Nach ihm riss die Turner die Zuschauer hin
31.05.2023 BaselErinnerungen an die grossartige Tina Turner
Am 27. Juni 1987 – also vor demnächst 36 Jahren – gab die «Queen of Rock ‘n’ Roll» Tina Turner im ausverkauften «Joggeli» in Basel ein umjubeltes Konzert. Die «Volksstimme» erinnert sich ...
Erinnerungen an die grossartige Tina Turner
Am 27. Juni 1987 – also vor demnächst 36 Jahren – gab die «Queen of Rock ‘n’ Roll» Tina Turner im ausverkauften «Joggeli» in Basel ein umjubeltes Konzert. Die «Volksstimme» erinnert sich an diesen denkwürdigen Tag.
Robert Bösiger
Wer anno 1987 die «Volksstimme» abonniert hatte, der konnte viel über Turnerinnen und Turner erfahren. Zum Beispiel auf einer ganzen Zeitungsseite unter dem Titel «Glanzvolle Turndemonstrationen am Bezirksturnfest in Itingen», rapportiert vom damaligen «Volksstimme»-Mitarbeiter und späteren Baselbieter Sportamt-Chef Thomas Beugger.
Ein paar Tage und zwei Ausgaben danach waren die Turner aus der Sportberichterstattung gewichen. Auf der Sportseite konnte man über die Baselbieter Tennismeisterschaften und das Velo-Mannschaftsfahren lesen, und dass es Jakob Hlasek in Wimbledon in die Achtelfinals geschafft hat.
Aber Halt: Ganz unten rechts auf dieser Seite war auf dem kleinen Foto ein Mann zu sehen, der in etwas verkrampfter Manier vor einem Mikrofonständer stand. In der Legende stand Folgendes – wir zitieren:
«Mit Bauch und Gefühl begeisterte im St. Jakob-Stadion in Basel der ‹Alt-Star› Joe Cocker das Publikum. Unverwüstlich und standhaft liess er seine zerbrechlich-soulige Stimme erklingen und traf damit auch das zumeist ‹disco-verwöhnte› Publikum. Nach ihm riss die Turner die Zuschauer hin.»
Wie bitte? Die Turner?
Damit wir uns richtig verstehen: Wir sprechen hier von einem mit 50 000 Menschen und Musikfans gefüllten und ausverkauften «Joggeli», das an diesem letzten Juni-Samstag von der «Robert Cray Band», von den «Eurythmics» und Joe Cocker, aber noch mehr von der vor wenigen Tagen verstorbenen «Queen of Rock’n’Roll», Tina Turner, gerockt wurde.
Tina Turner befand sich gerade auf ihrer «Break every rule»-Tour um die Welt und machte an diesem 27. Juni 1987 Halt in Basel. Unglaublich: Auf nämlicher Tournee sang und tanzte sie vor Hunderttausenden Menschen. Allein in Deutschland, wo sie 40 Shows gab, sollen es über 1,7 Millionen Leute gewesen sein. Und ihr Auftritt im Maracana-Stadion in Rio de Janeiro begeisterte mehr als 182 000 Zuschauerinnen und Zuschauer, was zu einem Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde führte.
Die Turner also …
Tina Turner, am 26. November 1939 als Sonntagskind geboren, hatte zunächst – wir wissen es mittlerweile wohl alle – alles andere als ein Sonntagsleben: Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen bei der Grossmutter, gedemütigt, ausgenutzt und misshandelt durch ihren Ehemann Ike Turner. Um ihn zu verlassen, verzichtete sie damals auf ihre Songrechte und stand vor dem Nichts. Doch sie stand auf, machte ihre eigene Musik und avancierte in den frühen 1980er-Jahren als bereits 40-Jährige zum Superstar.
In unserem Land trat Tina Turner während ihrer «Break every rule»- Welttournee an drei Konzertstätten auf: Im April 1987 füllte sie das Zürcher Hallenstadion an fünf Abenden hintereinander, bevor sie die Tournee weiter nach Deutschland, Spanien, Frankreich und Übersee führte. Am 27. Juni des gleichen Jahres beehrte sie, wie erwähnt, unsere Region, und am 8. Juli trat sie auf der Piazza Grande in Locarno auf.
Dieses Konzert blieb der Künstlerin in besonderer Erinnerung, wie sie im Begleittext zum 1988er-Live-Album «Tina Live in Europe» schreibt. Denn da war die Bühne mitten in der Stadt aufgebaut und sie und ihre neunköpfige Begleitband konnten buchstäblich mitten im Herzen von Locarno auftreten. Sie schreibt im Begleittext zum Album: «Es fühlte sich an, wie wenn man die ganze Stadt nur für uns geschlossen hätte.»
Superstar mit Schweizer Pass
Damals, im Sommer 1987, war Tina Turner seit Kurzem mit dem deutschen Musikmanager Erwin Bach – ihrer grossen Liebe – liiert. Als Chef der Plattenfirma EMI Schweiz siedelte Bach zusammen mit Tina Turner zunächst nach Zürich und dann nach Küsnacht am Zürichsee. 2013 heirateten sie und Turner gab die USamerikanische Staatsbürgerschaft zugunsten des Schweizer Passes auf. In ihrer Villa am Zürichsee fühlte sie sich endlich «wie zu Hause angekommen», wie sie dem «Blick» einst zu Protokoll gab.
So lebte Tina Turner, der erste weibliche Superstar und Wegbereiterin für andere Stars wie Adele, Lady Gaga und Beyoncé, seither in der Schweiz – als Schweizerin.
Vergangene Woche, am 24. Mai, starb die Sängerin nach langer Krankheit. Zurück bleiben zahllose Hits wie «Private Dancer», «Nutbush City Limits» oder «Simply the best» – wunderbare Erinnerungen. Und das legendäre kurze «Volksstimme»- Sätzchen «Nach ihm riss die Turner die Zuschauer hin».