Neues Leben im historischen Kurhaus
22.06.2023 WaldenburgInitiative Familie mit drei Lamas macht Städtchen um eine Attraktion reicher
Die neunköpfige Familie von Nicole und Reto Jeanneret ist daran, das historische Kurhaus Schanz zu neuer Blüte zu führen. Bereits jetzt, noch im Aufbau, gilt das ehemalige Hotel als ...
Initiative Familie mit drei Lamas macht Städtchen um eine Attraktion reicher
Die neunköpfige Familie von Nicole und Reto Jeanneret ist daran, das historische Kurhaus Schanz zu neuer Blüte zu führen. Bereits jetzt, noch im Aufbau, gilt das ehemalige Hotel als Geheimtipp.
Robert Bösiger
Wer von Langenbruck her den Oberen Hauenstein hinab und ins Städtchen Waldenburg einfährt, dem könnte womöglich das stattliche Haus auf einer gegenüberliegenden Anhöhe hoch über dem Städtchen ins Auge stechen. Es ähnelt den Kurhäusern oben in Langenbruck – und ein solches war es auch. Ist es wieder. Das Kurhaus Schanz.
Genau wie Langenbruck profitierte Waldenburg, am Fusse des Oberen Hauensteinpasses gelegen, in früheren Jahrhunderten vom Durchgangsverkehr. Dass die beiden Kantone Basel und Solothurn die Passstrasse um 1830 – also noch kurz vor der Kantonstrennung beider Basel – gemeinsam ausbauten, begünstigte den damals aufkommenden Tourismus. Und auch der Bau der Waldenburgerbahn anno 1880 zwischen Liestal und Waldenburg wirkte sich positiv aus.
Das Kurhaus Schanz entstand 1912/13 und Waldenburg erhielt so auch ein grosses Hotelgebäude. Architekt Alfred Nägelin erbaute das dreigeschossige Gebäude mit dem wuchtigen doppelgeschossigen Krüppelwalmdach auf der Anhöhe im Neubarock-Stil. Die ersten Jahre war es wie geplant ein Kurhaus und wurde gemeinsam von drei Wirten geführt. In den Kellergewölben konnte man verschiedene Wasserkuren geniessen und an Wochenenden fanden auch Tanzabende statt. Während des Ersten Weltkriegs und der darauffolgenden Wirtschaftskrise blieben die Kurgäste nach und nach aus.
Um 1950 erwarb Jakob Meier-Stahl das Kurhaus Schanz und errichtete ein Privat-Altersheim, bei welchem die Gäste ebenso ausblieben. Im Jahr 1975 kehrte neues Leben in die Gemäuer, indem der in Basel tätige Drucker Edwin Vogt das Haus erwarb, es in ein Mehrfamilienhaus umbaute und im Erdgeschoss eine Siebdruckerei einrichtete. Vogt druckte unter anderem Plakate und stellte Beschriftungen her. Die Edwin Vogt Partner AG war bis 2012 tätig, ab dann nutzte Vogt die grosse Liegenschaft nur noch zum Wohnen.
Neubeginn im Jahr 2022
Vor rund einem Jahr kam es zur Handänderung: Die Familie Vogt verkaufte die Liegenschaft dem Ehepaar Nicole und Reto Jeanneret und zog weg. Am 1. Juli vergangenen Jahres zogen die Jeannerets mit ihren sieben Kindern hier hinauf.
Die junge Familie wohnte in den letzten Jahren im Fricktal, doch der beschränkte Platz liess sie sich nach einer neuen Bleibe umsehen. Hier, auf der «Schanz», wurden sie fündig und die gebürtige Bretzwilerin Nicole Jeanneret, die schon früher mit dem Gedanken liebäugelte, dereinst ein «Bed & Breakfast» zu betreiben, sah ihre Chance gekommen. Hier, im Kurhaus Schanz, sei alles da und die sonnige Lage mit viel Grün sei wundervoll. «Ein Glücksfall», wie sie sagt: «Wir haben viel Umschwung, viel Platz – und viele Möglichkeiten.»
Tatsächlich. Das zeigt ein Augenschein im Innern: Im Erdgeschoss gibt es eine Küche, ein Gästezimmer, ein Spielzimmer und vor allem einen grossen Saal respektive Gemeinschaftsraum, den man auch für Anlässe mieten kann und der einst schon als Essraum und Tanzsaal diente. Im ersten Stock finden wir zwei Ferienwohnungen und «Bed & Breakfast»-Räume sowie eine grosse Terrasse. Den zweiten Stock bewohnt die neunköpfige Familie selbst und im 3. Stock hat es weitere Gästezimmer sowie eine Ferienwohnung für Kurzzeit- oder Langzeitaufenthalte.
Die Jeannerets sind nun Schritt für Schritt daran, die Räumlichkeiten schön herzurichten. Doch bereits jetzt nächtigen Durchreisende oder Gäste von Leuten aus dem Städtchen hier und geniessen den Charme des Kurhauses Schanz.
Von den Einheimischen seien sie gut aufgenommen worden, berichtet Nicole Jeanneret. Und die Kinder fühlen sich wohl in der örtlichen Schule. Der älteste Sohn absolviert in Liestal eine Lehre als Elektroinstallateur und der Jüngste – der dreijährige Dreikäsehoch Noah – hält seine mit Waschen, Putzen, Kochen und Administration (viel) beschäftigte Mutter bei guter Laune.
Ihr Mann, der in der Sicherheitsbranche arbeitet, unterstütze sie in Haus, Garten und Kinderbetreuung nach Kräften, sagt die Frau, die über beneidenswert grosse Energiereserven zu verfügen scheint.
Drei Lamas im Anmarsch
Dieser Tage sind Reto (50) und Nicole (43) Jeanneret zusätzlich daran, den Garten anzulegen und das Gartenhaus als Stall für die drei Lamas herzurichten, die diesen Sommer auf die «Schanz» kommen werden. Sie hätten die Absicht, Spaziergänge mit diesen Tieren anzubieten. Die Kinder helfen entsprechend ihren Möglichkeiten mit, den Betrieb im Kurhaus Schanz am Laufen zu halten, zum Beispiel beim Füttern der Hühner.
Arbeitsplatz mit Aussicht
rob. Neben dem Angebot für «Bed & Breakfast», Ferienwohnungen und Gästezimmer ist im Kurhaus Schanz ein weiteres Angebot am Entstehen. Unter dem Motto «Arbeit, Austausch, Aussicht» ist Daniela Spielmann, ebenfalls wohnhaft in Waldenburg, daran, im Kurhaus Schanz ein Coworking-Projekt auf die Beine zu stellen. Konkret: Hier kann man – je nach individuellem Bedürfnis – arbeiten, essen oder seine Kinder mitnehmen und auf Anfrage und gegen Gebühr sogar von Gastgeberin Nicole Jeanneret betreuen lassen.