«Ein Comeback kommt nicht infrage»
22.06.2023 HäfelfingenSusanne Strub tritt nach 13 Jahren als Landrätin ab
Ein Bauernhof, vier Kinder, ein nebenberufliches Catering-Angebot und die Politik. Susanne Strub hat als SVP-Landrätin 13 Jahre lang so manches unter einen Hut gebracht. Am 30. Juni endet ihre Zeit im Baselbieter Parlament. ...
Susanne Strub tritt nach 13 Jahren als Landrätin ab
Ein Bauernhof, vier Kinder, ein nebenberufliches Catering-Angebot und die Politik. Susanne Strub hat als SVP-Landrätin 13 Jahre lang so manches unter einen Hut gebracht. Am 30. Juni endet ihre Zeit im Baselbieter Parlament. Die Häfelfingerin blickt zurück, zieht ein «positives» Fazit und sagt, wo sich die Politik in eine falsche Richtung entwickelt habe.
Janis Erne
Als es im Sommer des Jahres 2013 darum ging, ihren «Baselbieter-Bäuerinnen-Apéro» bekannt zu machen, lud SVP-Landrätin Susanne Strub kurzerhand ihren Parteikollegen und damaligen Bundespräsidenten Ueli Maurer nach Sissach ein. Im Ebenrain-Zentrum stellte sie zusammen mit ihren Geschäftspartnerinnen das Angebot vor. Der Coup mit dem Bundespräsidenten gelang: Das mediale Interesse war gross, hochrangige Gäste aus Wirtschaft und Politik machten dem Anlass ihre Aufwartung.
Diese Anekdote veranschaulicht das Wesen von Susanne Strub treffend: Packt sie etwas an, dann richtig, «und mit Herzblut», wie sie sagt. Genau so politisierte die Häfelfingerin, die mit ihrem Mann auf dem Mattenhof wohnt, mehr als 13 Jahre im Landrat. Heute ist ihre letzte Sitzung – Gelegenheit also, um auf ihre Zeit als Parlamentarierin zurückzublicken.
Auf Anhieb populär
Die 56-Jährige hatte nicht den «klassischen» Politweg hinter sich, als sie 2010 für den Thürner Ernst Wüthrich in den Landrat nachrückte; so war sie nie im Gemeinderat. «Das wollte und konnte ich nicht», sagt Strub und spricht damit den Umstand an, dass ihr Mann Eugen viele Jahre Gemeindepräsident von Häfelfingen war. Ein Ehepaar in einem dreiköpfigen Gemeinderat: «Unmöglich.» Geschadet hat ihr die fehlende kommunalpolitische Erfahrung nicht, im Gegenteil: Strub erzielte bei allen drei Wahlen Glanzresultate. Beim ersten Mal überflügelte sie als Nachgerückte in ihrem Wahlkreis sogar den amtierenden SVP-Kollegen Hanspeter Wullschleger, der aber ebenfalls gewählt wurde.
Was ist das Rezept für ihre Popularität? «Sich selber bleiben und authentisch sein», meint Strub. «Ich wurde auch die ‹hemdsärmlige› Oberbaselbieter Bäuerin genannt.» Sie habe im Landrat nie zu den Vielsprechern gehört, aber dann das Wort ergriffen, «wenn es angebracht war». «Die Lautesten sind nicht immer die, die am meisten bewegen», resümiert Strub, die es bis zur Vizepräsidentin der Umwelt- und Energiekommission geschafft hat.
Eine authentische, glaubwürdige Linie zu fahren, war für die SVP-Landrätin aus Häfelfingen nicht immer einfach. Zu gross war zuweilen der Unterschied zwischen der Fraktionsmeinung und den Bedürfnissen ihrer Wählerinnen und Wähler aus dem Homburgertal. Die Debatte um die Abschaffung des «Läufelfingerlis» zeigte dies: Hier die Mehrheit der SVP-Fraktion und die Parteileitung, die gegen den Weiterbetrieb der defizitären Zugstrecke waren, dort Strubs Familie, Verwandte und Bekannte, für welche die S9 sowohl einen nostalgischen Wert hat als auch die schnellste Verbindung nach Sissach und Olten ist. Am Ende, es war im November 2017, gewann Strub, die sich entschieden für den Erhalt des «Läufelfingerlis» eingesetzt hatte, die Volksabstimmung deutlich – auch dank der Zusammenarbeit mit politischen Gegnerinnen wie SP-Landrätin Sandra Strüby aus Buckten.
Eine schwierige Zeit
«Das Schmieden von Allianzen lag mir», sagt Strub rückblickend. Dass die Parteien heute zunehmend weniger Kompromisse eingehen, um einen Konsens zu finden, stört sie: «Der Ton ist härter geworden, es gibt mehr Schwarz-Weiss-Denken.» Diese Haltung einer SVP-Politikerin mag erstaunen, ist es doch auch ihre Partei, die nicht selten Maximalforderungen stellt – sei es kantonal oder national. Doch Susanne Strub weicht bei gewissen Themen auch einmal von der Parteilinie ab – nicht nur beim «Läufelfingerli».
Das wurde zum Beispiel deutlich, als sich die Frau eines Landwirts für die Förderung von regionalen Produkten gegen einige Fraktionskollegen stellte. Sie machte sich für den Griff in einen Bundestopf stark: «Die Gelder sind da – unabhängig davon, ob das Baselbiet sie nutzt oder nicht», argumentierte sie. Heute gibt es mit dem Projekt zur regionalen Entwicklung «Genuss aus Stadt und Land», kurz PRE, entsprechende Fördergelder für Landwirtinnen und Landwirte und das Gewerbe.
Ebenfalls vertrat sie gerne in der Interparlamentarischen Kommission des Universitäts-Kinderspitals beider Basel (UKBB), das 2011 eröffnet wurde, die Baselbieter Ansichten. Für die Mutter von vier mittlerweile erwachsenen Kindern waren die rund 160 Millionen für den Neubau «schon immer gut investiertes Geld». Einige Fraktionskolleginnen und -kollegen hätten damals bei der Besichtigung des Neubaus die hohen Baukosten kritisiert. «Bei der Einweihung sagte ich zu ihnen, dass wir froh sein können, ein solches Spital in der Region zu haben», erinnert sich Strub. Sie sollte das UKBB nur kurze Zeit später besser kennenlernen, als ihr lieb war.
Ländliche Orte berücksichtigen
Und das nicht nur in persönlicher, sondern auch in politischer Hinsicht. Die Häfelfingerin stört sich noch immer über die fehlenden Parkplätze beim UKBB.
Die «links-grüne» Stadt müsse bei der Parkplatzfrage auch an das ländliche Baselbiet denken. Das habe sie ihren Kolleginnen und Kollegen in der «Interparlamentarischen Geschäftsprüfungskommission UKBB» an der letzten Sitzung ein weiteres Mal mit auf den Weg gegeben, sagt Strub, die nach 12 Jahren nun aus diesem bikantonalen Gremium ausscheiden wird.
Gegen zu viele Vorschriften
Eines ihrer Dauerthemen war die Denkmalpflege. Im Landrat und in der Bau- und Planungskommission setzte sich Strub mehrfach «gegen zu viele Vorschriften» in diesem Bereich ein. Für die Oberbaselbieterin war immer klar: Schützenswertes müsse erhalten werden, gleichzeitig solle man aber «Altes mit Neuem kombinieren dürfen – sonst verfallen historische Gebäude und dann hat niemand etwas davon. Unter dem Motto ‹Alte Bausubstanz mit Licht und Leben füllen›.» Strub hat ausserdem kein Verständnis für das Hickhack um die Tschudy-Villa in Sissach. Die Regeln seien klar: «Keine Unterschutzstellung gegen den Willen des Eigentümers.»
Gegen eine «Überregulierung» setzte sich die Teilzeit-Bäuerin, die im Leitenden Ausschuss des Bauernverbands beider Basel sitzt, auch in der Landwirtschaft ein. Insbesondere machte sie sich für eine Lockerung der Gewässervorschriften stark. Denn zu viele Vorschriften würden der Landwirtschaft, und dem Gewerbe generell, schaden. «Für jedes neue Gesetz sollten zwei bestehende abgeschafft werden», findet Strub.
Wenn die Noch-Landrätin auf ihre vier Amtsperioden zurückblickt, zieht sie ein «positives» Fazit. Sie habe einiges bewegen und sich für Dinge einsetzen können, die ihr am Herzen liegen. Sie sei zum Beispiel «sehr froh», dass der Landrat zusammen mit Finanzdirektor Anton Lauber die Kantonsfinanzen ins Lot bringen konnte. Und auch darüber, dass das Baselbieter Stimmvolk 2014 entschieden hatte, selbstständig zu bleiben und nicht mit dem Kanton Basel-Stadt zu fusionieren.
Ein neues Hobby
In wenigen Tagen, am 30. Juni, endet nun also die Zeit von Susanne Strub im Landrat. Die Amtszeitbeschränkung greift. Zwar könnte sie, die 2015 einen SVP-Vorstoss zur Aufhebung ebendieser Guillotine erfolglos vertrat, laut Gesetz in vier Jahren erneut antreten. Doch das komme nicht infrage, so Strub. Für sie sei immer klar gewesen: Wenn sie Grossmutter werde, höre sie mit der Politik auf. Das wurde sie im Oktober 2021. Der Zeitpunkt, abtreten zu müssen, passt also. Strub hütet bereits jetzt einen Tag pro Woche ihr Enkelkind. Damit wolle sie ihrer Familie, die ihr während der Landratskarriere «immer den Rücken freigehalten hat», etwas zurückgeben.
Vermissen wird die SVPlerin die häufig «langatmigen» Parlamentsdebatten nicht, und langweilig werde es ihr kaum. Den frei werdenden Tag pro Woche werde sie problemlos füllen können. Nicht nur mit Familienzeit: Die Häfelfingerin wird zum Beispiel auch SVP-Delegierte bleiben, mehr auf dem Hof helfen, zu den Tieren schauen und ihrer neusten Leidenschaft, dem Cornetspielen, frönen. Mit diesem musikalischen Hobby hat sie im Alter von 54 Jahren begonnen und mit ihrem Musiklehrer Gregor Krtschek und Musikkollegen Urs Küffer, «the late blowers» gegründet. Er arrangiert auch die musikalischen Stücke für die Band. «Es spielen aktuell schon sieben Kollegen mit und wir wurden und werden für kleine Auftritte engagiert.»
Und da ist ja noch das Standbein mit den selbst zusammengestellten Geschenkkörben und dem «Baselbieter-Bäuerinnen-Apéro». Zehn Jahre nach dem öffentlichkeitswirksamen Start mit Ueli Maurer laufe das Geschäft «bestens», sagt Strub, ehe sie sich daranmacht, den nächsten Apéro vorzubereiten.