieren können.
In unserem aktuellen Semesterbulletin berichten wir in einer dreiteiligen Serie über den Umgang mit dem Üben. Die Eltern können hier einen enorm wichtigen Beitrag zum Gelingen leisten. Das Interesse an der musikalischen Entwicklung der aufstrebenden Musikerinnen und Musiker steht dabei im Zentrum. Aktives Zuhören, wie «Spiel mir doch dein neustes Lied vor», sind wichtige Faktoren, um die Motivation der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Und das Wort «Üben» sollte durch das Wort «Musizieren» ersetzt werden, da Ersteres eher mit anstrengendem Arbeiten in Verbindung gebracht wird.

Steigt die Anzahl Schülerinnen und Schüler, oder müssen Sie um diese kämpfen?
Aktuell werden 499 Schülerinnen und Schüler von 28 Lehrpersonen an unserer Musikschule unterrichtet. Nach einem Rückgang in den beiden Corona-Jahren konnten wir die Schule wieder auf den Stand von 2019 zurückbringen. Schweizweit zeigen sich leider leicht rückläufige Zahlen. Die Gründe hierfür sind Mutmassungen: Ein immerzu wachsendes Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche führt wohl dazu, dass das Kuchenstück für die Musik kleiner geworden ist. Und Musik braucht zuerst eine Investition, bevor man die Früchte mit dem Musizieren mit anderen Menschen ernten kann. In unserer kurzlebigen, auf schnelle Befriedigung der Bedürfnnisse ausgerichteten Gesellschaft wollen möglicherweise immer weniger Kinder und Jugendliche diesen Aufwand auf sich nehmen.

Gelegentlich bemängeln junge Mitglieder, dass ihre Musikvereine teilweise zu altmodisch unterwegs sind und sie darum nicht zu den Erwachsenen wechseln möchten. Wie beurteilen Sie dies?
Unsere Jugendensembles umfassen zurzeit 64 Kinder und Jugendliche, ich denke, wir sorgen also an unserer Musikschule ausreichend für Nachwuchs. Regelmässige Konzerte unserer Ensembles an den Konzerten der Vereine schaffen dann die nötigen Kontakte. Damit die jungen Menschen den Schritt in den Verein machen, dafür müssen sich die Musikgesellschaften mit einem zeitgemässen Repertoire und einem attraktiven Vereinsleben einsetzen. Allerdings entspricht es wohl generell weniger dem aktuellen Zeitgeist, dass sich junge Menschen verpflichtend in Strukturen wie Vereine einbinden möchten, wo ein regelmässiges Erscheinen und freiwillige Mitarbeit erwünscht sind. Alle Vereine kämpfen mit dem Nachwuchsproblem.

Am Jubiläumswochenende konnte die Integration der Jugendmusik in Ihre Musikschule gefeiert werden. Was erhofft man sich davon?
Die Zusammenarbeit mit den Vereinen ist uns wichtig. Denn wir sind der Meinung, dass so die Energie für eine Sache – in diesem Falle die Blasmusik – gebündelt werden kann beziehungsweise die Aufgaben sinnvoll aufgeteilt werden können. Wir verstehen uns als Kompetenzzentrum für die musikalische Bildung, und der Musikverein ist eine von vielen Möglichkeiten, die Musik als Teil des Lebens zu geniessen. Deshalb freuen wir uns über alle, die später den Weg in einen der umliegenden Vereine finden. Die Initiative zum Zusammenschluss der Jugendblasorchester kam übrigens aus den Reihen des Musikvereins Bubendorf.

Gibt es weitere Integrationen?
Nein, weitere Integrationen sind nicht mehr nötig, da nun alle Kinder aus unserem Einzugsgebiet in unseren Ensembles musizieren.

In Zeiten knapper Finanzressourcen der Gemeinden kann die Führung einer Musikschule sehr anspruchsvoll sein. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Die musikalische Bildung in den beiden Frenkentälern geniesst hohe Akzeptanz bei den Gemeindevorsteherinnen und -vorstehern. Persönliche Gespräche mit den für die Musikschule zuständigen Gemeinderäten bestätigen diesen Eindruck. In meinen vier Jahren an der Musikschule erlebte ich jedenfalls nie grosse Diskussionen bei der Verabschiedung des Budgets. Ich bin dankbar für diese Unterstützung und dieses Vertrauen. Meine Aufgabe ist es, die gesprochenen Gelder sinnvoll und umsichtig einzusetzen.

Wenn Sie auf das Jubiläumswochenende zurückblicken, was bleibt Ihnen in Erinnerung?
Es war unbeschreiblich, emotional, sensationell! Auch mit diesen Worten lässt sich wohl nur halbwegs beschreiben, was uns an diesem Wochenende widerfahren ist. Ich denke, dass wir die Werte und die Vision unserer Musikschule nicht besser nach aussen hätten tragen können. Sämtliche bis heute eingetroffenen Rückmeldungen waren überaus positiv. Doch um solche «Mega-Events» durchzuführen, braucht es ein enorm motiviertes Kollegium, das den Willen hat, die gesteckten Ziele umzusetzen – auch wenn der Aufwand gross ist.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihrer Musikschule?
Dass die Musik in unserer Gesellschaft als persönlicher und kultureller Ausdruck ihren Stellenwert erhalten und sogar noch weiter ausbauen kann. Musik ist eine Kommunikationsform, absolut frei von Gewalt und Werten. Sie kann von jedem Menschen, ungeachtet seiner Herkunft und seiner Gesinnung, erfahren und verstanden werden. In diesem Sinne wünsche ich mir, dass unsere Musikschule ein Ort der Begegnung und Inspiration bleibt, wo Menschen sich über die Musik austauschen und verbinden.

Vielfältiger Musiker

svr. Andreas Jörin ist 57 Jahre alt, verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn. Er ist in Hölstein aufgewachsen und heute in Liestal wohnhaft. Vor der Musikschule beider Frenkentäler war er zwei Jahre Leiter der Musikschule Region Stein (AG) und ein Jahr Leiter der Musikschule Bipperamt (BE).
An der Jazzschule Basel hat er Schlagzeug studiert, zudem machte er Studienaufenthalte in Kuba (Timbales, Congas, Drumset) und Kurse beim afrikanischen Meister Billy Konate auf der Djembe-Trommel (Tradition Malinke, Guinea).
In seiner Freizeit geht er gerne wandern (Lama-Trekking), Velo fahren und er vertieft sich in der Wildpflanzenverarbeitung. Aktuell spielt er in Bands wie «Big Sound Orchestra» (Big-Band-Musik), «Freestyle-Drummers» (Perkussion), «Chatpître2» (Musique hors ligne) und in einer Djembe-Gruppe.

«Musik fördert alle kognitiven Fähigkeiten»

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