SVP-Parteitag hat Kandidierende für Nationalrat nominiert

Elf Personen wollten auf die Liste, sieben schafften es: Der Parteitag der SVP hat die Kandidierenden für den Nationalrat bestimmt. Zudem wurde mit grossem Mehr beschlossen, Sven Inäbnit zu unterstützen. Er kandidiert bei den Ständeratswahlen für die FDP.

Peter C. Müller

Das Servicepersonal im Restaurant und Hofgut Grosstannen in Bubendorf war schon vor dem Start zum SVP-Parteitag vom vergangenen Donnerstag gefordert: «Mit so vielen Leuten hab ich nicht gerechnet …», meinte eine Angestellte. Und ein anderer entgegnete: «Ich bin froh, wenn die Versammlung bald anfängt und alle ihr Essen bekommen haben.»

Kurz vor 19 Uhr füllte sich dann nicht nur der Parkplatz, sondern auch der Festsaal: Stuhl um Stuhl, Reihe für Reihe. Ein «Hallo» hier und ein «Lange nicht mehr gesehen» da. Und schon ging es los. Punkt 19 Uhr kam das Glockengebimmel, das zur Ordnung rief. Kantonalpräsident Dominik Straumann begrüsste die rund 160 Anwesenden im Saal, darunter viel Politprominenz – vom ehemaligen Regierungsrat bis zur aktuellen Nationalrätin. Lautstark wurde das Baselbieterlied intoniert. Aus vollen Kehlen erklang: «Die Baselbieter Lütli sy gar e fliss’ge Schlag, sy schaffe und sy wärche, sovyyl e jede mag.»

Die Masse mobilisieren
Zu tun gab es an diesem Abend in der Tat recht viel: Es stand nicht nur der Parteitag, sondern auch die Generalversammlung an. Bei den kommenden Nationalratswahlen möchte die Partei wie 2019 ein möglichst gutes Resultat erzielen und «die politische Grosswetterlage» nutzen: Zuwanderung und Energieversorgung seien weiterhin die Kerngebiete der SVP. «Das ist unser Jahr, das sind unsere Themen», lautete die Devise. «Bei all den momentanen Herausforderungen steht für die SVP das Wohl unseres Baselbiets und der Schweiz stets im Vordergrund», sagte Kantonalpräsident Dominik Straumann. Dies gelte auch jetzt beim Wahlkampf um Sitze im Bundesparlament. Das Wort «Wahlkampf» bestehe aus zwei Teilen: Wahlen und Kampf. Und um das gehe es, schwörte Straumann die Anwesenden auf den Parteitag ein.

«Wir kämpfen um Stimmen und Anteile in Parlament und Regierung, damit wir die Zukunft unserer Gesellschaft politisch gestalten oder korrigieren können.» Das könne man aber nur mit Mehrheiten tun, sei es in Regierung, Parlament oder bei Volksabstimmungen. «Es muss uns gelingen», so Straumann, «die grosse schweigende Masse zu aktivieren und für uns zu gewinnen.»

Sissacherin überflügelt Sissacherin
Es folgten Diskussionen, Fragen und verschiedene Voten. Entschieden wurde schliesslich, die Kandidierenden für den Nationalrat nach Quoten für das untere und obere Baselbiet aufzustellen. Zudem wollte man die Bisherigen – Sandra Sollberger und Thomas de Courten – ohne lange Vorstellung auf die Liste nehmen und auch jüngere Kandidierende berücksichtigen, wie es von der Präsidentin der Jungen SVP, Nicole Roth, im Vorfeld des Parteitags gefordert wurde. Gewählt wurden schliesslich Thomas de Courten (Rünenberg), Dominique Erhart (Oberwil), Sarah Regez (Sissach), Sandra Sollberger (Liestal), Andreas Spindler (Aesch), Dominik Straumann (Muttenz) und Reto Tschudin (Lausen).

Bemerkenswert ist die Nomination von Sarah Regez. Die 29-jährige Studentin und Unternehmerin, die erst seit rund anderthalb Jahren in der SVP aktiv ist, hat sich überraschend gegen ihre Sissacher Kollegin Nicole Roth (28) durchgesetzt. Dies, obwohl Roth als profiliertere Politikerin gilt: Die Präsidentin der Jungen SVP ist Anfang Jahr in den Landrat gewählt worden und seit 2020 in der Gemeindekommission aktiv. Regez hingegen bekleidet noch kein öffentliches Amt und fiel bislang vor allem durch ihren Einsatz gegen eine gendergerechte Sprache auf.

Die Nomination sei überraschend gekommen, sagt Regez auf Anfrage: Eben darum, weil Nicole Roth mehr politische Erfahrung habe und schon länger in der Partei aktiv sei. «Meine Vision für die Schweiz hat die Basis aber offenbar überzeugt», so Regez. Sie zählt die «erodierende» Neutralität, die «Massenmigration», aber auch eine mögliche Stromknappheit zu den aktuell drängendsten Problemen.

Möglich, dass diese Ansichten den Ausschlag für Regez’ Wahl gegeben haben, sind sie doch deckungsgleich mit denjenigen der Partei. Nicole Roth hingegen äusserte sich in der BaZ kritisch gegenüber gewissen SVP-Ideen wie dem Anti-Woke-Fokus oder der Neutralitätsinitiative. Roth sieht aber keinen Zusammenhang: «Der Artikel hat mir nicht geschadet, dies haben auch die vielen positiven Rückmeldungen gezeigt», sagte sie gegenüber der «Volksstimme». Erstaunlicherweise hätten ja auch SVP-Grössen wie Landrat Markus Graf den Sprung auf die Liste nicht geschafft. Sie selber sei im Februar in den Landrat gewählt worden und denke, dass die Basis nun einer Person eine Chance geben wollte, die dieses Glück nicht hatte: «Eine schöne Geste, wie ich finde.»

Den Entscheid könne sie ohne Groll akzeptieren und begrüsse es, dass eine junge Kandidatin nominiert wurde. Indessen: «Dass es sich dabei nicht um die offizielle JSVP-Kandidatur handelt, empfindet die Parteileitung als schade. Was dies nun für uns und eine allfällige Liste der JSVP bedeutet, muss nun diskutiert werden», so Roth.

Interessiert haben sich neben Roth noch drei weitere Personen für den Nationalrat: Markus Brunner (Muttenz), Markus Graf (Maisprach) und Caroline Mall (Reinach).

Vorgestellt und von der SVP für die Wahl in den Ständerat unterstützt wird FDP-Kandidat Sven Inäbnit. Er stellte sich kurz vor: Aufgewachsen im Berner Oberland, ist er heute in Binningen wohnhaft. Er war lange Zeit in der Pharmabranche tätig. Sein politischer Fokus liege auf Themen wie Standortfaktoren, Energie und Klima, Verkehr und Mobilität oder der Gesundheitspolitik, erklärte Inäbnit und meinte: «Im Wahlkampf würde ich mich sehr über eine Unterstützung durch die SVP freuen. Ich bin motiviert und werde mein Bestes geben.»

Zum Ende des Parteitags folgten die Parolen für die Eidgenössischen Abstimmungen vom kommenden Juni: Ja zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen gemäss OECD, Nein zum sogenannten «Stromfressergesetz», und ebenfalls Nein zu den Verordnungen des Bundesrats zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie.

«Die politische Grosswetterlage nutzen»

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