Die Menschen sorgen sich wieder weniger um ihre Luftschutzbunker

Der russische Überfall auf die Ukraine hat das Thema Krieg in unser Bewusstsein zurückgebracht. Viele Menschen im Baselbiet sorgten sich zu Beginn des Kriegs um ihre Sicherheit und ihre Luftschutzbunker. Die «Volksstimme» war bei einer Kontrolle in Känerkinden dabei.

Sander van Riemsdijk

Was nie wieder passieren sollte, ist am 22. Februar vergangenen Jahres wieder passiert: Krieg in Europa. Aufgeschreckt durch den russischen Überfall auf die Ukraine, wollen immer mehr Hauseigentümer im Baselbiet ihren Luftschutzraum wieder instand setzen, nachdem dieser in den vergangenen Jahren als Weinkeller, Hobbyraum oder Lager für Lebensmittel genutzt wurde. Plötzlich fragten sich die Menschen wieder, was man bei einem atomaren Angriff beachten müsse.

«Insbesondere in den ersten zwei Wochen nach Kriegsbeginn erhielten wir unzählige Telefonanrufe, E-Mails und Anfragen», sagt der Kommandant des Zivilschutzes Oberes Baselbiet mit einem Milizbestand von etwa 195 Personen, Christoph Jenni. Die Menschen hätten wissen wollen, wo ihr Schutzplatz im Ernstfall liege. Jenni sagt: «Das Informationsbedürfnis war riesig.» Die Nachfrage von Privatpersonen, die ein Einfamilienhaus bauen, nach Luftschutzbunkern sei markant gestiegen. Bei einem Neubau muss eigentlich erst bei einer Grösse von mindestens 38 Zimmern ein Schutzbunker erstellt werden.

Auch das Interesse nach Einrichtungsgegenständen für den Luftschutzbunker sei in die Höhe geschossen. «Es wurde zum Teil regelrecht gehamstert», so Jenni, und weist damit auf die anfänglich fast panikartige Reaktion der Menschen auf die veränderte Weltlage hin. «Unterdessen hat sich die Aufregung aber gelegt.»

Kontrollen nicht intensiviert
Im Baselbiet muss jede Gemeinde über einen Deckungsgrad an Schutzplätzen von 110 Prozent verfügen. Es muss also mehr Schutzpläte als Einwohnende haben. Damit geht der Kanton weiter als der Bund, der 100 Prozent vorschreibt. Die Schutzräume müssen für einen Aufenthalt von mehreren Stunden oder Tagen konzipiert sein. Die Kontrolle der Konstruktion und Ausrüstung der Schutzräume ist Aufgabe des Zivilschutzes.

Die Kontrollen finden alle zehn Jahre statt. Die Hauseigentümer, die für den Unterhalt des Schutzraums selbst verantwortlich sind, werden von der Gemeinde informiert, wann die Kontrollen stattfinden. Bedingt durch den Krieg sind die Kontrollen nicht intensiviert worden, sagt Christoph Jenni. «Solange es keine Bundesanordnung gibt, wird das Intervall bei den Kontrollen gleichbleiben.»

In der Regel ist der Zivilschutz mit einer Patrouille, bestehend aus zwei Zivilschützern, unterwegs. Probleme mit den Hauseigentümern, wenn die Patrouille an der Tür klingelt, gebe es selten, so der Kommandant. Bei den Kontrollen wird der Fokus darauf gelegt, dass der Schutzraum über unversehrte Mauern, einen Filter, ein Lüftungsaggregat, intakte Gummidichtungen und einen Notausstieg verfügt.

Meist in einem guten Zustand
Erfreut stellen die Patrouillen bei den Kontrollen fest, dass die Schutzräume sich meist in einem «überraschend guten Zustand befinden», so Jenni. So auch in einem Einfamilienhaus in Känerkinden, als die «Volksstimme» eine Zivilschutz-Patrouille begleiten konnte. Die Hauseigentümerin gewährt den beiden Zivilschützern Adrian und Tizian Zutritt zum Schutzraum, in dem viele Lebensmittel auf den Regalen gelagert sind, ebenso ein Kühlschrank, der den Eingang zum Noteinstieg blockiert.

Da der Schutzraum innert fünf Tagen betriebsbereit sein muss, gibt es in diesem Fall aber keinen Grund zur Beanstandung. Zudem ist der Raum dank der funktionierenden technischen Anlagen in einem einwandfreien Zustand. Das Ergebnis der Kontrolle, die fünf Minuten dauerte, wird in einem Rapport festgehalten.

Alle haben einen Platz
Die Bevölkerung setze sich nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine mit Fragen rund um den Schutzraum auseinander, sagt Jenni. Es gebe Fragen, die seinem Team regelmässig gestellt würden. Zum Beispiel: Wer kommt im Notfall zu mir in den Schutzraum? Was ist mit den Haustieren zu tun? Wie funktioniert das WC? Wie gross muss der Lebensmittelvorrat sein? Und was passiert bei einem Stromausfall?

Um besser vorbereitet zu sein, wäre das Durchspielen eines Ernstfalls zwar hilfreich, aber logistisch schlicht nicht umsetzbar, so der Kommandant. «Im Ernstfall werden alle einen Platz haben», versichert er.

Kommandant des grössten Verbunds

svr. Christoph Jenni ist seit drei Jahren Kommandant des Zivilschutzes Oberes Baselbiet, des grössten Verbunds im Kanton, und damit zuständig für 24 Gemeinden. Er ist 39 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Söhne. Wohnhaft und aufgewachsen ist er in Pratteln.
Er war früher als Zivilschutz-Instruktor tätig, ist Offizier in der Feuerwehr Pratteln, im Tagespikett der Feuerwehr Region Gelterkinden, Feuerwehr-Instruktor Beider Basel und Mitglied der Fachgruppe «Rettungskette».

«Im Notfall haben alle einen Platz»

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title