Eine Fusion, unzählige Details
27.06.2023 ArisdorfHersberg/Arisdorf | Vertrag über den Zusammenschluss der beiden Gemeinden liegt vor
Die Einwohnerinnen und Einwohner von Arisdorf und Hersberg können am 20. September über den Vertrag für die Gemeindefusion abstimmen. Gestern wurde das Werk, das ...
Hersberg/Arisdorf | Vertrag über den Zusammenschluss der beiden Gemeinden liegt vor
Die Einwohnerinnen und Einwohner von Arisdorf und Hersberg können am 20. September über den Vertrag für die Gemeindefusion abstimmen. Gestern wurde das Werk, das unzählige Punkte regelt, vorgestellt.
David Thommen
Der «Vertrag über den Zusammenschluss der Einwohnergemeinden Arisdorf und Hersberg», der beiden Gemeindeversammlungen am 20. September zur Genehmigung unterbreitet wird, umfasst neun Seiten – und ist damit schlank gehalten. Der dazugehörige Bericht des Projektleitungsgremiums, das die Fusion vorbereitet, ist hingegen ganze 85 Seiten stark. Er befasst sich in 18 Kapiteln mit allen erdenklichen Detail-Anpassungen, die in Gemeindegesetz, Reglementen, bestehenden Zusammenarbeitsverträgen und so weiter nötig werden. Das reicht von der Festlegung der künftigen Anzahl der Gemeinderäte über den Standort für den Werkhof bis zum Wasserreglement oder der Festsetzung der Hundegebühr. Das Werk zeigt exemplarisch die immense Reglementierungs- und Vertragsbandbreite, in der sich die Gemeinden hierzulande bewegen.
In Auftrag gegeben haben die Gemeindeversammlungen von Hersberg und Arisdorf die Fusionsverhandlungen im Jahr 2019. In Hersberg war die Zustimmung mit 18 gegen 9 Stimmen etwas weniger klar als in Arisdorf (44 Ja- zu 2 Nein-Stimmen). Der Anstoss für eine Fusion kam aus Hersberg, das mit seinen nur 384 Einwohnerinnen und Einwohnern zunehmend Mühe bekundet, seine Behörden vollständig zu besetzen und in der Vergangenheit sogar schon einen Statthalter vom Kanton vorgesetzt bekam. Arisdorf mit seinen 1736 Einwohnerinnen und Einwohnern hat diesbezüglich keine Mühe.
Keine «Muster» im Baselbiet
Das Projektleitungsgremium mit Vertreterinnen und Vertretern beider Dörfer arbeitete unter der Führung des Diegters Dieter Pfister, der mit seiner Firma «dp Dienstleistungen GmbH» Spezialist in Sachen Organisation der Gemeinden ist. Allerdings ohne praktische Fusionserfahrung im Baselbiet: Denn anders als beispielsweise im Kanton Aargau, wo Gemeindefusionen fast schon an der Tagesordnung sind, liegt hier der letzte Zusammenschluss – von Biel und Benken zu Biel-Benken – mehr als 50 Jahre zurück. Ein brauchbarer Baselbieter Mustervertrag, an dem man sich hätte orientieren können, bestand also nicht. So gesehen könnte der gestern vorgelegte Vertrag samt Erläuterungen als Blaupause für weitere Gemeindefusionen dienen, die in den kommenden Jahrzehnten vielleicht irgendwann zur Diskussion stehen.
Allerdings hätte das Muster nur einen begrenzten Wert, denn ein Zusammenschluss von Arisdorf und Hersberg dürfte für durchschnittliche Baselbieter Verhältnisse vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen sein. Dies, weil sich in den vergangenen Jahrzehnten bereits eine weitgehende Zusammenarbeit zwischen den beiden Dörfern etabliert hat. Der Schritt zur Fusion ist damit zumindest in technischer Hinsicht nicht mehr allzu gross. So kauft Hersberg die Dienstleistungen der Gemeindeverwaltung schon heute in Arisdorf ein, auch bei der Schule ist die Partnerschaft längst verwirklicht und in weiteren Belangen wie Zivilschutz, Feuerwehr oder Altersbetreuung ist man längst gemeinsam in grösseren Verbünden organisiert, was im Falle der Gemeindefusion keine grossen neuen Regulierungen nach sich ziehen wird. Von Vorteil ist auch, dass beide Dörfer im gleichen Wahlkreis für die kantonalen Wahlen liegen, was keine diesbezüglichen Anpassungen auf Kantonsebene zur Folge hätte.
Neben Projektleiter Pfister und Vertreterinnen und Vertretern beider Gemeinden war gestern in Arisdorf auch der Baselbieter Finanz- und Gemeindedirektor Anton Lauber anwesend, um das Vertragswerk den Medien zu präsentieren. Der Kanton Baselland steht den beiden Dörfern beratend zur Seite und amtet als Schiedsstelle, falls Ungereimtheiten auftreten. Auch müssen Regierungsrat und Landrat der neuen Gemeinde abschliessend zustimmen.
Vollzogen werden kann die Fusion am 1. Januar 2025 bei einem vorhergehenden Ja zum Vertrag an beiden Gemeindeversammlungen und danach in beiden Dörfern an der Urne. Dieser Zeitpunkt ist später als ursprünglich geplant; Corona hatte die Verhandlungen verzögert. Dies führt nun dazu, dass in beiden Gemeinden die laufende Amtszeit der Behörden, die eigentlich bis Mitte 2024 dauert, bis Ende 2024 verlängert wird. Die Gemeinderatswahlen finden in beiden Dörfern also nicht im kommenden März statt wie in den restlichen 84 Baselbieter Gemeinden, sondern deutlich später im Jahr. Voraussetzung dafür ist, dass beide Gemeindeversammlungen sowie der Regierungsrat dieser Verschiebung zustimmen.
Die Gemeinde heisst Arisdorf
Bedeutende Eckwerte des Vertrags sind schon seit einiger Zeit bekannt. So wird die neue Gemeinde offiziell schlicht «Arisdorf» heissen. Hersberg wird nur noch verwendet, wenn es um den Ortsteil geht, auch das Hersberger Wappen wird auf Dokumenten nicht mehr zu sehen sein, sobald sie amtlichen Charakter haben. Weitere Punkte aus den Unterlagen:
• Die «neue» Gemeinde wird von fünf Gemeinderätinnen und -räten geleitet. Es wird im Dorf nur einen Wahlkreis geben, was bedeutet, dass Hersberg nicht zwingend ein Mitglied, das ihm rechnerisch zustehen würde, stellen kann. Umgekehrt ist es denkbar, dass der Ortsteil Hersberg mehrere Gemeinderätinnen und -räte stellen kann, sofern diese gewählt werden.
• Die bisherigen Postleitzahlen bleiben voraussichtlich bestehen.
• Wahlbüros gibt es weiterhin sowohl in Arisdorf wie auch in Hersberg. Das Wahlbüro wird neu neun Mitglieder haben.
• Nicht alle der Reglemente wurden für die vereinigte Gemeinde komplett neu geschrieben. Beispielsweise das Verwaltungs- und Organisationsreglement und das Abfallreglement werden von Arisdorf übernommen, das neue Steuerreglement oder das Hundereglement hingegen sind heute schon in Hersberg in Kraft.
• Etwas knifflig wird es mit dem Budget 2025, das im Dezember 2024 genehmigt werden muss. Zu einem Zeitpunkt also, zu dem die Fusion noch nicht vollzogen ist. Hier müssen beiden Gemeindeversammlungen gleichlautende Zahlen vorgelegt werden. Sollte eine der beiden Gemeinden die Zustimmung verweigern oder eine Differenz schaffen, muss das Budget laut Vertrag innerhalb von zwei Monaten der Versammlung der fusionierten Dörfer erneut vorgelegt werden.
• Der Steuerfuss dürfte nicht zum Pferdefuss werden: Er liegt in beiden Gemeinden gleich hoch, bei 59 Prozent. Hersberg hat auf dieses Jahr hin seine Steuern um 4 Prozentpunkte erhöht und damit mit Arisdorf harmonisiert. Dies allerdings nicht als Fusionsvorbereitung, wie damals betont wurde. Hersberg wollte damit sein strukturelles Defizit beseitigen.
• Erstaunlich knapp gehalten ist in den Ausführungen des Projektleitungsausschusses das Thema Finanzen. Beide Gemeinden stehen finanziell nicht schlecht da. Weder Arisdorf noch Hersberg sind damit für die Fusionsgemeinde eine grössere «Hypothek».
Keine sofortige Lösung konnte für das Problem «Bürgergemeinden» gefunden werden. Hersberg hat keine eigenständige Bürgergemeinde mehr, Arisdorf hingegen schon (mit Basel-Olsberg sogar zwei). Damit es zur Fusion der Bürgergemeinden kommen kann, muss Hersberg eine solche zuerst gründen, um sie sofort mit der Bürgergemeinde Arisdorf verschmelzen zu können. Das Verfahren dazu ist komplizierter. Darauf und auf weitere Punkte der Pressekonferenz von gestern kommt die «Volksstimme» in der Ausgabe vom Donnerstag nochmals zurück.
Vertrag und Erläuterungen können auf den Internetseiten der beiden Gemeinden eingesehen werden.