Regio-Trutenfl eisch hat Potenzial
21.04.2023 HäfelfingenBund und Kanton unterstützen Bauprojekt eines Mastbetriebs
Zur Optimierung der Betriebsabläufe seiner Trutenmast baut der Häfelfinger Landwirt Dominik Müller ein neues Verarbeitungsgebäude. Mit Geldern aus dem Projekt «Genuss aus Stadt und Land» wird das ...
Bund und Kanton unterstützen Bauprojekt eines Mastbetriebs
Zur Optimierung der Betriebsabläufe seiner Trutenmast baut der Häfelfinger Landwirt Dominik Müller ein neues Verarbeitungsgebäude. Mit Geldern aus dem Projekt «Genuss aus Stadt und Land» wird das Vorhaben unterstützt.
Christian Horisberger
Auf dem Rütihof bei Häfelfingen wird zurzeit jede Hand gebraucht. 370 Truthähne und -hennen werden nach dreimonatiger Mastzeit nach und nach geschlachtet, zerteilt, das Fleisch portioniert, abgepackt und schliesslich direkt ab Hof an die Kundinnen und Kunden verkauft. Während etwa eines Monats dreht sich hier alles um das Fleisch der grossen Vögel. Dann wird im Trutenstall für einige Zeit kein Gurgeln und Glucken zu vernehmen sein, bis wiederum sechswöchige, rund 2 Kilogramm schwere Jungtiere einquartiert und mit Getreidefutter auf bis zu 12 Kilogramm (Hennen) beziehungsweise 22 Kilogramm (Hähne) gemästet werden.
Das Prozedere ist für die Familie Müller, die den Hof seit fünf Generationen führt, Routine. 1992 begannen die Landwirte in Partnerschaft mit einem Grossverteiler mit der Trutenmast. Seit 2002 vermarkten und verkaufen sie das Fleisch direkt und seit 2007 wird auch auf dem Hof geschlachtet. Die Nachfrage stimmt. Ohne gross Werbung zu machen, könnten pro Jahr zwei Masten mit je 370 Tieren sowie 70 zusätzliche ganze Vögel für Weihnachten und Thanksgiving verkauft werden, sagt Dominik Müller, der den Betrieb zu Anfang dieses Jahres von seinen Eltern übernommen hat. Damit ist die Trutenmast neben der Mutterkuhhaltung mit 23 Muttertieren die wichtigste Einnahmequelle des Landwirtschaftsbetriebs.
Aber es gibt Optimierungspotenzial. Anders als im Geflügelschlachtlokal seien im Verarbeitungsraum, wo das Fleisch gewogen, abgepackt, etikettiert und bis zum Verkauf gekühlt wird, die Platzverhältnisse sehr beengt. In der ehemaligen Garage mit wenigen Quadratmetern Fläche kämen sich die drei bis vier Personen, die hier im Einsatz stünden, ständig in die Quere. Und für die Abholung der Fleischpakete müsse man ins Freie ausweichen. Der Ausgabebereich sei zwar gedeckt, aber befriedigend sei die Situation nicht.
Verarbeitung, Kühlung, Verkauf
Um die Arbeitsabläufe zu optimieren, will Müller nun einen neuen Verarbeitungsraum realisieren. Im frei stehenden Neubau auf dem Hofareal mit einer Grundfläche von 7 mal 13 Metern Grundfläche könnten Verarbeitung, Verkauf und Kühlung unter optimalen hygienischen Bedingungen unter einem Dach vereint werden, sagt der 38-jährige Zimmermann und Landwirt.
Die Bauprofile stehen bereits. Punkto Finanzierung sieht es gut aus. Müller hat sein Vorhaben als Teilprojekt des Förderprogramms «Projekte zur regionalen Entwicklung – Genuss aus Stadt und Land» (die «Volksstimme» berichtete) angemeldet und eine Zusage erhalten. Nach aktuellem Planungsstand belaufen sich die Kosten für den Neubau auf rund 450 000 Franken, wobei Müller den Betrag mit Eigenleistungen weitestmöglich reduzieren möchte.
Ausgehend vom vollen Betrag würden sich der Bund und die Kantone Baselland und Basel-Stadt mit maximal 220 000 Franken am Vorhaben beteiligen. «Maximal» bedeutet, dass die tatsächlichen Fördergelder aufgrund der abgerechneten Kosten ausbezahlt werden, hält Johanna Gysin, Projektleiterin von «Genuss aus Stadt und Land», fest. Werde ein Projekt während der Umsetzung günstiger, würden auch tiefere Beiträge ausbezahlt.
Gut für Genuss-Label
Förderwürdig sei das Bauprojekt zugunsten der Trutenmast wegen der Einzigartigkeit, sagt Gysin. Trutenfleisch aus dem Baselbiet sei etwas Unerwartetes, mit dem man Aufmerksamkeit erregen könne. Damit liesse sich die Attraktivität des Labels «Genuss aus Stadt und Land» steigern. Weitere Kriterien für die Unterstützung seien der Effizienzgewinn sowie die Möglichkeit einer Produktionssteigerung. Dies ist Dominik Müllers mittelfristiges Ziel.
Da im Stall für eine grössere Anzahl Tiere kein Platz ist, schwebt ihm ein dritter Mastzyklus vor. Das Potenzial für mehr Konsum von Regio-Trutenfleisch sei vorhanden, davon ist er überzeugt. Nur müsste er werbetechnisch mehr tun, um die Nachfrage zu steigern. Bisher verkaufe sich die gesamte Produktion seines Mastbetriebs ausschliesslich durch Mund-zu-Mund-Propaganda, einen Post- und Mailversand mit einem Bestellschein an die bestehende Kundschaft vor jeder Schlachtung sowie Aktivitäten auf Facebook und Instagram. Da ist Luft nach oben. Zunächst muss sich Dominik Müller aber aufs Neubauprojekt konzentrieren. Diesen Sommer will er mit dem Bau beginnen, bis Ende Jahr soll das Gebäude stehen.
Neue Projekte von «Genuss aus Stadt und Land»
ch. Der Verarbeitungsraum auf dem Rütihof ist eines von sechs neuen Teilprojekten, die im Rahmen von «Genuss aus Stadt und Land» von Bund und den Kantonen Baselland und Basel-Stadt gefördert werden. Bei den weiteren handelt es sich gemäss Publikation im Kantonalen Amtsblatt um: Ausbau eines alten Stalls zu einem Hofladen (Binningen); Anschaffung und Sanierung für den Ausbau der Lohnkelterung (Pfeffingen); Anschaffungen und bauliche Massnahmen für eine Käserei (Aesch); Ausbau und Anschaffungen für neuen Produktionsstandort der Bäckerei Kult (Basel); Ausbau von Bioflix-Ladenstandorten (Basel und Agglomeration).
Darüber hinaus beginnt laut Angaben von Johanna Gysin, Geschäftsführerin des Vereins «Genuss aus Stadt und Land», im kommenden Monat die Umsetzung dreier weiterer PRE-Teilprojekte: Es handelt sich um die Apfelmost-Abfüllanlage eines Bauernhofs in Thürnen, die Produktion und der Verkauf von Setzlingen einer Ormalinger Topfpflanzengärtnerei und in Muttenz installiert ein Winzer eine Abfüllanlage für seine Weine.