Verwechslung zerstört Ernte
16.06.2023 MaisprachWeinbauer setzte aus Versehen falsches Spritzmittel ein
Der Maispracher Weinbauer Urs Imhof hat mit einem Missgriff im Spritzmittelschrank seine gesamte Traubenernte 2023 vernichtet, noch ehe die Reben fertig geblüht haben. Immerhin haben die Rebstöcke keinen Schaden ...
Weinbauer setzte aus Versehen falsches Spritzmittel ein
Der Maispracher Weinbauer Urs Imhof hat mit einem Missgriff im Spritzmittelschrank seine gesamte Traubenernte 2023 vernichtet, noch ehe die Reben fertig geblüht haben. Immerhin haben die Rebstöcke keinen Schaden genommen.
Christian Horisberger
Wer von Magden her in Maisprach einfährt, dem präsentiert sich derzeit ein rätselhaftes Bild. Die Reben links von der Hauptstrasse sind zur Hälfte von dichtem Wuchs und satt grün und zur anderen Hälfte schütter und bräunlich. Beim näheren Hinschauen zeigt sich, dass die Blätter und Austriebe der braunen Reben verdorrt sind. Die Traubenblüten sind zum Teil grün und stehen in Blüte, die meisten aber sind am Welken und Verdorren. Noch vor einer Woche hatten sich beide Teile der Reblage im «Chrummacher» in identischem, gesundem Zustand befunden.
Im Dorf hat bereits die Runde gemacht, was geschehen ist: Die Reben sind mit einem falschen Mittel behandelt worden und «verbrannt», die Ernte 2023 ist damit vernichtet. Auch, wem das Missgeschick unterlaufen ist, weiss jeder in Maisprach: Urs Imhof. Mit seinen 2 Hektaren Rebfläche ist er einer der grösseren Winzer im Dorf, früherer Rebchef sowie Mitgründer und langjähriger Präsident des «Wy-Erläbnis».
Beim Treffen, das auf Wunsch der «Volksstimme» zustande kommt, wird deutlich, dass der Fehler Imhof sehr mitgenommen hat. Er wirkt niedergeschlagen. «Traurig!» sagt er mehrfach, als er erzählt, was geschehen ist und während er uns im Rebberg die lädierten Pflanzen zeigt. «Einfach traurig!»
Falscher Kanister
Er könne sich nicht erklären, wie das passieren konnte, beginnt Imhof. Am Samstag früh habe er das Spritzmittelkonzentrat und Wasser in die Gebläsespritze am Traktor eingefüllt. Dort sei es passiert. Anstelle des Fungizids «Dynali» gegen den Falschen Mehltau erwischte er den Kanister mit «Dunovum», einem Mittel zum Entfernen von Stockausschlägen – das sind Triebe im Stammbereich der Rebe. Das Mittel habe er bisher erst einmal eingesetzt, sagt Imhof, ansonsten würden die Triebe von Hand entfernt.
Die Folgen der Verwechslung wurden schon nach wenigen Stunden sichtbar. Ein Winzerkollege rief Imhof am frühen Nachmittag an und wies ihn darauf hin, dass mit seinen Reben etwas nicht stimme. Nach einem Blick auf die Reben und der Kontrolle des Spritzmittelschranks sei für ihn alles klar gewesen, sagt der Weinbauer: Dieses Jahr würde er keine Trauben ernten können.
In einem normalen Jahr geben die Rebstöcke des Weinbauern rund 16 000 Flaschen Blauburgunder-, Chardonnay- und Kernertrauben her, die Imhof in Bözen keltern lässt und selber vermarktet oder in der Eigengewächswirtschaft ausschenkt. Der Wein und das während dreier Monate im Herbst geöffnete Beizli sind die einzigen Standbeine des Betriebs. Einen Versicherungsschutz oder Härtefonds für ein solches Missgeschick existiert nicht, der Schaden geht ganz zulasten von Imhof. Dennoch treffe ihn die Vernichtung der Ernte durch die eigene Hand mehr als die finanziellen Auswirkungen, so der Weinbauer. Kommt hinzu: Imhof ist am 8. Juni 65 Jahre alt geworden und wird seine Rebparzellen demnächst verkaufen. Der 2023er hätte sein letzter eigener Jahrgang werden sollen.
Am Sonntag, dem Tag nach dem unglücklichen Spritzmitteleinsatz, nahm Imhof einen ersten Augenschein in seinen Parzellen in den Gebieten Höchi und Chrummacher, seither habe er sich von den Reben ferngehalten. Er habe es nicht übers Herz gebracht, herzukommen, sagt er. Ein Winzerkollege habe ihm aus Solidarität angeboten, ihm den fälligen Grasschnitt zwischen den Rebstöcken abzunehmen. Auch andere Weinbauern hätten ihm Mitgefühl entgegengebracht und Trost gespendet.
Rebstöcke gesund
Gestern fasste sich der Unglücksrabe ein Herz und inspizierte die Reben. Dabei entdeckte er etliche frische Triebe, Augen und winzige Blätter. Es sehe ganz danach aus, dass die Rebstöcke durch die Fehlbehandlung keinen weiteren Schaden genommen haben, sagt Imhof. Es sei sogar wahrscheinlich, dass die Stöcke in diesem Jahr dennoch Trauben hervorbringen. Doch würden diese nicht reif genug, um zu Wein gemacht zu werden: «Dann werden sich die Leute, die jetzt über die braunen Reben staunen, wundern, warum die Trauben an den Stöcken nicht geerntet werden …»
Trotz des verlorenen Ertrags wird es für den Neurentner dieses Jahr in den Reben einiges zu tun geben. Für einen guten Start in die Wachstumsperiode im kommenden Jahr müssen die Stöcke wie üblich gepflegt und geschnitten werden. Schliesslich will der Winzer seine Reben in bestem Zustand an seine Nachfolger übergeben.