Aufgaben werden ausgelagert
16.06.2023 NusshofGemeindeversammlung stimmt einer gemeinsamen Verwaltung zu
Am Dienstag entschied Nusshof als erste der beiden Gemeinden über eine gemeinsame Verwaltung mit der Nachbargemeinde Wintersingen. Die Gemeindeversammlung stimmte dem Ansinnen zu – mit Vorbehalt.
Thomas ...
Gemeindeversammlung stimmt einer gemeinsamen Verwaltung zu
Am Dienstag entschied Nusshof als erste der beiden Gemeinden über eine gemeinsame Verwaltung mit der Nachbargemeinde Wintersingen. Die Gemeindeversammlung stimmte dem Ansinnen zu – mit Vorbehalt.
Thomas Faulstich
«Wir geben mit diesem Vorgehen unsere politische Eigenständigkeit nicht auf. Alle politischen Entscheidungsgremien bleiben bestehen», widersprach Gemeindepräsident Rolf Wirz zu Beginn der Versammlung Gerüchten, die im Dorf kursierten.
Der Vertrag für die Schaffung einer gemeinsamen Verwaltung mit der Gemeinde Wintersingen, über den die Gemeindeversammlung zu befinden hatte, zeigte die Problematik, mit der heute kleine Gemeinden im Baselbiet konfrontiert sind. Die Vielzahl der vom Kanton übertragenen Aufgaben und deren Komplexität lassen sich mit der vorhandenen Personalstruktur gar nicht oder kaum mehr effizient erledigen. Gleichzeitig nimmt der Kostendruck auf die Gemeindefinanzen zu. Damit wird der Spielraum immer kleiner. Die anwesenden Stimmberechtigten sahen sich daher vor einer ähnlichen Ausgangslage wie vor Kurzem bereits bei der Diskussion zum Kreisschulvertrag mit Wintersingen.
Vorbild Arisdorf und Hersberg
Der zur Debatte stehende Vertrag für eine gemeinsame Verwaltung basiert auf der Vereinbarung der Gemeinden Arisdorf und Hersberg aus dem Jahr 2009. Er sieht eine jährliche pauschale Abgeltung an die Gemeinde Wintersingen von 330 Franken für jede in der Gemeinde per Stichtag angemeldete Person vor. Gemäss den Berechnungen des Gemeinderats betragen die aktuellen Kosten für die eigene Verwaltung rund 360 Franken pro Person.
Aus dieser Differenz und den möglichen Einnahmen aus der Vermietung der nicht mehr benötigten Verwaltungsräume sieht der Gemeinderat jährliche Kosteneinsparungen beziehungsweise Mehreinnahmen von zusammen rund 30 000 Franken. Dieser Betrag würde helfen, den vorhandenen Bilanzfehlbetrag weiter abzubauen, was dringend nötig ist. In einem Gespräch mit dem Kanton wurde die Gemeinde verpflichtet, einen realistischen Plan vorzulegen, mit dem aufgezeigt wird, wie dieser Fehlbetrag in den nächsten Jahren abgebaut werden kann. «Gelingt dies nicht, würde der Kanton eingreifen und zum Beispiel den Gemeindesteuersatz festlegen», erläuterte Rolf Wirz.
Im Zusammenhang mit der Präsentation informierte der Gemeindepräsident die Versammlung auch darüber, dass Gemeindeverwalterin Sabine Gysin die Gemeinde verlassen werde, um eine Stelle in ihrer Wohngemeinde Lampenberg anzutreten. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Neuanstellung zusätzliche Mehrkosten auf die Gemeinde zukommen, dürften sehr gross sein.
Bei der angeregten Diskussion wurde der Sinn einer Verwaltungszusammenlegung nicht infrage gestellt, verschiedentlich aber die berechneten Kosteneinsparungen hinterfragt. So wurde kritisiert, dass bei Annahme des Vertrags nicht alle heute existierenden Kosten – wie zum Beispiel die Abschreibungen und die Leistungen an Dritte – wegfallen. Die Einsparungen würden daher nicht in dieser Grössenordnung liegen. Der Vertrag wurde als einseitig und zu starr bezeichnet, da unter anderem die aus der Zusammenlegung möglichen Effizienzgewinne einseitig zugunsten der Gemeinde Wintersingen gingen. Ebenfalls würden die vorgesehenen festen Indexierungen eine allfällige Kosteneinsparung bereits in wenigen Jahren wieder wettmachen. Eine Votantin bemängelte, dass keine zweite Möglichkeit abgeklärt wurde. Auch ein Verwaltungsverbund mit der Gemeinde Sissach hätte Vorteile. Die Fahrzeit wäre etwa identisch und es könnten Behördengänge mit anderen Erledigungen kombiniert werden.
Aus der Diskussion resultierten zwei konkrete Anträge. In einem wurde die Rückweisung und Neuvorlage zusammen mit einer Variante Sissach verlangt. Im anderen der Einbau einer Klausel in den Vertrag, welche die periodische Überprüfung des Beitragssatzes aufgrund der effektiven Kostenentwicklung vorschreibt.
Gemeindepräsident hört auf
Aus dem mehrstufigen Abstimmungsverfahren resultierte letztlich eine Zustimmung zur Zusammenlegung der Verwaltung mit Wintersingen unter dem Vorbehalt des Einbaus der vorhin erwähnten Klausel in den Vertrag. Gemeindepräsident Rolf Wirz nahm den Auftrag mit einer gewissen Skepsis entgegen. Da die Gemeindeversammlung Wintersingen bereits am folgenden Tag über den gleichen Vertrag zu befinden habe, sei es juristisch sehr fraglich, ob eine entsprechende Änderung überhaupt noch eingebracht werden kann (siehe Beitrag auf dieser Seite).
Zum Schluss der Versammlung gab Gemeindepräsident Rolf Wirz bekannt, dass er bei den Wahlen 2024 nicht mehr kandidieren werde. Die beiden anderen Mitglieder im dreiköpfigen Gemeinderat haben sich noch nicht über ihren weiteren Verbleib entschieden. Neben der Neuorganisation der Verwaltung müssen sich die Einwohner und Einwohnerinnen damit auch mit der Neubesetzung der politischen Führung beschäftigen.