Mehr Sorge tragen zur Natur
25.04.2023 LauwilJäger, Forstwarte, Naturschützer und Bauern organisierten «Wald Wild Tag»
Das Leben und die Bedürfnisse der Wildtiere und die gesunde Entwicklung des Waldes sind eng miteinander verknüpft. Dies wurde am erstmals durchgeführten «Wald Wild Tag» in ...
Jäger, Forstwarte, Naturschützer und Bauern organisierten «Wald Wild Tag»
Das Leben und die Bedürfnisse der Wildtiere und die gesunde Entwicklung des Waldes sind eng miteinander verknüpft. Dies wurde am erstmals durchgeführten «Wald Wild Tag» in Lauwil deutlich.
André Frauchiger
Die Jagdgesellschaften Lauwil und Reigoldswil, Förster Andreas Minnig und der Natur- und Vogelschutzverein Reigoldswil-Lauwil luden die Bevölkerung am Samstag zum «Wald Wild Tag» ein. Bei einer zweistündigen Führung durch Wald und Feld wurden die Zusammenhänge zwischen Wald und Wildtieren, der Forstwirtschaft sowie der Biodiversität aus landwirtschaftlicher Sicht erklärt. Die Bevölkerung solle generell mehr Sorge tragen zur Natur – dies die zentrale Botschaft.
«Mehr als 40 Prozent der bei uns vorkommenden Pflanzen und Tiere sind auf den Wald als Lebensraum angewiesen – und mit Abstand die grösste Gruppe der Waldbewohner bilden mit geschätzten 30 000 Arten die Insekten.» Dies erklärte Beat Bussinger von der Jagdgesellschaft Lauwil den rund 100 Teilnehmenden der Führung.
Die vermehrte Nutzung von Wald und Feld durch den Menschen habe zur Folge, dass sich die Wildtiere deshalb vermehrt im Wald aufhielten. Dies führe unter anderem zu grösseren Wildschäden durch Frass an Bäumen. Die Wildtiere seien zunehmend gestresst, was sich für sie und den ganzen Lebensraum ungünstig auswirke. Stress bei den Tieren habe einen Einfluss auf die Fortpflanzung, ergebe eine gestörte Nahrungsaufnahme und habe eine schlechtere Kondition der Tiere zur Folge. Bussinger: «Es braucht mehr Sensibilität für die Bedürfnisse der heimischen Fauna und mehr Ruhe in den Wäldern, stellt der Wald doch noch einen der letzten naturnahen und heute auch naturnah bewirtschafteten Lebensräume für Fauna und Flora dar.»
Bäume stellen sich aufs Klima ein
Hans Dettwiler, Präsident des Forstbetriebs Frenkentäler, unterstrich die Bedeutung der modernen Forstwirtschaft. Aktuell würden Überlegungen darüber angestellt, welche Baumsorten bei der Klimaerwärmung eine Zukunft haben. Laut Dettwiler werden dabei Habitatbäume gefördert. Jüngste Forschungsergebnisse zeigten aber auch, dass sich die Jungbäume zum Beispiel von Buchen, Ahorn und Esche auf ein heisseres und trockeneres Klima einrichteten und ihre Wurzeln zur Wasseraufnahme tiefer in den Boden wachsen lassen. Deshalb bestehe durchaus Anlass zur Hoffnung, dass es sie auch in Zukunft in unseren Wäldern noch gebe.
Umweltgifte haben zur Folge, dass bis zur Hälfte der Insektenarten dezimiert wurden. Dagegen müssen die notwendigen Schritte unternommen werden, wie am Rundgang unterstrichen wurde. Der Biobauer und Jäger Yannik Steffen aus Lauwil erklärte, wie er auf die Idee gekommen ist, neben der Lebensmittelproduktion kleinere Landflächen als «Biostreifen» der Natur zu überlassen. Es gebe bei ihm wieder mehr Schmetterlinge und andere Kleintiere.
Landschaftsgärtner Dominik Tanner zeigte den grossen Einfluss von Wasser auf die Natur auf. So lebten 6 Prozent der 30 000 Insekten in der Nordwestschweiz im Wasser. Im Sommer vergangenen Jahres seien wegen der grossen Trockenheit mehrere Bäche im Oberbaselbiet völlig ausgetrocknet – und die darin lebenden Tiere hätten alle nicht überlebt. Davon betroffen war unter anderem der in kleinen Bächen laichende Feuersalamander. Tanner warnte generell davor, im Sommer in Flüssen zu wandern. Dadurch würden Tiere getötet.
Raubvögel – ein gutes Zeichen
Die Tatsache, dass es im Raum Lauwil/Reigoldswil/Bretzwil relativ viele Raubvögel, vor allem Rotmilane, gibt, sei ein gutes Zeichen für die hiesige Naturlandschaft, wurde am Samstag von mehreren Referierenden unterstrichen. Denn es gebe offenbar in ausreichendem Masse Nahrung zu finden. Auch die zahlreichen Vogelarten wie Schwarzspecht, Waldkauz und Eichelhäher seien ermutigend. Die Rotwildpopulation ist am Zunehmen – und auch der Hirsch wird sich in absehbarer Zeit in den lokalen Wäldern einrichten, wie die Fachleute berichteten.
Der Jagdaufsicht bereitet es Mühe, die Leinenpflicht für Hunde während der Setzzeit durchzusetzen. Viele Hundehaltende hätten leider dafür kein Verständnis. Probleme bereiten auch die extrem vielen Katzen, denn sie töten Jahr für Jahr Millionen an Kleintieren, und zwar nicht nur Mäuse, sondern auch viele Vögel. Vogelarten seien dadurch zum Teil sogar in ihrer Existenz gefährdet, wurde betont.
Wie anderswo auch wird im Gebiet von Lauwil und Reigoldswil mit Drohnen und Wärmebildkameras nach versteckten Rehkitzen gesucht, um sie vor dem Tod durch Mähmaschinen zu bewahren. Seit 2020 konnten dank der Drohnenüberwachung 72 Rehkitze gerettet werden, davon allein 32 im vergangenen Jahr.