David gegen Goliath
09.06.2023 HäfelfingenDas kleine Dorf bietet der grossen Swisscom die Stirn
bleibt bis auf Weiteres ein Handy-Funkloch. Mit grossem Mehr hat die Gemeindeversammlung einen Kredit über 9000 Franken für eine Zonenplanänderung bewilligt: Damit soll verhindert werden, dass die Swisscom auf dem ...
Das kleine Dorf bietet der grossen Swisscom die Stirn
bleibt bis auf Weiteres ein Handy-Funkloch. Mit grossem Mehr hat die Gemeindeversammlung einen Kredit über 9000 Franken für eine Zonenplanänderung bewilligt: Damit soll verhindert werden, dass die Swisscom auf dem betreffenden Grundstück eine Handyantenne bauen kann.
Christian Horisberger
«Wir sind nicht gegen eine Handyantenne – aber gegen eine Antenne dort.» Gemeindepräsident Rainer Feldmeier sagte an der Gemeindeversammlung vom Mittwoch mehrfach, dass der Gemeinderat – und mit ihm ein wesentlicher Teil der Einwohnerschaft – daran interessiert sei, dass Häfelfingen endlich aus seinem Funkloch kriechen kann. Aber der Standort beim alten Schützenhaus, wo die Swisscom nun eine Antenne aufstellen will, liege zu nahe beim Dorf. Wegen möglicher gesundheitlicher Risiken wolle man den 10-Meter-Mast dort nicht.
Davon ausgehend, dass mit Einsprachen gegen das Baugesuch kaum etwas auszurichten ist, sofern die Bauvorschriften eingehalten werden, versuchen es die Häfelfinger nun mit einem «Buebetrickli»: Das Grundstück soll von der «antennenkonformen» Zone für öffentliche Werke und Anlagen (OeWA) in die Landwirtschaftszone verschoben werden. Damit würde die Hürde für den Bau massiv erhöht.
Der Gemeindepräsident machte keinen Hehl daraus, dass er mit dem bisherigen Vorgehen der Swisscom bei der Suche nach einem Antennenstandort grosse Mühe habe: Das Unternehmen trete gegenüber der Gemeinde arrogant auf und ignoriere mit seiner Standortwahl den Willen der Dorfbevölkerung. Nichtsdestotrotz sagte er an der Versammlung vom Mittwoch, dass die Gemeinde mit der Umzonung vor allem einen Fehler korrigieren wolle, der vor 25 Jahren beim Verkauf des Grundstücks samt altem Schützenhaus gemacht worden sei: Der Verkauf von OeWA-Land an eine Privatperson sei nicht legal gewesen. Doch sei man sich dessen damals nicht bewusst gewesen und der Kanton habe auch nicht interveniert. Erst im Zusammenhang mit dem Antennenbau sei der seinerzeitige Fehler entdeckt worden.
Nur Urheber spricht Klartext
Auf die direkte Frage aus der Versammlung, ob die Umzonung dazu diene, diese Antenne zu verhindern, antwortete Feldmeier im Stile eines ausgebufften Anwalts: «Wir stellen einen Fehler richtig, mit dem Effekt, dass sie nicht gebaut wird.» Klartext sprach dagegen Peter Thommen, «Nachbar» der geplanten Mobilfunkanlage und Antragsteller für die Umzonung: Dies sei eines der wenigen Mittel, um mitreden zu können, wohin die Antenne kommt. «Das sollten wir nutzen.»
Keine abschliessende Antwort konnte der Präsident darauf geben, ob nach einer Umzonung die Antenne nicht doch gebaut werden könnte und damit das Geld für die Zonenplanänderung in den Sand gesetzt wäre. Auch in der Landwirtschaftsszone könnten solche Anlagen gebaut werden, so Feldmeier, doch müsste die Swisscom in diesem Fall den Nachweis erbringen, dass eine Sendeanlage an keinem anderen Standort möglich ist. Der Kredit über 9000 Franken für die Zonenplanänderung wurde schliesslich mit 28 zu 4 Stimmen bei 6 Enthaltungen gutgeheissen.
Der Prozess für die Umzonung wird laut dem Gemeindepräsidenten voraussichtlich anderthalb bis zwei Jahre dauern. Ob die Swisscom aufgrund des Drucks der Häfelfinger auf das vorliegende Projekt verzichtet, ist fraglich. Sicher ist, dass deren Vertragspartner und Eigentümer der Schützenhaus-Parzelle, Christoph Buess, an der Vereinbarung festhalten wird. «Die Swisscom hat mein Einverständnis, dass sie bauen darf und dabei bleibt es.»
Grundbesitzer will aktiv werden
Den Entscheid der Versammlung, die Zonenplanänderung anzugehen, nehme er mit Bedauern zur Kenntnis, sagte Buess gestern – für all jene, die in Häfelfingen weiterhin keinen Handyempfang hätten. Er werde nun Abklärungen treffen, ob das Vorgehen der Gemeinde rechtskonform ist. Ohne schon auf Näheres eingehen zu können, sagte er, dass er «sicher etwas unternehmen» werde.
Sollte der Plan der Gemeinde aufgehen, hätte sie auch schon einen alternativen Antennenstandort parat: 450 Meter vom Dorf entfernt in einem Wald. Diesen Platz hat das Kommunikationsunternehmen allerdings aus technischen Gründen bereits aussortiert. Mehrere Stimmen am und vor dem Ratstisch stellten ihre Vermutung in den Raum, dass die Swisscom den Standort im Dorf vielmehr aus finanziellen Gründen jenem im Wald vorzieht.
Solarstrom fürs Netz
Nach der Beantwortung zahlreicher Fragen hiess die Versammlung auch einen Kredit über 75 000 Franken für die Installation einer Photovoltaikanlage auf den Süddächern des alten Feuerwehrmagazins und des Gemeindehauses gut. Der Strom der Anlage mit einer Fläche von insgesamt gut 100 Quadratmetern und einer Leistung von 20 Kilowattpeak soll vollumfänglich ins Netz eingespeist werden.
Kaum zu diskutieren gaben die weiteren Geschäfte der Gemeindeversammlung. Einstimmig gutgeheissen wurde die Rechnung, die dank eines um 170 000 Franken höher ausgefallenen Finanzausgleichs deutlich besser abschloss als erwartet. Bei Ausgaben von 1,33 Millionen Franken und einer Einlage von 100 000 Franken in die finanzpolitische Reserve weist die Rechnung noch einen Gewinn von 43 000 Franken aus. Aufgrund der gesunden Finanzen fordert die Rechnungsprüfungskommission den Gemeinderat auf, eine Reduktion des Gemeindesteuerfusses zu prüfen. Aktuell steht er bei 61 Prozent.
Einstimmig passierte auch die überarbeitete Gemeindeordnung. Als wesentliche Neuerungen nannte Feldmeier die Verkleinerung der Sozialhilfebehörde um zwei auf drei Mitglieder und eine mögliche stille Wahl des Gemeindepräsidiums. Das Ja zur Gemeindeordnung erfordert eine Bestätigung an der Urne.